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Heidi. »Der Weiner-Lenz ist mißtrauisch wie selten einer und wenn er was spannt, dann bläst er seinen Besuch beim Toni ab.«

      »Das wär’ doch gut«, entgegnete Christl.

      »Ja«, Heidi nickte, »aber nur solang’, bis er wieder hinaufgeht und dann hat der Toni niemanden, der ihm beisteht. Wenn der Lenz Widerstand spürt, dann gibt er rasch auf. Er kann sich seines Ansehens wegen bei seinen Spezln keine dauernden Niederlagen leisten.«

      »Dann soll ich ganz freundlich sein und so tun, als ob gar nix wär’?« Christl schien es nicht fassen zu können.

      Doch Heidi nickte. »Genauso tust es. Und wenn du es net kannst, dann bleibst weg von ihnen.«

      »Nein, nein«, sagte Christl, »das geht schon…!«

      »Und daß du dich net verplapperst und sagst, daß der Hans und der Michl schon droben beim Toni sind«, mahnte Heidi.

      »Ist schon klar«, erwiderte Christl, dann verließ sie die Küche und ging in die alte Gaststube, wo der Lenz mit seinen Spezln saß.

      »Die Tannhofer-Christl«, sagte der, »da schau her. Bist wieder im Bergerhof beschäftigt?«

      »Nur aushilfsweis«, antwortete das hübsche Mädchen, »solang’ die Resi und die Gerti in Urlaub sind.«

      »Wir hätten gern jeder ein Bier«, sagte Lenz, »und dann für jeden noch drei Dosen als Wegzehrung.«

      »Wo wollt ihr denn hin?« wollte Christl wissen.

      »Auf die Alm«, antwortete Lenz, »ist heut’ schon wer hinauf?«

      Christl schüttelte den Kopf. »Bisher noch net. Aber es ist auch noch ein bisserl zu früh im Jahr, daß viele Leute auf die Almen gehen.«

      Der Lenz nickte zufrieden. Er und seine Spezln tranken ihr Bier aus, Lenz zahlte alles und gab sogar ein reichlich bemessenes Trinkgeld, dann grinste er und zog mit seinen Spezln ab.

      *

      Lissi war die jüngste der Tannhofer-Töchter. Sie war auch die kesseste und vielleicht, aber das mag am Betrachter liegen, um winzige Nuancen auch die hübscheste.

      Lissi war stets gut aufgelegt, am liebsten war sie mit Freunden unterwegs, was ihren Vater eher aufregte, denn er hatte seine Töchter lieber um sich.

      »Hallo, Vati!« Lissi strahlte ihren Vater an. »Ist immer noch keine Post wegen meines Studienplatzes gekommen?«

      Der Tannhofer-Max verzog das Gesicht. Wenn das Gespräch auf Lissis Studium kam, schaltete er auf stur, davon wollte er nichts wissen.

      »Hast wieder mal deine Schwierigkeiten?« fragte Lissi. »Ich versteh’ gar net, was du dagegen hast, daß ich nach München geh’ und studier’? Das tun inzwischen viele junge Madln.«

      »Ja«, erwiderte ihr Vater, »das weiß ich. Es macht die Sach’ aber auch net besser.«

      »Und was ist falsch daran?« Lissi sah ihren Vater aufmerksam an.

      »Ein Madel wie du sollt’ zu Haus bleiben«, antwortete ihr Vater.

      »Und dann?« fragte Lissi. »Warten bis der Märchenprinz kommt? Also, das ist nicht meine Sach’. Schau dir doch die Moni an. Sie ist siebenundzwanzig und noch immer ist sie solo. Net daß dagegen was zu sagen wär’, aber dahocken und warten, bis da mal der kommt, der einem das Herz erweicht?« Sie schüttelte energisch mit dem Kopf.

      »Und was erhoffst du dir von einem Studium?« fragte ihr Vater.

      Es war das erste Mal, daß die beiden so offen über das Thema redeten. Bisher hatten sie zwar die Positionen des anderen gekannt, aber darüber miteinander geredet hatten sie nie.

      »Vor allem, daß ich mal unabhängig bin von einem Mann, der mich zu versorgen hat«, erwiderte Lissi. »Außerdem möcht’ ich meinen Horizont gern noch ein bisserl erweitern.«

      »Und das geht nur bei einem Studium in München…!« Der Tannhofer stand auf, und ging zur Kredenz, wo er eine Schublade aufzog. »Daß deine Mutter gleich nach eurer Geburt Geld weggelegt hat, um euch eine Ausbildung zu garantieren, das weißt du?«

      Lissi schüttelte den Kopf. »Nein, das weiß ich net.«

      »Dann weißt du’s jetzt«, erwiderte ihr Vater. »Sie hat damals ihre ganze Mitgift für euch angelegt. Eine wird im Haus bleiben, hat sie gesagt, eine wird da in der Gegend gut heiraten und eine wird eine gute Ausbildung benötigen, für die verwendest dann das Geld. Wie’s ausschaut, bist du das.«

      Lissi stand da und starrte ihren Vater benommen an. »Heißt das, daß… ich mein’, hast nix mehr dagegen, daß ich studier’?«

      Um Max Wagners Mundwinkel huschte ein Lächeln, dann schüttelte er den Kopf.

      »Ganz und gar net, mein Madel«, murmelte er, wobei seine Stimme einen ganz besonders weichen Klang hatte.

      »Aber wieso hast denn du bei jeder sich bietenden Gelegenheit dagegen geredet?«

      »Ich wollt’ erst mal sehen, wie ernst es dir damit war«, antwortete der Tannhofer.

      »Ist das wirklich wahr?« Lissi ließ ihren Vater nicht aus den Augen.

      Der nickte. »Ja, das ist wahr. Ich seh’ nämlich net ein, daß du nach München gehst, nur um dir einen schönen Tag zu machen. Ernsthaftigkeit gehört zu einem Studium, das steht wohl außer Frage.«

      Einen Moment noch war Lissi still, sie sah ihren Vater an wie jemand, den man lange nicht mehr gesehen hat und dessen Auftauchen einem Rätsel aufgibt.

      »Das gibt’s doch gar net«, sagte sie schließlich, »da wird man vom eigenen Vater gefoppt und man kann net mal was dagegen sagen. Ein bisserl Vertrauen wär’ net schlecht…!«

      »Das ist ja richtig«, erwiderte ihr Vater, »aber wenn du dir Mühe gibst, dann verstehst mich auch. Wenn ich zu allem Ja und Amen sagen würd’, was du bisher von mir gewollt hast, also, dann hätt’ ich kein Haar mehr auf dem Kopf.«

      Zuerst schien es, als wenn Lissi zornig reagieren würde, doch dann huschte ein Lächeln über ihr Gesicht. Sie stand auf, ging zu ihrem Vater, legte die Arme um seinen Hals und einen langen Moment drückte sie sich an ihn.

      »Ich weiß, was du meinst«, sagte sie dann, »und ich freu’ mich riesig, daß du nix mehr gegen meine Pläne hast.« Dann zögerte sie einen Augenblick. »Auch wenn ich plötzlich ein bisserl Angst in mir spür’…!«

      *

      »Du«, sagte der Karner-Hans zu den anderen beiden, »sie kommen. Vier sind’s, der Weiner-Lenz geht vornweg.«

      Toni hatte vorgeschlagen, in der Hütte zu warten, um den Lenz und dessen Kumpane nicht vorzeitig zu warnen. Jetzt stand Hans auf und sah auch aus dem Fenster.

      »Das ist der harte Kern seiner Truppe«, sagte er, »seine Burschen sind ihm treu ergeben.«

      »Und…?« Hans sah Toni fragend an.

      Der grinste. »Es ist schon gut, daß ihr da seid.«

      »Und wie soll’s jetzt weitergehen?«

      »Ich geh, wenn sie da sind, hinaus«, antwortete Toni, »frag’ was sie wollen und wenn der Lenz mir seine Pläne dargelegt hat, dann könnt ihr kommen und dafür sorgen, daß ich den Handel allein mit ihm beschließen kann.«

      Hans nickte. »Das ist in Ordnung, oder?« Er sah Michl an, der bisher noch keinen Ton dazu gesagt hatte.

      »Ich hab’ nix dagegen«, antwortete der.

      »Vielleicht hältst du dich ganz heraus«, sagte Hans. »Mir ist vorhin eingefallen, daß man dir möglicherweise einen Strick daraus drehen könnt’.«

      »Woraus?« Toni sah Hans fragend an.

      »Wenn der Michl in eine tätliche Auseinandersetzung verwickelt ist, und das wird bei der Kemptener Justiz bekannt, dann könnt’ man es ihm übel auslegen. Oder?«

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