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Wenigstens aber gehorchte sie, allerdings nur teilweise, wie ich bald bemerken musste.

      Zumindest zeigte sie auf einem Bildschirm an Backbord einen Planeten, der schätzungsweise zehn Millionen Kilometer entfernt war: eine winzig erscheinende blauweiß schimmernde Kugel mit fragmentarisch erkennbaren dunkleren kontinentalen Umrissen.

      Plötzlich klopfte mein Herz wie wild!

      Dieser Planet war Cirgro!

      Für einige Zeit versank alles andere um mich her, und ich sah nur noch den Planeten, von dem der Ruf meines Ritters mich erreichte. Erst, als Nussel mit den Vorderhufen scharrte, erinnerte ich mich daran, dass es noch andere Dinge gab.

      Beinahe zu spät!

      Das Raumschiffswrack füllte fast den ganzen Bugsektor der Panoramagalerie aus und wuchs immer weiter den Rändern entgegen. Eine Kollision mit ihm erschien mir unvermeidlich.

      Gleichsam paralysiert starrte ich das Abbild an.

      Es handelte sich um das Wrack eines keilförmigen Raumschiffs. Die Zahlenangaben am Bildschirmrand verrieten mir, dass es 300 Meter lang und am Heck 200 Meter breit war. Breite und Höhe am Bug betrugen nur wenige Meter; die Höhe am Heck betrug 100 Meter. An Backbord und Steuerbord sowie oben und unten ragten zusammen sechs Stabilisierungsflächen aus dem Rumpf; ihre Höhe betrug hinten 100 Meter und ging bis zur Mitte des Schiffes auf null Meter herunter.

      Ich schüttelte den Kopf.

      Eigentlich war das gar kein richtiges Wrack. Es gab keine einzige Beschädigung.

      Nur zwei Fakten verrieten mir, dass es nicht mehr in Ordnung war: einmal die holperig wirkende Drehung um Längs- und Querachse und zum zweiten die Tatsache, dass alle Schleusen geöffnet waren.

      »POSIMOL!«, schrie ich, als es mir vorkam, als würden wir in der nächsten Sekunde gegen das Wrack prallen.

      Wieder antwortete die Bordpositronik nicht.

      Aber es gab auch keinen Zusammenstoß. Vielmehr glich die STERNENSEGLER ihre Bewegung der des fremden Schiffes an, berührte es sanft mit der Unterseite an der Backbordwandung des vorderen Rumpfdrittels und lag dann relativ zu ihm still.

      Wir hatten angelegt.

      Aber wer hatte den Befehl dazu erteilt?

      5.

      Bericht Neithadl-Off

      Endlich hatten wir die STERNENSEGLER stoppen können!

      Fast eine halbe Stunde waren mein Modulmann und ich im Maschinenraum zugange gewesen, unterstützt von den beiden Saltics, die immer dann, wenn wir nicht weitergekommen waren, fremdartiges und genau passendes Werkzeug herbeigebracht hatten (wahrscheinlich aus dem Versteck auf dem Schiff, in dem sie ihr Diebesgut aufbewahrten).

      Die beiden Diebe erwiesen sich auch sonst als hilfreich. Sie hatten über die Energieversorgung die Ortungssysteme angezapft und eine Monitoranlage so manipuliert, dass ihre Bildschirme die Umgebung des Schiffes zeigten.

      Nur dadurch war es Goman-Largo und mir möglich gewesen, nach dem Rücksturz des Schiffes in den Normalraum das Impulstriebwerk und die Korrekturdüsen unter Umgehung der Bordpositronik so zu steuern, dass wir auf ein Wrack zudrifteten, anstatt den Planeten Cirgro anzufliegen.

      Dort hatte die STERNENSEGLER soeben angelegt!

      Ich musterte das Wrack – beziehungsweise das fremde Schiff, denn ein richtiges Wrack war es eigentlich nicht, da keine Beschädigungen zu erkennen waren. Allerdings war es auch kein vollwertiges Raumschiff, denn es gehorchte offenkundig niemandem. Bis zum Anlegen war es haltlos durch den Raum getaumelt – und sämtliche Schleusen standen offen.

      »So!«, sagte Goman-Largo und setzte eine Abdeckplatte wieder ein. »Für die Dauer von zweieinhalb Stunden haben wir Ruhe. Vorher lässt sich die Blockierung des Unterlichtantriebs nicht beseitigen.«

      Er lauschte angespannt, als es hinter den Aggregatgehäusen knisterte und knackte, dann nickte er zufrieden.

      »Anima versucht mit Hilfe von POSIMOL, die Blockierungen zu lösen«, kommentierte er die Geräusche. »Es wird ihr nicht gelingen. Bist du bereit, Prinzessin?«

      »Selbstverständlich«, erwiderte ich und schloss meine Schutzhülle, die in geschlossenem Zustand ein vollwertiger Raumanzug war.

      Goman-Largo und die beiden Saltics schlossen ihre Raumanzüge ebenfalls, dann stiegen wir in den Notschacht zwischen Triebwerksreaktor und dem Komplex der Triebwerkssteuersysteme zu einer der Rettungsschleusen hinab. Der Durchmesser des Schachtes war auch groß genug für mich; wir hatten es vorher ausprobiert, ehe wir unsere Planung detailliert festlegten.

      Als wir in der Schleusenkammer standen und das Außenschott sich öffnete, kam noch einmal ein kritischer Moment für uns. Wir konnten nämlich nur dann aussteigen, wenn unser Ausgang sich exakt über einer der offenen Schleusen des Wracks befand. Natürlich hatten wir die Steuerimpulse dementsprechend berechnet, aber ob das auf indirektem Weg so genau geklappt hatte, konnte sich erst jetzt herausstellen.

      Das Außenschott glitt auf.

      Wir hatten Glück gehabt.

      Genau unter beziehungsweise vor uns lag die Öffnung der anderen Schleuse. Unsere Scheinwerfer malten helle Flecke auf ihre Innenwandungen.

      Mein Modulmann stieg als erster hinüber. Ich folgte ihm. Den Schluss bildeten die beiden Meisterdiebe. Ich musste sie immer wieder ansehen. Sie sahen so harmlos und sympathisch aus. Nun ja, sympathisch waren sie wirklich. Dennoch waren sie auch Kriminelle.

      Aber waren sie das wirklich?, schoss es mir durch die Synapsen. Durfte man die Angehörigen eines Volkes, bei dem Diebstahl ein ehrenhaftes Handwerk war, tatsächlich mit Fug und Recht als Kriminelle bezeichnen?

      Mir wurde klar, dass das nicht ging. Sie übten lediglich den einzigen Beruf aus, den es bei ihrem Volk gab – und sie hielten sich dabei an strenge Regeln. Nein, sie waren keine Kriminellen. In ihrer Nähe mussten andere Intelligenzen lediglich alles festhalten, was sie sich nicht gern stehlen lassen würden.

      Das war schon verzwickt. Ich fühlte mich direkt wohl dabei, dass die beiden Saltics jetzt mit uns verbündet waren. Verbündete bestahlen sich schließlich nicht gegenseitig. Oder doch?

      Verstohlen tastete ich die Außenausrüstung meines Raumanzugs ab – und hörte sofort damit auf, als Sutok mir einen tadelnden Blick zuwarf.

      »Fertig!«, meldete Goman-Largo über die Helm-zu-Helm-Verbindung.

      Das Außenschott der fremden Schleuse schloss sich. Kurz darauf füllte sich die Kammer mit Nebel, der sich aber bald wieder verflüchtigte. Die Außenanzeigen des Anzugs verrieten mir, dass sich die Kammer mit einer zufriedenstellend klimatisierten Sauerstoffatmosphäre gefüllt hatte und unter fast genau dem Druck stand, der an Bord der STERNENSEGLER herrschte.

      Als das Innenschott sich öffnete, aktivierte ich mein Gravojet-Aggregat und flog an den Saltics und meinem Modulmann vorbei ins Innere des Schiffes.

      »Was soll das?«, protestierte Goman-Largo.

      Ich antwortete nicht darauf. Schließlich konnte ich ihm nicht gut verraten, dass ich es getan hatte, um ihn davor zu bewahren, sich dem Risiko der Vorhut auszusetzen.

      Ich erschrak, kaum dass ich das gedacht hatte, denn mir fiel knisterkalt ein, dass ich mich dafür diesem Risiko ausgesetzt hatte.

      Ich bremste ein bisschen ab. Aber der Tigganoi holte dadurch viel zu schnell auf. Kurzentschlossen beschleunigte ich. Vor mir tauchte eine Kreuzung auf. Ich bremste erneut, bog nach links ab und beschleunigte abermals. Bei der nächsten Kreuzung bog ich nach rechts ab, dann wieder nach links – und dann öffnete sich vor mir ein breites Panzerschott.

      Normalerweise hätte ich angehalten, um die Lage erst einmal zu sondieren. Doch Goman-Largo holte bereits wieder auf – und ich wusste, dass er nicht neben mir anhalten, sondern einfach weiterfliegen würde.

      Deshalb flog ich ebenfalls weiter und durch die Öffnung.

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