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bedingt frühstens erst in zwei Stunden. Ich muss da allein durch und stelle das neue Gerät behutsam auf den Boden neben dem Auto, dann schließe ich die Haustüre auf.

      Genau in diesem Augenblick hält wieder der weiße Kastenwagen. Puszta-Pat und Puszta-Patachon steigen zielstrebig aus und wollen wortlos mein neues Gerät aufladen.

      Ich rufe: „Hey! Spinnt ihr?“

      „Ist doch Schrott“, ruft der größere der beiden und zieht provokant an seiner Zigarette.

      „Das ist kein Schrott, das ist neu. Drei, zwei, eins, meins. Eben gekauft. Was Sie da machen ist Diebstahl.“

      „Nix klauen. Wir haben vorhin auch mitnehmen dürfen. Der Gerät steht auf Gehweg und der Gehweg gehört Stadt und Stadt gehört EU und wir sind auch EU.“

      Mir wird das zu blöd. Damit die beiden nicht verschwinden können, lege ich mich vor den Sprinter auf die Straße, ziehe mein Handy aus der Tasche und rufe die Polizei.

      Zufällig ist eine Streife in der Nähe. Es dauert auch keine Minuten, da sehe ich über mir Blaulicht flackern und höre, wie zwei Türen kraftvoll zugeschlagen werden.

      Ich rappele mich auf und während ich mir den Dreck von der Hose klopfe, schildere ich den beiden Beamten die Situation.

      „Ich heiße Ben Bock und habe eben diesen Fernseher gekauft und damit ich ihn ins Haus tragen kann, musste ich ihn auf den Boden stellen, um die Türe aufschließen zu können. Sie verstehen?“

      Ich halte meinen Schlüsselbund siegreich wie eine frisch gefangene Forelle in die Luft und klimpere mit den Schlüsseln.

      „Mann lügt!“, brummt der massige Magyar und setzt zu einer zugegeben nicht weniger glaubwürdigen Version der Geschichte an. Er wedelt mit dem Formular, das ich tatsächlich vorhin unterschrieben und damit die beiden Gulasch-Ganoven zum neuen Besitzer eines Fernsehgerätes geadelt habe.

      „Moment“, werfe ich ein, „das gilt doch nur für das alte Gerät von vorhin.“

      „Welche Gerät?“ Laszlo, so heißt der Größere der beiden, deutet auf den offenen Sprinter, aus dem mich eine gähnende Leere höhnisch angrinst.

      „Aber ich habe dieses Gerät doch eben erst gekauft.“ Verzweifelt sinke ich auf den Boden. Endlich greift einer der beiden Ordnungshüter ins Geschehen ein.

      „Das lässt sich ja ganz leicht aufklären: Haben Sie den Einkaufsbeleg noch?“ Resigniert schüttle ich den Kopf.

      „Oder zumindest die Originalverpackung?“

      Ich zucke mit den Schultern. Der junge Polizist kratzt sich am Kinn. „Tja, dann werden wir das Teil wohl konfiszieren müssen. Wahrscheinlich hat jemand aus der Nachbarschaft das Gerät zur Entsorgung auf die Straße gestellt. Am Montag sammeln die städtischen Entsorgungsbetriebe Elektroschrott und wir dürfen nicht zulassen, dass städtisches Eigentum zur Hehlerware wird.“

      Dann darf ich mitansehen, wie die beiden Polizisten meinen 60-Zoll-Fernseher in ihren Streifenwagen verladen, die beiden Ungarn verwarnen und schließlich wegfahren. Ich überlege kurz, meine Mutter anzurufen und ihr zu erzählen, was mit meinem Weihnachtsgeschenk passiert ist. Gewiss hätte sie mit dem Nudelholz das Revier gestürmt.

      Laszlo und sein Kumpel haben es plötzlich sehr eilig und so stehe ich allein da. Das wird Ärger geben. Da fällt mir die DVD für Esthers Patenkind wieder ein. Auch das noch. Nicht nur, dass meine 499 Euro gerade in einem Polizeiauto durch die Stadt kutschiert werden, morgen werden wir auch noch mit leeren Händen auf der Geburtstagsfeier aufkreuzen. Ich fahre zurück in den Media Markt. Dort angekommen, schleiche ich wehmütig und verärgert zugleich um die letzten Aktionsgeräte. Trauern bringt nichts und so schlurfe ich in die Abteilung mit den Spielfilmen, wo ich auch gleich die neue Star Wars-DVD finde.

      Ich bezahle an der Kasse und begebe mich zum Serviceschalter, wo in der Zeit vor Ostern ein Geschenkeverpackungsservice gratis angeboten wird.

      „Darf ich den Kassenbeleg sehen?“, mit forderndem Blick deutet die Angestellte erst auf den Film und dann auf den Zettel in meiner Hand.

      „Klar, hier“, entgegne ich leicht genervt und verfluche mich dafür, dass ich heute Vormittag den Kassenzettel des neuen TV-Gerätes nicht mitgenommen habe. „Könnte ja jeder kommen und was als Geschenk einpacken lassen. Das wäre ein raffinierter Ladendiebstahl“, plaudere ich weiter.

      Die Angestellte nickt und zieht ihre schmalen Augenbrauen nach oben. „Deshalb schauen wir uns vor jedem Verpackungsvorgang auch den Kassenzettel an. „Wir sind doch nicht blöd.“

      Denkste. Ich sehe, wie sie den Sicherheitschip, der am Ausgang den Alarm auslöst, von der DVD-Hülle entfernt.

      Plötzlich habe ich eine Idee. „Ich bin gleich wieder da“, entschuldige ich mich und verschwinde bei den Sonderangeboten.

      Nachdem ich um Gerät Nummer eins heute Morgen betrogen wurde, ist jetzt die Zeit für ausgleichende Gerechtigkeit gekommen. Schnell kaufe ich den vorletzten Aktionsfernseher. Dieses Mal bestehe ich ausdrücklich auf den Kaufbeleg und verstaue Gerät Nummer zwei im Kofferraum. Dann gehe ich mit dem Kaufbeleg in den Laden zurück, stelle den letzten Aktionsfernseher auf den Einkaufswagen und laufe, ohne zu bezahlen, direkt zur Geschenkeverpackung. Ich habe es eilig und merke nicht, dass der Filialleiter mit einem dampfenden Kaffeebecher gerade aus seinem Büro stolziert kommt.

      Es ist seine erste Stelle als Marktleiter. Er ist quasi in der Probezeit und entsprechend aufgeregt. Wir stoßen zusammen und die braune Brühe schwappt über die Verpackung von Fernsehgerät Nummer drei.

      „Oh, das tut mir leid“, entschuldigt sich der Chef. Ich merke sofort: Hier ist der Kunde noch König.

      „Ui, das ist jetzt aber doof“, jammere ich los. „Das ist ihr letztes Gerät und ich brauche es dringend für ein Kinderheim in Ungarn. Aber die sehen das gar nicht gern, wenn da Kaffee darauf ist. Was sollen die bloß von Deutschland und seinem Marktführer für Unterhaltungselektronik denken?“

      „Ich kann Ihnen leider keinen Rabatt gewähren, weil das Produkt so oder so schon ein einmaliges Sonderangebot ist.“ Der Marktleiter kratzt sich nervös am Kopf und bekommt rote Flecken, die optisch wunderbar zur Farbe seines Anzugs passen. Sein Gesicht erhellt sich. „Hier. Für Ihren nächsten Einkauf hoffentlich bei uns. Hahaha.“

      Er überreicht mir einen Rabattgutschein über 50 Prozent und wischt mit Ärmel seines Sakkos den Kaffee von der Verpackung.

      „Sollte das Gerät Schaden genommen haben, dürfen Sie es selbstverständlich zurückgeben.“ Er tätschelt mir noch beschwichtigend die Schulter.

      Das läuft ja wunderbar, denke ich mir und setze meinen Robin-Hood-Streifzug Richtung Geschenkeverpackungsservice fort. Am Tresen angekommen, setze ich ein unschuldiges Lächeln auf.

      „Ich Schussel. Da bin ich wieder. Wie soll mein Neffe den Star Wars-Film ohne Fernseher anschauen? Bitte auch einpacken.“

      Die Angestellte lässt sich nicht aus dem Konzept bringen. „Kann ich bitte den Kaufbeleg sehen?“ Sie deutet auf Gerät Nummer drei. Triumphierend zeige ich ihr den Kassenbeleg von Gerät Nummer zwei, das bereits sicher in meinem Kofferraum verstaut ist. „Ab Produkten über 100 Euro müssen wir die Seriennummern überprüfen“, erklärt sie mir.

      Mist, das wars. Mit Adleraugen studiert sie erst den Kassenzettel und dann die Verpackung.

      „Oh, ich sehe gerade, die Ziffern der Seriennummer auf der Verpackung sind ja ganz unleserlich. Igitt, sind das Kaffeeflecken?“

      „Ja, das war ich“, schaltet sich der Filialleiter stolz ein. „Das hat alles seine Richtigkeit. Jetzt verpacken Sie das Ding und gut ist.“

      Fünf Minuten später manövriere ich Fernsehgerät Nummer drei zum Ausgang. Abzüglich des Verlustes von heute Morgen bin ich jetzt stolzer Besitzer von zwei Geräten zum Preis von einem. Nachdem ich mit dem Fernseher eine Runde über den Parkplatz gedreht habe, schiebe ich ihn zügig zum Serviceschalter zurück und verlange den Filialleiter.

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