Скачать книгу

denken:

      „Ich bin das Wunder.“

      ________________

      „Zeitmangel ist der schlimmste Mangel unserer Zeit.

      Fred Polak

      ________________

      „Tausende von Kerzen kann man vom Licht einer Kerze entzünden, ohne dass ihr Leben kürzer wird. Freude nimmt nicht ab, wenn sie geteilt wird.

      Buddha

      ________________

      Wenn Sie zehn Leute fragen, was es bedeutet, im „Jetzt“ zu leben, werden Sie zehn verschiedene Antworten bekommen. Wie beim Wetter scheint zwar jeder darüber zu reden, aber niemand scheint viel dafür zu tun. Vielleicht liegt das daran, dass sich viele von uns gar nicht sicher sind, was „im Jetzt leben“ bedeutet oder welchen Vorteil wir möglicherweise davon haben.

      Auf den ersten Blick sieht es so aus, als sei es die einfachste Übung überhaupt, das „Jetzt“ zu definieren, doch als so leicht hat sich das noch nicht erwiesen. Sie mögen sagen: „Jetzt ist jetzt.“ Und dabei belassen Sie es. Dann würden Sie zu den Cleveren gehören. Selbst wenn man nur ein wenig an der Oberfläche der Frage kratzt: „Was ist das Jetzt?“, kommt ein Wirrwarr rationaler, aber widerspenstiger Gedankenwürmer zutage, die Wissenschaftler und Philosophen gleichermaßen verwirren. Ja, die Suche nach dem Gewahrsein des gegenwärtigen Momentes und nach dem imaginären inneren Frieden, den dieses Gewahrsein, wie es heißt, mit sich bringen soll, stellt die Menschheit vor ein Rätsel, und zwar schon seit der Urzeit, als der erste Funke eines Bewusstseins ihrer selbst in den Augen der Menschen aufleuchtete.

      Unser gesamter Organismus aus Körper und Geist entwickelte sich im Zusammenhang mit vorübergehenden Stressoren wie etwa unerwartet schlechtes Wetter, kleinere Auseinandersetzungen mit benachbarten Stämmen und gelegentliches Hochklettern auf einen hohen Baum, um nicht von einem Säbelzahntiger aufgespießt zu werden … Die Jäger und Sammler der Frühzeit arbeiteten nur drei bis vier Tage pro Woche, um sich das Lebensnotwendige zu beschaffen. Eingebettet zwischen stressigen Ereignissen lagen Tage des Ruhens und Zusammenseins mit Sippenmitgliedern, gemütliche Spaziergänge am See und Stunden, in denen sie nur dalagen und den Wolken zuschauten.

      Wenn wir ein einzelnes Wort auswählen sollten, das das Leben der Menschen von heute definiert, dann wäre es das Wort hektisch. Wann seit Beginn der Geschichtsschreibung haben wir je zu derart unablässiger Aktivität geneigt? Wir treiben uns selbst buchstäblich in den Wahnsinn. Sechzig oder siebzig Jahre reichen nicht dazu aus, dass sich unsere Nerven, unsere Knochen und unser Gehirn an die gesteigerte Aktivität und den Stress anpassen, die das moderne Leben uns auferlegen. Unser Körper und unser Geist haben nicht über Generationen hinweg die Entwicklung durchgemacht, die nötig gewesen wäre, um uns auf den „Angriff“ vorzubereiten, den das Leben im 21. Jahrhundert darstellt. Sie sind für ein friedlicheres, kontemplatives Leben geschaffen.

      Dieser kontemplative Wesenszug, der schon in unseren frühesten Vorfahren angelegt war, ist genetisch in all unseren Zellen kodiert und wartet geduldig darauf, dass wir ihn wiederentdecken. Er ist eine präsente, aber zarte Stimme, die gegen das stetig zunehmende Rattern des modernen Wahnsinns dagegenhält. Wenn Sie sich einen Moment Zeit nehmen, um hinzuhören, können Sie die Stimme ruhig bitten hören: „Mach langsam, genieße! Lass die Welt einfach ein paar Minuten an dir vorüberziehen.“ Diese Stimme können Sie hören; sie hallt nicht in der Vergangenheit wider und spiegelt sich auch nicht in den Hoffnungen für und den Ängsten um unsere eingebildete Zukunft, sondern Sie hören sie genau jetzt. Und sie bringt uns zurück ins Jetzt.

      Wir empfinden es als Zeitverschwendung, wenn wir uns Zeit nehmen, nichts zu tun. Dieses Problem ist keine Frage der Quantität, also der Dauer, sondern der Qualität. Indem wir uns nach innen wenden, verjüngen wir Geist und Körper auf eine Art, die beide mit der äußeren Welt in Einklang bringt. Sich Zeit zu nehmen für Tagträume oder zum Meditieren, das macht die „verlorene“ Zeit mehr als wett – und zwar in Form von erneuerter Energie und Kreativität.

      Die Alltagsaktivitäten sind unvermeidlich, und wenngleich der Rückzug aus der Welt in die Meditation uns sicher Vorteile bringt, entgeht uns damit doch eine umfassendere Wahrheit: Wir sind fälschlicherweise davon ausgegangen, dass wir nicht gleichzeitig aktiv und still sein können. Wie sich aber herausstellt, können wir uns sowohl aktiv nach außen wenden als auch gleichzeitig innerlich in Ruhe sein. Ja, Sie können „auf zwei Hochzeiten tanzen“. Kraft Ihres Menschseins können Sie sich tatsächlich „unterwegs“ regenerieren oder einen Zustand erholsamen inneren Friedens aufrechterhalten, während Sie Ihren Alltagsaktivitäten nachgehen.

      Stellen Sie sich einen Mann vor, der auf dem Rücken liegt und zu den Sternen hinaufschaut. Er liegt schon lange so da und sein Geist ist frei von dem Strandgut, das den meisten von uns die meiste Zeit durch den Kopf geht. Sein Geist gleicht der stillen Leere des Raumes. Es ist nicht der Geist eines Geschäftsmanns oder Fabrikarbeiters. Dieser Mann könnte keine Tür aufmachen, keine Suppe mit einem Löffel essen oder einen höflichen Gruß über die Lippen bringen. Und dennoch ist er voller Gewahrsein und von einem Vertrauen und einer Ruhe erfüllt, die bisher Heiligen und bedeutenden spirituellen Lehrern vorbehalten zu sein schien.

      Dieser Mann starb vor Urzeiten, in Tierhäute gehüllt und betrauert von einer Handvoll anderen, ihm ähnlichen Stammesangehörigen. Sein kontemplatives Leben stand in krassem Gegensatz zum Leben des heutigen Menschen, dessen Gedanken ein Knäuel sich windender Schlangen widerspiegeln statt die Bewegung der Sterne. Die Synapsen, also die Gehirnverbindungen des heutigen Zeitgenossen feuern leidenschaftlich vom ersten Aufflackern seines Bewusstseins am Morgen bis zu seinen letzten Gedanken am Abend, wenn die willkommene Stille des Schlafes ihn dem Alltag entrückt und auf den Ansturm des kommenden Tages vorbereitet.

      Unser Vorfahr der Urzeit war im Wesentlichen wie wir. Bei allen praktischen Vorhaben und Zielen war er wie wir. Wenn er heute auf die Welt käme und in einer Familie der Mittelschicht aufwüchse, dann könnte man ihn meiner Meinung nach nicht aus einer Gruppe seiner heutigen Cousins herauspicken. Doch das Problem ist Folgendes: Die Kräfte, die sein großes Gehirn und seinen aufrechten Körper formten, sind nicht die, die der Mensch von heute kennt; nicht im Entferntesten. Unser Körper und Geist, die beide vor der „Erfindung“ der Zeit entstanden, sind heute fremden Kräften ausgesetzt, die die alten Völker nicht kannten. Umweltverschmutzung, Stress am Arbeitsplatz, viele Aufgaben, die gleichzeitig zu erledigen sind, eine steigende Scheidungsrate, die Stunden vor dem Computer und negative Nachrichten aus der ganzen Welt – alles das kannten unsere Vorfahren selbst vor hundert Jahren noch nicht.

      Mit der Aussage, wir hätten eine hektische Welt erschaffen, tragen wir Eulen nach Athen. Wir werden von einem unstillbaren Drang angetrieben, jede Leere auszufüllen. Wissen ist der neue Gott. Wir haben den Eindruck, wenn wir etwas wüssten, dann würden wir es besitzen und könnten es kontrollieren. Und wenn wir etwas kontrollieren können, dann können wir das entweder dafür nutzen, unser Wissen zu erweitern und unsere Kontrolle zu erhöhen, oder dafür, uns selbst vor wirklichem oder eingebildetem Schaden zu schützen. Unser kollektives Denken lautet ungefähr so: Wenn wir unser Wissen um etwas erweitern, dann haben wir das auch besser unter Kontrolle. Wenn wir etwas besser unter Kontrolle haben, dann können wir es nutzen, um unser Wissen zu erweitern, oder wir können es beseitigen, wenn es unsere Sicherheit oder unsere unaufhörliche Wissenssuche bedroht. Erkennen Sie den subtilen Wahnsinn, der da ganz fest in unsere Denkstruktur verwoben ist?

      Die Frage, die wir uns stellen sollten, lautet nicht: „Wie kann ich noch stärker kontrollieren?“ Die Hauptfrage, über die jede und jeder von uns nachdenken sollte, heißt: „Wie kann ich mich von dem Kontrollbedürfnis befreien?“ Warum müssen wir über das Grundbedürfnis nach Überleben und leiblichem Wohl hinaus noch mehr Geld verdienen, ein schnelleres Auto fahren oder uns gezwungen fühlen, der Kassiererin im „Mini-Markt“ an der Ecke unsere Lebensgeschichte zu erzählen? Abraham Maslow würde sagen, wir hätten ein Kontrollbedürfnis, und damit hätte er recht. Doch das geht an der eigentlichen Frage vorbei, was dieses Kontrollbedürfnis verursacht.

      Das

Скачать книгу