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nicht. Meist ist es das nicht. Doch dieses subtile, unbewusste Bedürfnis zu kontrollieren facht unsere Wünsche an, über unser bloßes Überleben und unser grundlegendes Wohlergehen hinaus. (Jetzt merke ich, dass dieses Modell eine grobe Vereinfachung der komplizierten psychischen Interaktionen darstellt, die zwischen unseren Ohren herumspringen, doch folgen Sie mir noch ein wenig und schauen wir, worauf das hinausläuft.)

      Das Ego äußert sich auf eine von zwei Arten: Es kann im Ruhezustand sein, dabei fühlt es sich weit und vollständig. Diesen Zustand erleben Sie, wenn Sie lange in einen Sternenhimmel blicken oder manchmal, wenn Sie sich beim Aufwachen ganz in Ihrer Mitte fühlen – dann ist die Welt ganz in Ordnung. Die andere Ausdrucksform des Ego erleben wir in 99 Prozent der Zeit: Das ist das Ego, das sich leer fühlt und versucht, diese Leere zu füllen, indem es Dinge um sich herum ansammelt und Menschen, die ihm vorübergehend das Gefühl der Fülle vermitteln.

      Das entscheidende Wort hier ist „vorübergehend“. Wir scheinen das Ego nicht dauerhaft befriedigen zu können, nicht wahr? Wenn wir uns ein neues Auto kaufen, ist unser Ego nur vollkommen zufrieden, bis wir eine Delle in der Tür haben oder die erste Rate zahlen. Bei der letzten Rate können wir es schon gar nicht mehr erwarten, das Auto endlich loszuwerden und ein neues zu kaufen. Neues Auto, neue Arbeitsstelle, neue Speisen, mehr Geld, mehr Zeit, mehr Liebe … – unser Ego sucht unbarmherzig immer mehr und neue Erfahrungen in dem sinnlosen Bemühen, diese leise, zarte Stimme von irgendwo tief in uns zu übertönen, die ständig flüstert: „Noch nicht erfüllt.“

      Sie glauben vielleicht, das sei nicht gut, doch es ist gut. Dieses Gefühl der Leere ist etwas Gutes, genau wie körperlicher Schmerz etwas Gutes ist. Körperlicher Schmerz wird oft kritisiert, weil er unangenehm ist; doch wenn wir keinen Schmerz verspüren würden, wüssten wir nicht, dass etwas nicht in Ordnung ist. Stellen Sie sich vor, Sie hätten eine neurologische Ausfallserscheinung oder Sie litten unter der Erbkrankheit Anhidrose, beides Probleme, bei denen Sie keinen Schmerz spüren. (Anhidrose bezeichnet eigentlich die Unfähigkeit, zu schwitzen, die mit der Unfähigkeit, Schmerz zu spüren, einhergeht.) Dann könnten Sie nicht gefahrlos trinken oder etwas Heißes essen, und Sie wüssten auch nicht, ob Sie neben dem Bissen Steak nicht zusätzlich auf Ihrer Zunge herumkauten; Sie wüssten nicht, ob Sie von einem gemütlichen Spaziergang im Park Erfrierungen bekämen oder ob Sie bluteten, wenn Sie sich Ihren Kopf am Eckschrank anstießen. Schmerz ist ein natürliches Warnsignal, dass etwas nicht in Ordnung ist. Genauso ist es mit dem Gefühl der Leere. Es ist ein Warnhinweis, dass wir mit dem, was wir tun, nichts gegen unser Problem unternehmen.

      Wir versuchen diese leise, zarte Stimme zu übertönen, die uns ständig auf vielerlei Arten daran erinnert, dass etwas fehlt. Ja, der moderne Mensch ist erstaunlich erfinderisch darin, Wege zu ersinnen, diese innere Stimme zum Schweigen zu bringen. Die Technik ist unser großartigstes Werkzeug dafür und bietet sich wunderschön für diese Lockvogeltaktik an, die wir entwickelt haben, um den Hunger nach mehr zu stillen. Der Computer, an dem ich gerade sitze, ist hierfür das perfekte Beispiel. Zweckmäßig, ja, aber – wenn mit dem Internet verbunden – auch eines der großartigsten Spielzeuge, die die Menschheit ersonnen hat. Einkaufen ist ein weiteres Beispiel. Wie viele von uns haben schon Dinge gekauft, die sie nicht wirklich brauchten?

      Wir suchen uns Zerstreuungen, um unsere Aufmerksamkeit von diesem Gefühl der Leere wegzulocken, dem Gefühl der Einsamkeit und des Verlustes. Einkaufen, Essen, Extremsport, Sex, Fernsehen … – die Liste ließe sich beliebig fortführen. Wir können nicht einmal die Früchte unserer Anstrengungen genießen, denn praktisch sofort kriecht das Verlangen nach etwas Größerem oder Besserem oder nach etwas, was in rotem Glanzleder daherkommt, in unser Gehirn. Wir können die unendliche Leere niemals füllen mit unserem Versuch, sie mit Dingen, Gedanken und Emotionen zu stopfen. Das wäre so, als würden wir die rote Ölwarnlampe im Auto mit einem schwarzen Filzstift übermalen, damit wir nicht ständig an den niedrigen Ölstand erinnert werden. Damit begibt man sich nur in Richtung Schwierigkeiten und früher oder später bekommt man sie auch. Leere, Langeweile, Ruhelosigkeit und Besorgtheit sind, wie körperlicher Schmerz, rote Warnlampen. Sie versuchen uns mitzuteilen, dass etwas schiefläuft. Sie teilen uns mit, dass äußere Aktivitäten uns nicht zu innerem Frieden verhelfen. Wir sind immer wieder nach außen gegangen, um immer mehr zu erlangen, obwohl die Antwort in der anderen Richtung liegt.

      Was ist also das Problem? Warum verspüren wir den unerbittlichen Ansporn, immer mehr zu erwerben und zu erreichen? Das Problem ist, dass wir nicht mehr brauchen. Wir brauchen weniger. Ja, wir brauchen noch weniger als weniger. Wir brauchen nichts. Ich weiß, es klingt verrückt, aber es ist wahr. Und das funktioniert so.

      Aus der Quantenphysik wissen wir, dass das Leben zwei Hälften hat, das Feld der Form und Energie sowie das Nichts, aus dem alles stammt. Genau genommen hat darauf nicht die Quantenphysik als Erste hingewiesen. Spirituelle Texte wie die Veden und Upanishaden, taoistische und buddhistische Schriften und die christliche Lehre sprechen alle von der Leere, die vor der Schöpfung herrschte. Was ist daran also die große Sache? Es stellt sich heraus, dass das Nichts nicht leer ist. Halt, nicht abschalten, bleiben Sie jetzt da, hier wird es interessant! Alle „Dinge“ in der Schöpfung – Sternenstaub, Antimaterie, Marienkäfer und süße Träume – existieren in der relativen Welt von Form und Energie. Das Nichts umgibt und durchdringt dieses Feld der Form. Das Nichts verfügt über alle Bausteine, um unsere kosmische Existenz mit einer unendlichen Vielfalt an Dingen zu füllen, doch als Nichts haben sie noch keine Form angenommen.

      Woher wissen wir, dass das Nichts existiert? Nun, Heilige und Wissenschaftler sagen es uns gleichermaßen. David Bohm, ein Theoretiker der Quantenmechanik, den Einstein als seinen intellektuellen Sohn bezeichnete, nannte das Nichts die „implizite Ordnung“. Die ersten zwei Verse der Genesis spiegeln es wider: „Im Anfang … war die Welt wüst und leer.“ Das Echo des Nichts hallte vor über 3000 Jahren auch im ersten Vers der Taittiriya-Upanishad wider: „Am Anfang gab es die Welt nicht.“

      Doch das Nichts konnte nicht einfach so dasitzen, deshalb wurde es aktiv und widmete sich der Aufgabe des Schöpfens. Seine erste Beschäftigung war das Denken. Sein erster Gedanke bezog sich auf es selbst. Woran hätte es sonst denken sollen? Dieser erste Gedanke erschuf das Gefühl des Selbst, diese grenzenlose Essenz, die Sie als „Ich“ kennen. Dann dachte das Nichts an all die netten Dinge, die es erschaffen könnte. Und da wurde das Nichts zu etwas. Die Genesis berichtet weiter: „Und der Geist Gottes schwebte über den Wassern. Da sprach Gott: ‚Es werde Licht!‘ Und es ward Licht.“ Taittiriya-Upanishad teilt uns ebenfalls mit: „Aus der Nicht-Existenz kam die Existenz. Aus sich selbst erschuf die Existenz das Selbst. Deshalb wird es ‚vom Selbst gemacht‘ genannt.“ Sie sehen, diese Vorstellung vom Nichts, das alles erschafft, gibt es schon eine ganze Weile. Und dafür gibt es einen Grund.

      Wenn Sie die Vorstellung vom Nichts um die Erfahrung des Nichts ergänzen, dann übt das eine erstaunliche Wirkung auf uns aus: Es beseitigt das Leiden. Wirklich, das Nichts merzt Qual, Jammer und Not aus. Es gleicht Disharmonien aller Art aus und stärkt Körper und Geist gleichermaßen. Es ist in der Tat die Patentlösung, die bei jedem Leiden und jedem Wahnsinn der Menschheit hilft. Und zwar mühelos; es beseitigt nämlich das Bedürfnis nach Anstrengung und Kampf. Wenn sich das Ego also anschickt, in einer neuen Beziehung oder einem neuen Auto nach Erfüllung zu suchen, dann sollte es besser das Nichts mitnehmen, sonst bekommt es etwas, was es gar nicht will: Leiden.

      Verrückt, nicht wahr? Wir glauben, wir müssten noch mehr Zeug um uns herum ansammeln, etwa Vermögen und Freunde, um uns erfüllt und ganz zu fühlen. Doch wie wir alle wissen, können wir alles, was wir bekommen, auch verlieren. Wir alle kennen Menschen, die ihr Vermögen und ihre Freunde verloren haben, von denen sie dachten, sie blieben ihr Leben lang bei ihnen. Dabei verursacht nicht der Verlust das Leiden. Vielmehr ist es die Angst vor dem Verlust und die Sehnsucht, dass es wieder so wird wie vorher. Die Dinge und Menschen sind nicht das Problem. Die Anhaftung des Geistes peinigt sie. Der Geist klammert sich an Dinge, weil er den Wert des Nichts nicht kennt. Wenn Sie das Nichts haben, haben Sie nichts zu verlieren. Ich glaube, diesen letzten Satz muss ich ein wenig erklären.

      Lassen Sie ihn uns in Bezug auf Frieden betrachten. Wenn wir im Frieden sind, dann leiden wir nicht, stimmt’s? Frieden und Angst können nicht gleichzeitig vorhanden sein. Ein ruhiger

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