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dass ich in die falsche Richtung sah. Ich hatte mich ja schon vorher einmal um mich selbst gedreht gehabt – und dort lagen Goman-Largo und Anima.

      Erneut drehte ich mich um.

      Meine Gefährten hatten sich soeben befreit und halfen sich gegenseitig hoch. Auf Animas Wangen brannten zwei dicke Striemen.

      Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, das war er.

      Ich hatte im Dunkeln Anima für einen Fremden gehalten, ihr zwei heftige Schläge mit den Vordergliedmaßen versetzt und sie dann, als sie gestrauchelt und auf mich gefallen war, hochgeschleudert. Ihre Landung war dann auf Goman-Largo erfolgt.

      Mein armer Modulmann!

      Wie hatte mich Anima auch nur angreifen können!

      »Warum bist du nicht stehen geblieben?«, pfiff ich die Hominidin zornig an.

      »Ich war stehen geblieben«, entgegnete Anima. »Aber etwas rammte mich plötzlich von vorn – und ich versuchte, mich festzuhalten.« Ihre Augen weiteten sich. »Du warst das, Neithadl!«, schrie sie. »Du hast mich gerammt und dann hochgeschleudert – und deinetwegen bin ich auf Goman-Largo gefallen und hätte ihm fast ein paar Knochen gebrochen.«

      »Bestimmt hast du es genossen«, gab ich zurück. »Und außerdem – warum bist du mitten in der Zentrale herumgestanden, obwohl es spukte? Du hättest dich zu Boden werfen sollen.«

      »Und warum hast du dich nicht zu Boden geworfen?«, entgegnete die Hominidin.

      »Das wollte ich doch«, erklärte ich. »Aber natürlich nicht mitten in der Zentrale. Deshalb bin ich ja zur Seite gegangen.« Ich wandte mich an den Tigganoi. »Du hast mich selber gewarnt und gesagt, jemand schliche durch die Zentrale.«

      »Richtig«, gab Goman-Largo zu. »Das war auch der Fall. Und etwas hat gelacht.«

      »Ob es einer der Diebe war, die in der Station MANAM-PZAN an Bord geschlichen sind?«, meinte Anima.

      »Nein, das glaube ich nicht«, erwiderte ich. »Diese Diebe haben es nicht nötig, die Dunkelheit für ihre Untaten zu benutzen. Sie klauen am helllichten Tag, ohne erwischt zu werden.«

      »Ich denke auch nicht, dass sie es waren«, sagte Goman-Largo und griff unwillkürlich an das Multifunktionsarmband, das er als Ersatz für sein gestohlenes eigenes trug. »Diesmal nicht.«

      Er blickte zum KOM-Sektor der Positronik.

      »Aber eigentlich solltest du uns etwas erzählen können, POSIMOL«, unterstellte er. »Du hast schließlich den Anfang und das Ende des Zwischenfalls angekündigt.«

      »Keine Information«, behauptete POSIMOL.

      »Aber du musst doch noch wissen, was du gesagt hast!«, entrüstete sich mein Modulmann. »Und als High-Tech-Produkt solltest du auch noch wissen, was dich dazu motiviert hat, den Anfang und das Ende der Dunkelheit anzukündigen.«

      »Auch darüber gibt es keine Information in meinen Speichern«, erklärte die Positronik.

      »Aber ...«, fing ich an.

      »Hört auf damit!«, unterbrach mich Anima heftig. »Ihr redet und redet – aber keiner kümmert sich darum, was aus Nussel geworden ist. Er ist in Panik davongerannt. Womöglich hat er sich an einer Wand das Genick gebrochen.«

      »Frisches Fleisch!«, fuhr es mir unbedacht heraus.

      Sofort schämte ich mich dafür. Ich wusste doch, dass Goman-Largo und Anima in dieser Beziehung hochempfindlich waren – und ich hatte mich bisher auch immer darum bemüht, ihre Gefühle nicht zu verletzen, aber für mich war es eben eine Selbstverständlichkeit, dass man Biomasse gleich welcher Art nicht verkommen ließ. Es konnte doch selbst einem Toten nicht gleichgültig sein, ob sein Fleisch und Blut verfaulte (mit allen unwürdigen Begleiterscheinungen dieses unnötigen Vorgangs) oder ob er in die lebenden Zellstrukturen eines denkenden, fühlenden und vielleicht sogar angebeteten Wesens integriert wurde!

      Mir wäre die Wahl nicht schwer gefallen.

      »Ich mag Nussel«, sagte ich entschuldigend.

      »Aber doch nicht auf diese Art und Weise!«, empörte sich Anima.

      »Ihr versteht mich nicht!«, klagte ich.

      »Doch, wir verstehen dich schon, Prinzessin«, erwiderte Goman-Largo. »Du hast es doch auch schon einmal erklärt. Vergessen wir das! POSIMOL, wo befindet sich Nussel?«

      »In einer Notlage«, antwortete die Positronik. »Er ist durch den Ringkorridor zwischen Linearraumkonverter und Energieplasmatanks gestürmt und mit dem Horn in eine hölzerne Ersatzteilkiste gerannt. Dort hängt er fest.«

      »Dann helfen wir ihm eben, wieder loszukommen«, sagte der Tigganoi.

      »Ganz so einfach ist das nicht«, entgegnete POSIMOL. »Zwischen ihm und der Kiste klemmt nämlich ein hominides Lebewesen – und das Horn Nussels hat es an die Kiste genagelt.«

      Eine ganze Weile brachten weder Anima noch Goman-Largo noch ich ein Wort heraus. Wir waren entsetzt.

      »Das Spukgespenst!«, pfiff ich schließlich, nicht ganz davon überzeugt.

      »Egal, wer es ist, wir müssen ihm helfen!«, rief Anima und stürmte davon.

      Mein Modulmann stürmte natürlich blindlings hinterdrein.

      Als ob wir nicht eben erst etwas erlebt hatten, was es eigentlich niemals hätte geben können!

      Ich beschloss, vorsichtiger zu sein und nahm meinen Quintadimwerfer zwischen die Vordergliedmaßen, bevor ich den Gefährten hinterher schlich.

      3.

      Bericht Goman-Largo

      Weiber!

      Ich erinnerte mich nicht daran, ob ich vor meiner Stasis-Gefangenschaft in der Zeitgruft von Xissas schon die Bekanntschaft von Intelligenzwesen weiblichen Geschlechts gemacht hatte, aber die Erfahrungen mit Anima und Neithadl-Off verrieten mir im Grunde genommen genug über diese absonderliche, emotionsgeladene »Spezies« der angeblich hochorganisierten Materie des Universums, um von ihnen auf alle anderen Vertreterinnen der gleichen »Zunft« schließen zu können.

      Wir befanden uns vor dem Sonnensystem, in dem sich mit großer Wahrscheinlichkeit Animas Ritter Atlan befand, die Ortung hatte vor uns die Überreste zerstörter Raumschiffe festgestellt, was auf die Gefährlichkeit dieses Raumsektors schließen ließ, und wir waren eben erst von Unbekannten angegriffen worden, die POSIMOL verwirrt hatten und spukartige Erscheinungen hervorriefen – aber sie hatten anschließend nichts Besseres zu tun gewusst, als sich zu streiten.

      Als ob es wichtig wäre, dass Anima und Neithadl-Off in der absoluten Dunkelheit zusammengestoßen waren und dass die Vigpanderin die Hominidin dabei hochgeschleudert und auf mich geworfen hatte! Und als ob es eine Rolle spielte, dass die Vigpanderin mit ihrem Appetit auf Frischfleisch keinen Unterschied zwischen einem toten Tier und einem toten Intelligenzwesen machte! Schließlich tötete sie weder das eine noch das andere – und wer tot war, dem konnte es egal sein, wie er »begraben« wurde.

      Ich war heilfroh darüber, dass Nussel uns einen Zwischenfall beschert hatte, der uns zum Vergessen allen Streits und zu neuer Gemeinsamkeit des Handelns zwang.

      Anima bog wenige Schritte vor mir in den Ringkorridor zwischen dem Linearraumkonverter und den Energieplasmatanks ein. Im nächsten Augenblick schrie sie auf.

      Mein Unterbewusstsein reagierte darauf in nie dagewesener Weise.

      Es schickte einen ganzen Schwarm Module aus.

      Sie schienen sich in der STERNENSEGLER verlieren zu wollen. Ich konzentrierte mich mit aller Kraft darauf, die Rückkopplung mit ihnen zu erhalten und sie wieder unter meine Kontrolle zu bekommen.

      Natürlich vernachlässigte ich dabei meine unmittelbare Umgebung. Vor mir tauchte ein schattenhafter Umriss auf – und in dem Bestreben, eine Kollision zu vermeiden (mein Körper war noch vom Zusammenprall mit Anima voller blauer

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