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durch das linke Auge des Totenkopfs Luftlinie von dem Baum über den Schuss fünfzig Fuß hinaus‘.“

      „Aber“, sagte ich, „das Rätsel scheint mir noch gerade so dunkel zu sein wie vorher. Wie ist es möglich, aus dem Wortgemenge einen Sinn herauszufinden? Was bedeuten Teufelssitz, Bischofs Hotel, Totenkopf?“

      „Ich gestehe“, erwiderte Legrand, „dass die Sache nicht so ganz einfach erscheint, wenn man sie oberflächlich betrachtet. Mein erstes Bestreben war, das Ganze im Sinne des Geheimschreibers in natürliche Abschnitte zu zerlegen.“

      „Das heißt, es zu interpunktieren?“

      „Wenigstens etwas Ähnliches wollte ich.“

      „Aber wie war denn das möglich?“

      „Ich überlegte, dass der Schreiber die Wörter absichtlich ohne Zwischenräume nebeneinandergestellt hatte, um die Schwierigkeit der Lösung zu vergrößern. Nun wird ein nicht allzu scharfsinniger Mann beim Verfolgen einer solchen Sache leicht des Guten zu viel tun. Wenn er daher an eine Stelle kam, wo er dem Sinne nach eine Pause machen oder einen Punkt hinsetzen sollte, dann konnte er leicht sich verleiten lassen, die Zeichen hier besonders dicht hintereinander zu setzen. Wenn Sie jetzt das Manuskript noch einmal betrachten, dann werden Sie leicht solche Fülle von unnötig zusammengedrängten Zeichen finden. Ich handelte nach dieser Idee und machte folgende Einteilung: ‚Ein gutes Glas in Bischofs Hotel im Teufelssitz – einundvierzig Grad und dreizehn Minuten – nordnordöstlich – Hauptast siebter Zweig Ostseite – Schuss durch das linke Auge des Totenkopfs – Luftlinie von dem Baum über den Schuss fünfzig Fuß hinaus‘.“

      „Selbst diese Einteilung“, sagte ich, „lässt mich noch im Dunkeln.“

      „Sie ließ mich auch im Dunkeln“, antwortete Legrand, „wenigstens einige Tage lang. Ich erkundigte mich inzwischen fleißig nach einem Gebäude in der Umgegend der Sullivansinsel, das den Namen Bischofs Hotel trug. Ich erhielt aber keine Auskunft über die Sache und war schon dabei, den Umkreis meines Forschens mehr auszudehnen und dabei systematischer vorzugehen, als es mir eines Morgens plötzlich durch den Kopf fuhr, dass dieses bishop’s hostel sich vielleicht auf eine alte Familie namens Bessop beziehen könnte, die in jetzt vergessenen Zeiten etwa vier Meilen nördlich von der Insel einen herrschaftlichen Wohnsitz gehabt hatte. Ich ging daher zu der Pflanzung hinüber und begann dort die älteren Neger auszufragen. Schließlich sagte mir eine der ältesten Frauen, sie habe von einem Platz namens Bessop’s Castle gehört und könnte mich dorthin führen. Es sei aber weder ein Schloss noch ein Hotel, sondern ein hoher Felsen.

      Ich erbot mich, sie für ihre Bemühung reichlich zu bezahlen, und nach einigem Zögern stimmte sie zu, mich nach dem Ort zu begleiten. Wir fanden ihn ohne große Schwierigkeit und als ich sie entlassen hatte, begann ich den Platz zu untersuchen. Das ‚Castle‘ bestand aus einer unregelmäßigen Ansammlung von Klippen und Felsen, und von den Letzteren war einer, der durch seine Höhe, durch seine abgesonderte Lage und seine ungewöhnliche Form auffiel. Ich kletterte auf seinen Gipfel, war aber dann ganz ratlos, was ich weiter tun sollte.

      Während ich noch grübelte, fiel mein Blick auf einen schmalen Vorsprung an der Ostseite des Felsens, vielleicht einen Meter unter dem Gipfel, auf dem ich stand. Der Vorsprung war vielleicht achtzehn Zoll breit und einen Fuß lang, und eine Nische gerade über ihm im Felsen gab ihm eine flüchtige Ähnlichkeit mit einem jener rundlehnigen Stühle, wie sie unsere Vorfahren besaßen. Ich zweifelte nicht, dass dies hier der Teufelssitz sei, auf den das Manuskript anspielte, und glaubte nun die völlige Lösung des Rätsels erfassen zu können. Ich wusste, dass das ‚gute Glas‘ sich nur auf ein Fernglas beziehen konnte, denn Seeleute gebrauchen das Wort Glas selten in einem anderen Sinne. Ich begriff sofort, dass hier ein Fernrohr nötig war, um damit einen ganz bestimmten Punkt, von dem man nicht abgehen durfte, festzulegen. Auch zweifelte ich nicht, dass die Ausdrücke ‚einundvierzig Grad und dreizehn Minuten‘ ebenso wie das ‚nordnordöstlich‘ als Richtungsangaben für das Glas bestimmt waren. Sehr erregt durch diese Entdeckung eilte ich nach Hause, verschaffte mir ein Fernrohr und kehrte nach dem Felsen zurück.

      Ich ließ mich auf den Vorsprung herab und fand, dass man nur in einer ganz bestimmten Art darauf sitzen konnte. Diese Tatsache bestärkte mich in meiner Vermutung und ich versuchte nun, das Glas zu gebrauchen. Natürlich konnten sich die ‚einundvierzig Grad und dreizehn Minuten‘ nur auf die Erhebung über den sichtbaren Horizont beziehen, da die Seitenrichtung deutlich durch das Wort ‚nordnordöstlich‘ bezeichnet war. Diese letztere Richtung legte ich durch einen Taschenkompass fest, dann richtete ich das Glas, so gut ich es konnte, ungefähr auf eine Erhebung von einundvierzig Grad und bewegte es langsam aufwärts und abwärts, bis sich meine Aufmerksamkeit auf eine kreisförmige Öffnung im Laubwerk eines mächtigen Baumes lenkte, der alle anderen Bäume in der Gegend durch seine Größe überragte. Mitten in der Öffnung bemerkte ich einen weißen Fleck, konnte aber anfangs durchaus nicht erkennen, was das war. Als ich aber das Fernrohr genau einstellte und nochmals hinsah, bemerkte ich, dass es ein menschlicher Schädel war.

      Nach dieser Entdeckung war ich zuversichtlich überzeugt, das Rätsel gelöst zu haben, denn der Ausdruck ‚Hauptast siebter Zweig Ostseite‘ konnte sich nur auf die Stelle beziehen, wo der Schädel am Baum befestigt war, während der ‚Schuss durch das linke Auge des Totenkopfs‘ auch nur eine Deutung in Bezug auf die Suche nach dem vergrabenen Schatz zuließ. Ich begriff, dass die Bestimmung war, eine Kugel durch das linke Auge des Schädels fallen zu lassen, und dass die Luftlinie, also eine gerade Linie, die von dem nächsten Punkt des Stammes über den ‚Schuss‘ – oder den Ort, wohin die Kugel gefallen war – auf eine Entfernung von fünfzig Fuß verlängert wurde, zu einem bestimmten Ort führen würde, von dem ich es immerhin für möglich hielt, dass dort ein wertvoller Schatz begraben war.“

      „Alles dies“, sagte ich, „ist außerordentlich klar und bei allem Scharfsinn in der Idee doch einfach und verständlich. Aber was taten Sie, als Sie Bischofs Hotel verlassen hatten?“

      „Nachdem ich sorgfältig die Lage des Baumes festgestellt hatte, begab ich mich nach Hause. Sobald ich aber den Teufelssitz verließ, verschwand die runde Öffnung, und ich konnte nachher nirgendwo mehr eine Spur davon entdecken, so sehr ich mich auch drehte. Was mir das Scharfsinnigste an der ganzen Sache zu sein scheint, ist die Tatsache, die ich durch eine Reihe von Versuchen feststellte, dass die erwähnte runde Öffnung von keinem erreichbaren Punkt sonst zu sehen war, außer von dem schmalen Vorsprung an der Felsenwand.

      Auf diesem Ausflug nach Bischofs Hotel war ich von Jupiter begleitet worden, der ohne Zweifel seit ein paar Wochen die Zerstreutheit in meinem Benehmen beobachtet hatte und sich besondere Mühe gab, mich nicht allein zu lassen. Aber am nächsten Tag stand ich sehr früh auf und es gelang mir, ihm zu entwischen, worauf ich in das Bergland ging, um den Baum zu suchen. Nach vielen Bemühungen fand ich ihn. Als ich abends zurückkam, wollte mich mein Diener verprügeln. Was dann weiter geschah, wissen Sie ja so gut wie ich.“

      „Ich vermute“, sagte ich, „dass Sie bei unserer ersten Grabung die richtige Stelle verfehlten, weil Jupiter in seiner Stupidität den Käfer statt durch das linke durch das rechte Auge fallen ließ.“

      „Natürlich. Dieser Irrtum ergab bei dem ‚Schuss‘ einen Unterschied von zwei und einem halben Zoll, was wenig ausgemacht hätte, wenn der Schatz unter diesem Fleck begraben gewesen wäre. Aber durch die Verlängerung der Linie um fünfzig Fuß führte uns der anfänglich kleine Irrtum weit vom Ziele ab. Hätte nicht in mir die Überzeugung, dass der Schatz dort irgendwo begraben gewesen, so fest gesessen, dann wäre wohl unsere ganze Arbeit vergebens gewesen.“

      „Aber Ihr schwülstiges Reden und die Art, wie Sie den Käfer herumschwangen – wie seltsam war das! Ich zweifelte nicht daran, dass Sie wahnsinnig seien. Und warum bestanden Sie denn darauf, den Käfer durch das Schädelauge fallen zu lassen statt einer Kugel?“

      „Offen gestanden, weil mich Ihr unverkennbarer Zweifel an meiner geistigen Gesundheit ärgerte. Ich beschloss deshalb, Sie auf meine Art ein wenig durch eine kleine Mystifizierung zu bestrafen. Deshalb schwang ich den Käfer und ließ ihn auch deshalb durch den Schädel fallen. Ihre Bemerkung über sein großes Gewicht hatte mich auf die letztere Idee gebracht.“

      „Nun

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