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und auch, ohne andere Behandlungswege mit einzubeziehen.

      Diese Methoden, bei denen man aus schulmedizinischer Sicht „nicht weiß, was man eigentlich tut“, werden gern in der Schublade der „Therapien für Gesunde“ abgelegt. Sicherlich ist dies auch einer ihrer Ansprüche, nämlich zu regulieren, bevor es zum Ausbruch manifester Erkrankungen kommt. Was darüber hinausgeht, wird ähnlich beargwöhnt wie die früher in westlichen Ländern geschmähte Akupunktur, die von der Ärzteschaft zunächst vehement attackiert wurde; dieselben Institutionen fordern inzwischen, die Akupunktur wegen ihrer durchgreifenden Wirkung nur noch in die Hände von Ärzten zu legen …

      Eine erfolgreiche Akupunktur setzt – wie jede Therapie – die vorangegangene Diagnostik voraus. Die klassischen chinesischen Diagnoseverfahren erfordern allerdings eine ganz eigene Denkart und eine umfangreiche zusätzliche Ausbildung, die sich nicht auf den westlichen Studiengängen aufbauen lässt und somit eine große Hürde für ihren seriösen Einsatz bildet. Das Bezugssystem ist dem westlichen Denken derart fremd, dass es nicht nur erfordert, etwas dazuzulernen, sondern neu zu lernen. Einen wichtigen Schritt hin zur Synthese beider Denksysteme hat die Elektroakupunktur nach Voll (EAV) getan, bei der aus Veränderungen des elektrischen Widerstands an Akupunkturpunkten auf Störungen von Meridianen und zugeordneten Organen geschlossen wird. Auf diese Weise können insbesondere biochemisch ausgelöste Krankheitsprozesse hervorragend erfasst und optimale ausgleichende Therapien festgelegt werden.

      Damit vergleichbar und ähnlich zu verstehen ist unser Einsatz des analytischen Muskeltests: Ebenso, wie sich die Elektroakupunktur über die klassische Akupunktur hinaus von einem Therapie- zu einem Diagnoseverfahren entwickelt hat, kann auch die Kinesiologie entweder primär therapeutisch (Touch for Health) oder verstärkt analytisch angewendet werden. Für mich liegt der Vorteil hier besonders darin, dass man mit minimalem Aufwand an Material und Zeit zu einer Analyse des Krankheitsgeschehens kommt, die Ursachen nach ihrer Wertigkeit erkennt und damit äußerst ökonomisch behandeln kann. Dies ist (bei aller Anerkennung für die bioelektrischen Messverfahren) meines Wissens mit kaum einer anderen Methode so deutlich möglich wie mit dem kinesiologischen Muskeltest. Insofern sehe ich auch keinen Vorteil darin, den Muskeltest durch Einsatz eines technischen Gerätes „überzeugender“ oder „objektiver“ zu machen, denn wenn der Muskeltest fundiert dargeboten wird, werden ihn auch kritische Geister akzeptieren.

      Ein Vorteil gegenüber der Arbeit mit Geräten ist zudem, dass der Muskeltest nicht durch elektromagnetische Einflüsse aus dem Testumfeld irritiert werden kann, da keine (technische) elektrische Messung stattfindet. Wenn man einige Grundregeln beachtet, ist er kaum störanfällig.

      Dem Muskeltest sehr ähnlich ist ein altes östliches Diagnoseverfahren, die Pulsdiagnostik. Hierbei beurteilt man die Veränderung des Radialispulses unter verschiedenen Bedingungen, ähnlich, wie der Muskeltest Muskelreaktionen vergleicht. Es ist ein äußerst sensibles Instrument; da die Differenzen sehr subtil sind, bedarf es langer Übung, um ihn sicher anwenden zu können. Außerdem hat auch diese Methode den Nachteil, dass der Getestete die Reaktionen nicht selbst spürt.

      Somit sprechen in meinen Augen wesentliche Argumente bevorzugt für den kinesiologischen Muskeltest: Das Erleben des Tests am eigenen Leibe überzeugt am stärksten und bewirkt – weil die Stimmigkeit demonstriert werden kann – ein hohes Maß an Motivation zur Mitarbeit. Was kann man sich als Therapeut Besseres wünschen? Zudem ist der Muskeltest einfach anzuwenden, zu jeder Zeit und an jedem Ort. Er ist praktisch, zuverlässig – und kostensparend.

      TEIL I

      DIE GRUNDLAGEN

       DES

       MUSKELTESTENS

      Die Physiologie

      Die Frucht von 25 Jahren Praxiserfahrung, 20 Jahren Unterricht, Hunderten von Patienten und Kursteilnehmern, mehr als einer Million „Armdrückern“ und drei ausführlichen Büchern zum Thema Muskeltest ist eine einfache Erkenntnis: Der Muskeltest ist durch und durch logisch. Sein Einsatz und Erfolg lebt von folgerichtigem Denken. Und das macht ihn geeignet, ihn plausibel zu vermitteln, durchaus auch in einem Buch. Seine Physiologie, die Technik des Testens, das Anwendungssystem und der Zweck seines Einsatzes in einer zu untersuchenden Materie sind durchweg in Worte zu fassen und nachzuvollziehen. Beginnen wir mit der Physiologie.

      Der Muskeltest beruht auf zwei physiologischen Prinzipien:

      – auf der neurophysiologischen Basis einer Reizreaktion und

      – auf der idiomotorischen Steuerung.

      Was in der EDV – als Grundlage all ihrer Funktionen – die Elektrophysik ist („Strom fließt / Stromfluss unterbrochen“), entspricht in der Steuerung unserer willkürlichen Skelettmuskulatur der Polarität von „Muskelkontrolle vorhanden / Muskelkontrolle unterbrochen“. So wie EDV-Nutzer auf dieser Basis mit (vorgefertigten) Programmen arbeiten beziehungsweise eigene Programme erstellen können, so ergibt auch die Anwendung des Muskeltests im Wesentlichen nur unter einem programmatischen Aspekt Sinn; das wird durch die Idiomotorik ermöglicht. (Dazu weiter unten Näheres.)

      Unsere Skelettmuskulatur wird im Großen und Ganzen willkürlich benutzt: In der Regel tun wir mit unserem Bewegungsapparat das, was wir wollen.

      Sobald unsere Sinne eine plötzliche Gefahr wahrnehmen, wird diese willentliche Steuerung kurz unterbrochen, um automatischen, reflektorischen Handlungen wie Flucht oder Angriff Raum zu geben und schnellen Reaktionen nicht in die Quere zu kommen. Dieser kurzfristige Verlust der Kontrolle über die Skelettmuskulatur bei Konfrontation mit einem (auch minimalen) Gefahrenreiz ist die „Hardware“ des Muskeltests. Der „Kontrollverlust“ betrifft die gesamte willkürlich gesteuerte Muskulatur.

      Die Wahrnehmung von Gefahren (mit den darauf folgenden entsprechenden Stressreaktionen) ist äußerst sensibel und bleibt oft unterschwellig, dringt also nicht immer bis ins Bewusstsein vor. Am Verlust der willkürlichen Muskelkontrolle lassen sich jedoch im Rückschlussverfahren solche Gefahrenreize ablesen.

      Die Fähigkeit zur Reaktion auf Stressreize ist eine physiologische Voraussetzung für das „technische“ Funktionieren des Muskeltests, aber keineswegs eine ausreichende Erklärung zum Verständnis der Testabläufe und Testergebnisse. Die subtile Aussagekraft, die der Muskeltest zeigt, erklärt sich erst durch die Funktion der Idiomotorik, die ich im Folgenden erläutern werde. Mit ihr wird es möglich, auf einfache und ökonomische Weise Testserien unter verschiedenen Aspekten durchzuführen, beispielsweise: notwendige Therapiemaßnahmen festzulegen, aus einer Menge von Nahrungsmitteln die verträglichen oder die diätetisch geeigneten herauszufiltern oder aus einer Auswahl von infrage kommenden Medikamenten schnell und gezielt die wirksamsten zu bestimmen.

      Auf das Prinzip der „idiomotorischen Steuerung“ werde ich in den nachfolgenden Abschnitten wiederholt und vertieft zurückkommen. Bitte lassen Sie sich von diesen theoretischen Gedankengängen nicht verschrecken: Es lohnt sich, diese Grundlage des Muskeltests zu erarbeiten und zu verstehen, denn daraus können Sie in der praktischen Anwendung Ihre individuellen Testkonzepte entwickeln und können auf unterschiedlichste Herausforderungen beim Einsatz des Muskeltests flexibel reagieren.

      Idiomotorik bedeutet zunächst einmal nur, dass Bewegungen ohne willentlichen Einfluss vollzogen werden; Beispiel: die unbewusste Mimik. Für unseren Zusammenhang ist jedoch von besonderem Wert, dass solche unbewussten muskulären Abläufe auch bewusst genutzt, sozusagen programmiert werden können. So kann man dem Unterbewusstsein beziehungsweise dem vegetativen Nervensystem willentlich den Auftrag oder die Erlaubnis geben, „aus sich heraus“ mit einer bestimmten vereinbarten Bewegung zu antworten.

      Dieses Prinzip ist vor allem aus der Hypnotherapie bekannt, die auf diesem Wege Informationen aus dem Unterbewusstsein an die Oberfläche holt: Bei einer Trancesitzung wird eingangs vereinbart – oder „programmiert“

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