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Atlan-Paket 16: Im Auftrag der Kosmokraten (Teil 2). Hans Kneifel
Читать онлайн.Название Atlan-Paket 16: Im Auftrag der Kosmokraten (Teil 2)
Год выпуска 0
isbn 9783845347400
Автор произведения Hans Kneifel
Жанр Языкознание
Серия Atlan classics Paket
Издательство Bookwire
Ich brauchte nur an den Temporalbruch zu denken, den ich mit Hilfe dreier Module in der unter Quarantäne stehenden Zeitgruft auf Polterzeit entdeckt hatte. Zwar hatte ich übertrieben, als ich meinen Gefährten erklärte, der Temporalbruch zöge sich durch alle Zeitebenen aller Parallelzeiten. In dem Fall wäre das Gefüge des Universums nämlich längst zerbrochen. Aber es stimmte, dass das Gefüge des Universums durch den Temporalbruch gefährdet war.
Er musste geschlossen werden!
Wie ich das fertigbringen sollte, das allerdings war mir noch ein unlösbares Rätsel. Das »Gespenst von Polterzeit« beziehungsweise die Wesenheit namens Shymee, die in die Zeitgruft auf Polterzeit verbannt gewesen war, hatte mir von dem vergeblichen Versuch von Gurak-Sogoon berichtet, den Temporalbruch zu schließen.
Gurak-Sogoon war ein Spezialist der Zeit gewesen wie ich, aber kein Tigganoi, sondern ein Tagg – und er sollte einer Zivilisation entstammen, die weiter entwickelt war, als ich mir vorzustellen vermochte.
Dennoch war er bei dem Versuch der Schließung des Zeitbruchs gescheitert und umgekommen.
Es wäre folglich unrealistisch von mir gewesen, anzunehmen, ich könnte diese Aufgabe bewältigen.
Nein, was er nicht geschafft hatte, würde ich auch nicht schaffen – nicht, wenn ich mir nicht etwas Besseres einfallen ließ als er. Oder wenn ich mehr über die Zeitchirurgen und ihre Geheimnisse erfuhr – und wenn ich die Welt mit den drei Monden im Zentrum des dreigeteilten Silbernebels fand, auf die Shymee mich hingewiesen hatte.
Dort sollte das Vermächtnis des Zeitingenieurs Tronh Tronomonh ruhen, der das Geheimnis der Neutralisierung von Zeitbrüchen erforscht hatte.
Mir wurde abwechselnd heiß und kalt, wenn ich an das alles dachte. Kein Wunder, wenn ich Fieberanfälle bekam und Wahnvorstellungen wie die von Llokyr und von Askyschon-Nurgh hatte. Es war zuviel für mich. Ich brauchte mehr Hilfe, als Neithadl-Off und Anima mir zu gewähren vermochten.
In meiner Verzweiflung richteten sich alle meine Hoffnungen auf Atlan.
Nach dem was Anima uns bisher von ihrem Ritter berichtet hatte, musste er ein ganz außergewöhnliches Intelligenzwesen sein. Wenn mir jemand helfen konnte, dann er.
Ich schrak auf, als Anima mit monotoner Stimme zu sprechen begann – und als ich ihr Gesicht sah, wusste ich, dass sie sich im Zustand tiefster Trance befand.
Hoffentlich konnte sie diesmal Atlans Aufenthaltsort anpeilen!
Ich wollte ihr zurufen, alle Kraft zusammenzunehmen. Aber Neithadl-Off wedelte ablehnend mit den Tastfäden ihrer Vordergliedmaßen, als sie meine Absicht erkannte.
Danach zog sie ihr Aufzeichnungs- und Multifunktionsgerät aus dem Futteral, nahm es zwischen die Vordergliedmaßen und pfiff leise hinein, während sie damit vor ihrer Mundleiste hin und her fuhr. Es sah immer aus, als bliese sie ein Musikinstrument. Manchmal machte ich mich darüber lustig.
Diesmal nicht.
Denn plötzlich fing Anima an zu reden.
»Von der Spitze des Schwertes annähernd vertikal durch die gebogene Klinge abwärts«, verstand ich – und die Vigpanderin pfiff es sofort in ihr Gerät hinein. »Durch den untersten Stern des Schwertgriffs wieder hinaus, wobei dieser Griffstern mit der Schwertspitze eine Gerade bilden muss. Auf einer Verlängerung dieser Geraden entlang. Weiter, immer weiter!«
Als Anima schwieg, fühlte ich, wie meine Handflächen schweißnass wurden.
Was sie bisher gesagt hatte, war eine äußerst wertvolle Information. Aber sie reichte nicht aus, nicht bei den Dimensionen einer ganzen Galaxis.
Wir mussten mehr erfahren!
Wenigstens noch einen Anhaltspunkt brauchten wir: entweder eine halbwegs genaue Entfernungsangabe oder die Beschreibung einer markanten Konstellation, eines Nebels oder eines anderen hervorstechenden Phänomens.
Doch Anima schwieg.
Hochgradig erregt stürmte ich auf sie zu, um sie aus ihrer vermeintlichen oder wirklichen Lethargie zu reißen, egal wie.
Es hätte mich beinahe das Leben gekostet.
Plötzlich stand mir Nussel im Wege – und sein spitzes Horn zeigte genau auf meine Brust.
Ich verhinderte meinen Tod nur, weil ich blitzschnell die Hände vorstreckte, das in sich schraubenförmig gedrehte Horn umfasste und die Handflächen als Bremsbacken benutzte.
Es funkte, als die Spitze des Horns das Symbol meiner Zunft – der Zunft der Spezialisten der Zeit – anstieß, dann ging Nussel in die Knie und legte sich stöhnend auf die linke Seite.
Anima erwachte aus ihrer Trance.
»Du Rohling!«, beschimpfte sie mich. »Was hast du mit Nussel gemacht?«
»Er hat gar nichts gemacht«, nahm Neithadl-Off mich in Schutz. »Im Gegenteil, Nussel hätte ihn beinahe mit seinem Horn durchbohrt.«
»Das wüsste ich aber!«, schrie Anima.
»Streitet euch nicht!«, ermahnte ich meine Gefährtinnen. »Die Spitze von Nussels Horn traf ziemlich hart auf mein Zunftsymbol.« Ich rieb mir die schmerzende Stelle. »Daraufhin hat es gefunkt. Ich weiß auch nicht, was das war. Vielleicht eine mir unbekannte Schutzvorrichtung. Es war jedenfalls nicht von mir gewollt.«
Ich kauerte mich zu Anima neben das Einhorn, während die Vigpanderin ihr Aufzeichnungsgerät verstaute und dann behutsam in Nussels Nüstern blies.
Plötzlich lief ein Zittern durch Nussels Leib.
»Es stirbt!«, jammerte Anima.
»Hilf ihm!«, forderte ich sie auf. »Du kannst es doch.«
»Nicht jetzt«, erwiderte die Hominidin bekümmert. »Ich bin psionisch völlig ausgelaugt. Meine Konzentration auf die Artikulation von Atlans Ruf hat mir alle besonderen Kräfte entzogen. Wir müssen wieder aus der Stationärbahn hinaus und auf Kurs gehen, damit ich neue Kraft schöpfen kann.«
Ich fing an, Nussels Leib zu kneten, nur, um irgend etwas zu tun, das ihm vielleicht half.
»Hör auf damit!«, schnaufte das Einhorn. »Der Blitz hat mich erschlagen, aber es geht mir schon wieder besser.«
Es nieste schallend – genau auf die Mundleiste Neithadl-Offs.
Ich musste lachen.
Während Anima vor Erleichterung Tränen auf Nussels Fell vergoss und meine Vigpanderin unverständliche Verwünschungen pfiff und sich die Mundleiste putzte, ging ich zum KOM-Sektor der Bordpositronik.
»Du hast gehört, welchen Kurs Anima beschrieben hat, POSIMOL«, sagte ich. »Schlage ihn ein!«
»Ich kenne die Richtung, aber nicht die Entfernung«, gab die Positronik zu bedenken. »Auf der Verlängerung der beschriebenen Geraden geht es zirka siebzigtausend Lichtjahre weit durch das Sternenmeer von Manam-Turu. An welcher Stelle dieser Strecke soll ich anhalten?«
Das war eine gute Frage.
Natürlich konnten wir die Strecke von 70.000 Lichtjahren mit vielen Zwischenstopps abfliegen und darauf warten, dass Anima bei einem Halt den exakten Aufenthaltsort Atlans aufspürte, doch wenn wir Pech hatten, würden wir am siebzigtausendsten Zwischenstopp nicht schlauer sein als jetzt. Aber älter, viel älter.
So ging es also nicht.
»Halte am unteren Schwertstern an!«, befahl ich der Positronik. »Dort wollen wir uns noch einmal orientieren – und wenn wir Glück haben, kann Anima ihre Peilung dort vervollständigen.«
»Verstanden«, gab POSIMOL zurück.
»Du bist wirklich fein raus«, erwiderte ich. »Wenn dir nur jemand sagt, was du tun oder lassen sollst, bist du zufrieden mit dir und der Welt.«
»Aber nicht mit dir, Modulmann«, entgegnete POSIMOL spitz.