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was wir das Nichts nennen. Doch Sie haben festgestellt, dass dieses Nichts nicht „leer“ ist: Das Nichts ist erfüllt von reiner Bewusstheit. Und damit haben Sie das Rätsel gelöst, wer Sie sind: Sie sind reine Bewusstheit!

      Klingt das unmöglich? Diese Tatsache lässt sich nicht bestreiten. Ihre unmittelbare Wahrnehmung hat Ihnen gezeigt, dass Sie reine Bewusstheit, reines Gewahrsein sind. Ja, so ist das: Bevor das „Ich“ geboren und zu dem Bild zusammengebastelt wurde, in dem Sie sich selbst erkennen, war das alleinige, universelle Nichts reiner Bewusstheit. Halten Sie inne und denken Sie eine Weile über die Tiefgründigkeit dieser Erkenntnis nach. Ich warte so lange …

      Flößt Ihre eigene Unermesslichkeit Ihnen Ehrfurcht ein? Bekommen Sie ein Gespür für Ihr grenzenloses, allgegenwärtiges Sein? Befreiend, nicht?

      Lassen Sie uns darüber noch ein wenig nachdenken. Erinnern Sie sich an eine Zeit in Ihrer Kindheit. Halten Sie nun inne und betrachten Sie eine Zeit in Ihrer Jugend, dann eine in Ihrem jungen Erwachsenenalter und in der Gegenwart. In jeder Lebensphase hatten Sie andere Vorlieben, Wünsche und Ziele. Auch Ihr Körper, Ihr Geist und Ihre Emotionen haben sich verändert. Ja, „Nichts“ blieb gleich. Was ist von der Kindheit bis ins Erwachsenenalter unverändert geblieben? Ihre Bewusstheit. In jeder Lebensphase, nein, in jeder Sekunde Ihres Lebens stand die reine Bewusstheit wie ein stiller Wächter da, ein zeitloser Zeuge, während Ihr Körper und Ihr Geist damit beschäftigt waren, das zu werden, was sie heute sind.

      Durch die Übung „Die Gedanken anhalten“ konnten Sie sozusagen „nach innen“ gehen und Ihr Denken beobachten. Und während Sie dann warteten, „wie eine Katze vor einem Mauseloch“, haben Sie auf die Lücke zwischen den Gedanken geachtet. Sie haben erkannt, dass diese Lücke reines Gewahrsein ist und dass reines Gewahrsein Ihre grenzenlose Essenz ist; die Grundlage, auf der Ihr „Ich“-Anteil beruht. Wenn Sie, als reines Gewahrsein, wirklich grenzenlos sind, dann sind Sie nicht auf Ihren Geist, auf Ihr Denken beschränkt. Sie, als reines Gewahrsein, sollten überall und immer sein, oder nicht? Wie sich zeigt, sind Sie das auch: Auf der nächsten Seite folgt eine einfache Übung, die Sie durchführen können, um Ihrem „Ich“ das zu beweisen.

      Übung: Von Hand zu Hand

      Strecken Sie Ihre Arme seitlich aus, sodass Sie ein Kreuz darstellen. Schauen Sie auf Ihren rechten Handrücken. Nehmen Sie ungefähr drei bis fünf Sekunden lang wahr, wie er aussieht. Drehen Sie nun Ihren Kopf nach links zu Ihrem linken Handrücken.

      Jetzt sagen Sie mir: Was ging Ihnen durch den Sinn, als Sie Ihren Blick von Ihrer rechten zur linken Hand wandern ließen? Nichts, nicht wahr? Und Sie waren auch nicht „unbewusst“ in dieser Zeit, oder? Natürlich nicht. Zwar entstand eine Lücke in Ihrem Denken, während Ihr Blick von einer Hand zur anderen wanderte, aber Ihr Gewahrsein blieb eingeschaltet. Machen Sie es jetzt noch einmal …

      Aha! Selbst wenn Ihr Verstand nach außen, auf die Welt, gerichtet ist, findet er reine Bewusstheit. Reine Bewusstheit liegt immer allem zugrunde und wartet nur darauf, entdeckt zu werden; sie wartet darauf, dass „ich“ mir deiner bewusst werde, reine Bewusstheit.

      Aber denken wir daran: Bewusstheit, Gewahrsein ist kein Gegenstand. Gewahrsein sind Sie, Gewahrsein ist Ihre grenzenlose Essenz. Ihr Verstand wird nicht bereit sein, das vollständig zu akzeptieren, weil er sich das Nichts nicht vorstellen kann. Irgendwo muss es eine Grenze geben, eine Form, damit Ihr Verstand es kapieren kann, damit er tun kann, was ein Verstand eben so tut: Informationen erfahren, sie aufzeichnen, analysieren, zusammenfassen und aufgliedern. Das Ego entscheidet, was es mit den Informationen anfangen will. Machen Sie sich also keine Gedanken, falls Sie sich anfangs weiterhin mit Ihrem Körper und Geist identifizieren. Das ist die einzige Option, die Ihr Verstand hat, und das Ego braucht ein wenig Zeit, um beiseitezutreten und grenzenloses reines Gewahrsein als letztendliche Wirklichkeit und als Ihre „Ur-Essenz“ zu akzeptieren.

      Warum ist es so überaus wichtig, diese Wahrheit aufzudecken? Wenn Sie sich selbst als unveränderliches, grenzenloses, ewiges Gewahrsein kennenlernen, beginnt Ihre Abhängigkeit vom welkenden Körper und von Ihren nachlassenden geistigen Kräften zu schwinden. Sie nehmen wahr, dass Sie jenseits allen Wandels und des Todes sind. Sie nehmen wahr, dass Sie jenseits aller Dinge und Gedanken, die das „Ich“ ausmachen, unbeeinträchtigt und bewusst bleiben.

      Wenn diese paar Minuten, in denen Sie die Lücke zwischen Ihren Gedanken beobachteten, Ihnen Frieden und Entspannung vermittelt haben, dann malen Sie sich aus, welch freudige Abenteuer Sie erwarten, wenn in all Ihr Denken, in Ihre Essgewohnheiten, Ihr Arbeits- und Liebesleben reine Bewusstheit Eingang findet. Der erste Schritt zu einem erfüllten und reichen Leben besteht darin, am Grunde Ihres Geistes reine Bewusstheit zu entdecken und nach außen schwingen zu lassen, durch die Schlichtheit der Atome und bis hin zu den Sphärenklängen. Der nächste Schritt ist dann, es „herauszukitzeln“, damit es Ihr gesamtes Tun fördert.

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      „Man kann gar nicht sagen, dass man das sei, für das man sich selbst hält! Um zu wissen, was man ist, muss man erst erforschen und wissen, was man nicht ist.

      Nisargadatta Maharaj

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      „Wenn das Denken gegen die Ergebnisse ankämpft und die ihm unangenehmen Ergebnisse zu unterlaufen versucht, während es gleichzeitig dieselbe Denkweise beibehält – das bezeichne ich als ‚fortgesetzte Inkohärenz‘.“

      David Bohm

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      Aus der Sicht des Verstandes gibt es über die Lücke zwischen den Gedanken nicht besonders viel zu berichten. Sie ist einfach ein Raum, angefüllt mit Stille, und sie ist nur erkennbar, nachdem ein Gedanke weg ist und bevor der nächste auftaucht. Im Rückblick findet der Verstand diese Erfahrung nicht sonderlich interessant. Ihr Verstand liebt Bewegung und Form. In der Lücke gibt es beides nicht. Sie enthält Nichts. Nichts heißt, naja, nichts für den Verstand. Doch das ist ein großer Irrtum, und zwar aus folgendem Grund: Alle Gedanken kommen aus diesem Nichts. Prüfen Sie das selbst einmal nach! Wiederholen Sie die Übung „Die Gedanken anhalten“ und achten Sie auf die Lücke. Automatisch und ohne irgendeine Anstrengung Ihrerseits kommt der nächste Gedanke spontan. Da ist er, wie der helle Tag, ein brandneuer Gedanke. Das ist recht erstaunlich, wenn Sie innehalten, um darüber nachzudenken. Jeder neue Gedanke ist ein Wunder der Schöpfung und kommt aus dem Nichts. Deshalb kann das Nichts nicht leer sein. In diesem Nichts muss etwas sein, sonst könnte es keinen Gedanken hervorbringen. Interessant, nicht wahr?

      Führen Sie die Übung „Die Gedanken anhalten“ noch einmal eine Minute lang durch. Ich warte wieder …

      Sie waren sich der Lücke bewusst, richtig? Während Sie „in der Lücke“ waren, fand kein Denken statt. Und nach einer gewissen Zeit setzten die Gedanken wieder ein, oder? Sagten Sie etwa, als Sie in dieser Lücke waren: „He, ich häng’ hier nur rum und tue nichts. Ich glaub’, ich fang’ mal wieder an zu denken?“ Entschieden Sie dann, was Ihr nächster Gedanke sein sollte? Natürlich nicht. Die Gedanken haben ganz von selbst wieder eingesetzt. Und es hätte ein Gedanke über die Lücke sein können oder einer über Tante Ottilies Damenbart. Wir wissen einfach nicht, woran wir denken werden, weil wir in dieser Angelegenheit nichts zu sagen haben. Unser ego-orientiertes „Ich“ hat sich das Denken als Verdienst angerechnet, solange wir zurückdenken können. Doch das stimmt einfach nicht. Sie haben so viel Einfluss auf Ihr Leben (und damit auf Ihre Gedanken, Hoffnungen, Ängste und Vorlieben) wie ein Zuschauer im Kino auf die Schauspieler und ihre Rollen, die auf der Leinwand zu sehen sind.

      Die gleiche Erfahrung, „nicht die Kontrolle zu haben“, machen Sie bei der Übung „Von Hand zu Hand“. Wenn Sie Ihre Aufmerksamkeit von einem Handrücken zum anderen verlagern, spiegelt sich nur reine Bewusstheit in Ihrem Geist wider. Sie fragen vielleicht: „Wie wurden meine Augen zum zweiten Handrücken gelenkt, wenn in meinem Geist nichts stattfand?“, oder „Woher wusste ich, wann ich aufhören sollte?“ Das sind beunruhigende Fragen, falls Sie glauben, das „Ich“ denke. Genauso beunruhigend ist der Gedanke, dass

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