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hörte über das Funkgerät das Trappeln von Hufen, erregtes Schnaufen, ein Scharren und dann erneut das Hufgetrappel, begleitet von schleifenden Geräuschen.

      Im nächsten Moment schüttelte sich die STERNENSEGLER. Grelle Blitze zuckten über die Bildschirme und Funken tanzten über die Sensorpunkte.

      Mit einem lauten Knacken sprangen mehrere Schaltplatten heraus – und der dicke gelbe Sensorpunkt rechts von Goman-Largo leuchtete auf.

      »Achtung!«, sagte die unverkennbare Stimme von POSIMOL. »Durch noch unbekannte Manipulationen wurde die RAJJA von einem Linearkurs auf einen ganz anderen versetzt. Dadurch ging automatisch die Kontrolle wieder an mich über. Falls du erneut übernehmen willst, brauchst du nur wieder den gelben Sensorpunkt zu berühren, Modulmann.«

      »Nicht, wenn es nicht unbedingt nötig ist«, erwiderte Goman-Largo und wischte sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn. »Ich habe mich angestrengt. Siehst du irgendwo die Vigpanderin, POSIMOL?«

      »Ja«, antwortete die Positronik. »Neithadl-Off befindet sich im Hauptkorridor und hat sich gerade von Nussel befreit, der sie mit seinem Horn an einem Tragegurt gepackt und aus dem Maschinenraum geschleppt hatte.«

      »Gut!«, erwiderte der Modulmann erleichtert. »Ich hatte schon Angst um sie. Hat es irgendwelche Schäden durch den Sprung auf die Brücke von Llokyr gegeben?«

      »Ich weiß nicht, was die ›Brücke von Llokyr‹ ist«, gab POSIMOL zurück. »Aber wenn du den Kurswechsel im Linearraum meinst, dann hat er keine Schäden verursacht, sondern nur einen harmlosen fünfdimensionalen Energieschock hervorgerufen, der aber inzwischen abgeklungen ist.«

      »In Ordnung«, sagte Goman-Largo. »Ich kehre jetzt in die Zentrale zurück.«

      »Ich auch«, sagte ich, als er sich aus dem Sessel stemmte. »Hoffentlich hat die Vigpanderin keinen Unfug gestiftet.«

      »Sie stiftet niemals Unfug«, belehrte er mich streng.

      Ich hätte es gleich wissen sollen.

      Der Modulmann und die Vigpanderin konnten noch so sehr gegenseitig übereinander herziehen. Sobald sich eine dritte Person einmischte, waren sie wieder ein Herz und eine Seele.

      *

      »Was hast du im Maschinenraum wirklich gemacht?«, erkundigte sich Goman-Largo bei der Vigpanderin, nachdem wir uns alle wieder in der Zentrale zusammengefunden hatten.

      »Ich weiß es nicht«, erwiderte Neithadl-Off und bewegte die ausgestreckten roten Sensorstäbchen auf und ab.

      Ihr Anblick faszinierte mich immer wieder, denn sie sah so ganz anders aus als alle Intelligenzwesen, die ich schon kennen gelernt hatte. Wenn sie völlig still stand – ein sechsbeiniger »Metallrahmen«, der mit graugrüner, feucht schimmernder Haut bespannt war, zirka 90 Zentimeter hoch, 160 Zentimeter breit und 230 Zentimeter lang, mit einer völlig transparenten, hauchdünn wirkenden, aber raumfesten Schutzhülle überzogen – konnte man sie für einen Tisch halten oder für eine Hüpfmatte, wie andere Intelligenzen schon mehrfach gesagt hatten.

      Aber sie war alles andere als ein Möbelstück oder Turngerät, sondern so lebendig, wie ein Lebewesen nur sein konnte, dazu hochintelligent, gebildet, studiert (jedenfalls war sie Parazeit-Historikerin, was immer sie darunter verstehen mochte), gefühlsbetont, manchmal launisch, oft pedantisch – aber in brenzligen Situationen von bemerkenswerter Kaltblütigkeit und Zuverlässigkeit.

      Nur mit ihrer Wahrheitsliebe war es nicht weit her. Diesen Eindruck hatte ich jedenfalls gewonnen – und ich konnte ihn einfach nicht beerdigen, obwohl sie bisher noch jedes Mal, wenn ich geglaubt hatte, sie bei einer Lüge zu ertappen, mit beweiskräftiger Logik alle meine Argumente zerschmettert hatte.

      Jetzt schien sie wieder einmal eine Lüge auftischen zu wollen. Diesmal sollte sie aber nicht so leicht davonkommen.

      »Was heißt, du weißt es nicht?«, wandte ich mich an sie. »Heißt das, deine Erinnerungen wären gelöscht worden?«

      »Das habe ich nicht behauptet«, pfiff sie entrüstet. »Aber meine Gedanken und Handgriffe wurden bei den Veränderungen und Umschaltungen im Maschinenraum nicht von meinem Bewusstsein, sondern von Askyschon-Nurgh gesteuert.«

      »Und wer ist dieser Askyschon-Nurgh?«, hakte ich nach. »Wie kam er an Bord – und ist er noch an Bord?«

      »Warum fragst du nicht ihn selbst!«, pfiff Neithadl-Off mich wütend an. »Du siehst ihn ebenso gut, wie ich ihn gesehen habe.«

      »Also gar nicht«, stellte ich sarkastisch fest.

      »Es gibt ihn«, mischte sich der Modulmann ein. »Er ist mir selber schon erschienen. Ich denke, wir dürfen uns Askyschon-Nurgh nicht unbedingt als eine Person vorstellen. Er scheint mir eher ein Symbol für etwas zu sein. Deshalb kann er auch einmal so und einmal so erscheinen.«

      »Aber das ist doch Unsinn!«, protestierte ich. »Alles in mir sträubt sich dagegen, das zu akzeptieren.«

      »Warte es ab!«, pfiff die Vigpanderin. »Wenn wir diesmal zu deinem Ritter kommen oder wenigstens so nahe an ihn heran, dass du seinen Aufenthaltsort genau lokalisieren kannst, dann wirst du akzeptieren müssen, dass es jemand – oder etwas gibt, das uns mit Atlan zusammenbringen will und uns deshalb über die Brücke von Llokyr geschickt hat.«

      »Wobei du ›Brücke‹ auch wieder nicht so eng sehen darfst, Anima«, erklärte der Modulmann. »Es handelt sich auf keinen Fall um ein Bauwerk. Ich denke, dass es mit dem neuen Kurs identisch ist, auf den das Schiff infolge Neithadl-Offs Manipulationen und meiner Manuellschaltungen gebracht wurde. Dabei sollten wir es belassen.«

      Ich schloss den Mund, den ich zu einer heftigen Erwiderung schon geöffnet hatte. Goman-Largo und seiner Prinzessin war durch sachliche Argumente nicht beizukommen. Vielleicht waren sie gar nicht an der Wahrheit interessiert, sondern nur daran, immer Recht zu behalten.

      Ich lächelte, als Nussel seine Nüstern in meine rechte Hand drängte und leise schnaubte.

      Wenigstens ein Lebewesen verstand mich.

      Auch wenn es nur ein Tier war.

      Aber so ganz stimmte das nicht, überlegte ich. Wir wussten von Nussel, dass die Einhörner früher die Herren Mohenns gewesen waren. Sie hatten auch die Steinkreise auf Mohenn errichtet, unter denen die uralte Zeitgruft lag und hatten diesen Ort als Heiligtum der Götter verehrt.

      Irgendwann hatte dann eine Mutation die Gehirne der Einhörner verändert. Sie hatten ihre Fähigkeit des planvollen Handelns und abstrakten Denkens verloren.

      Die humanoiden Lebewesen auf Mohenn hatten zur selben Zeit genau diese Fähigkeiten gewonnen – und sie hatten sie benutzt, um sich zu den neuen Herren von Mohenn aufzuschwingen und die Einhörner zu ihren Dienern beziehungsweise Haustieren zu machen.

      Eine gewisse Intelligenz war den Einhörnern jedoch geblieben – und auch ihre phänomenale Sprachbegabung.

      Ich erschauderte leicht.

      In Augenblicken wie diesen neigte ich dazu, in andere Dinge und Wesen mehr hineinzugeheimnissen, als vielleicht noch realistisch war. Doch ich konnte nichts dagegen tun. Zur Zeit jedenfalls kostete es mich große Mühe, mir nicht anmerken zu lassen, dass ich die Rätsel um die Einhörner von Mohenn durchaus noch nicht für gelöst hielt.

      Die Stimme POSIMOLS riss mich aus meinen Grübeleien.

      »Achtung!«, meldete die Positronik. »Rücksturz in den Normalraum in zehn Sekunden!«

      Die STERNENSEGLER schüttelte sich erneut, und abermals zuckten grelle Blitze über die Bildschirme und tanzten Funken geisterhaft über Sensorpunkte.

      Das war doch nicht normal für einen Rücksturz aus dem Zwischenraum ins normale vierdimensionale Raum-Zeit-Kontinuum!

      Ich musterte Goman-Largos Gesicht und entdeckte, dass er von den gleichen Überlegungen bewegt wurde wie ich.

      Die »Brücke von Llokyr« war doch etwas anderes als nur ein neuer Kurs innerhalb des Zwischenraums.

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