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hat er die ganzen letzten sechs Wochen getan, seit es wieder still auf Barquass ist.«

      »Die ganzen letzten sechs Wochen«, wiederholte Nussel. »Was hat er denn in dieser Zeit von seinen Exkursionen mitgebracht?«

      »Nur Krimskrams«, antwortete ich verdrießlich. »Ein paar Mal hat er mir versprochen, er würde noch einen großen Schatz finden und ihn mir schenken. Aber außer ein paar abgegriffenen Münzen und einigen urtümlichen Waffen – alles wahrscheinlich von den Piraten zurückgelassen – hat er nie etwas mitgebracht. Außer Spinnweben und Staub auf seiner Kombination.«

      »Spinnweben und Staub?«, echote Nussel. »Dann ist er wahrscheinlich in alten Gewölben gewesen.« Er schüttelte den Kopf, dass die Mähne flog. »Aber auch die kann es überall auf Barquass geben.«

      »Nein!«, sagte Anima hastig. »Nicht solche Gewölbe! Ich meine solche, in denen es echten Staub und echte Spinnweben gibt und die demnach sehr alt sind und vor allem keine Bestandteile Gurays. Davon gibt es meines Wissens auf Barquass nur an einem Ort welche, und das ist in der Stadt der Unauffindbaren.«

      Ich horchte auf.

      »Unauffindbare?«, wiederholte ich. »Was für Wesen sind das – außer, dass sie unauffindbar sind?«

      »Sie sollen den Planeten beherrscht haben, lange bevor EVOLO ihn fand und für seine Zwecke missbrauchte«, berichtete Anima. »Aber sie waren schon verschwunden, bevor VERGALO kam. Von ihnen blieb nur eine subplanetarische Stadt zurück – und VERGALO ließ sie unangetastet, weil er hoffte, ihre Geister damit zu besänftigen. So jedenfalls war es in der emotionalen Erinnerungsflut enthalten, die aus Guray sprudelte, als er spürte, dass EVOLO den Erleuchteten besiegt hat.«

      »Er hat also seinen eigenen Schöpfer umgebracht«, stellte ich fest. Aber es interessierte mich nur am Rand. »Goman-Largo stöbert also wahrscheinlich in der Stadt der Unauffindbaren herum. Hoffentlich ist ihm dort nichts passiert. Wie kommt man dorthin, Anima – und wie weit ist es von hier?«

      »Nicht weit«, erklärte die Hominidin. »Nur etwa zehn Kilometer. Ich kann euch hinführen, wenn ihr wollt.«

      »Und ob ich will!«, gab ich zurück. »Hole deine Ausrüstung aus dem Schiff, dann brechen wir auf!«

      »Ich fliege«, versicherte Anima.

      Wenige Minuten später waren wir unterwegs ...

      4.

      Goman-Largo

      Das Land war grün und eben und erstreckte sich, so weit mein Auge zu sehen vermochte.

      Vielleicht hätte es mir gefallen, wenn ich freiwillig hierher gekommen wäre – und wenn der Himmel nicht so eigenartig ausgesehen hätte.

      Er war blutrot, und er waberte gleich der Oberfläche einer Sonne.

      Ich sah mir das Stück an, das ich mir aus dem Geschmeide herausgegriffen hatte. Es handelte sich um einen Armreif. Das Material schien Gold zu sein, und es war mit geschliffenen Smaragden besetzt. Meiner Prinzessin würde es sicher gefallen.

      Falls sie es jemals zu Gesicht bekäme.

      Mir wurde mit einemmal ganz mulmig. Ich erkannte, dass es durchaus nicht sicher war, dass ich Neithadl-Off wiedersehen würde. Die Falle hatte mich an einen Ort versetzt, der sich wahrscheinlich gar nicht auf Barquass befand – und ich vermochte nichts zu entdecken, das mich nach Barquass zurückbringen könnte.

      Traurig blickte ich auf den Armreif.

      Eigentlich stufte ich Schmuck nicht als besonders wertvoll ein. Ja, ich hatte ihn früher sogar als nutzlosen Tand betrachtet. Mit diesem Armreif war es etwas ganz anderes, denn er war als Geschenk für die Vigpanderin gedacht. Natürlich hatte sie keinen Arm, an dem sie ihn tragen konnte, aber daran hatte ich gar nicht gedacht, als ich ihn aus dem anderen Geschmeide herausgegriffen hatte.

      Es war ein rein emotionaler Impuls gewesen, der mich dazu getrieben hatte.

      Liebe?

      Hastig steckte ich den Armreif weg.

      Wie konnte ich nur im Zusammenhang mit Neithadl-Off an Liebe denken! Wir waren ja so grundverschieden, dass sich eher ein Vogel in ein Raumschiff verlieben konnte als ich mich in eine Vigpanderin!

      Eine Weile starrte ich vor mich hin, dann schüttelte ich den Kopf.

      Nein, der Vergleich war dumm gewesen! So grundverschieden waren Neithadl-Off und ich gar nicht. Sicher, wir sahen verschieden aus, aber wir dachten, handelten und fühlten doch ziemlich verwandt.

      Und ich sehnte mich nach ihr.

      Es war dumm, und ich wusste es, aber ich konnte es nicht ändern. Ich musste alles tun, damit ich zu ihr zurückfand. Selbstverständlich würde ich ihr meine Gefühle niemals offenbaren. Sie hätte sie sicher lachhaft gefunden. Nein, ich würde meine Liebe zu ihr stets als mein größtes Geheimnis bewahren.

      Ich rieb mir die Augen. Anscheinend war mir Staub hineingeraten. Langsam drehte ich mich um mich selbst und musterte meine Umgebung. Das Ergebnis stimmte mich alles andere als froh. Überall ringsum gab es nur das brettflache grüne Land und darüber den blutroten, wabernd leuchtenden Himmel.

      Ich ging in die Hocke und strich mit den Fingerspitzen über das Grün. Es war weder Gras noch Moos, und es fühlte sich kühl und leblos an. In einem geschlossenen Raum hätte ich es für einen Teppichboden gehalten und auf einem Sportplatz für Kunststoffrasen. Aber hier? Wer könnte so verrückt sein, die Oberfläche eines ganzen Planeten mit künstlichem Grün auszulegen?

      Zornig griff ich nach den Kontrollen meines Flugaggregats. Ich verspürte den beinahe unwiderstehlichen Drang, zu starten und einfach drauflos zu rasen, in der Hoffnung, irgendwann irgendwo anzukommen. Aber ich wusste, wie unsinnig diese Hoffnung war – und vor allem, wie unlogisch.

      Ich nahm die Hand von den Kontrollen, richtete mich auf und konzentrierte mich auf meine Module. Drei von ihnen wählte ich aus, programmierte sie mit verschiedenen Missionen und schickte sie los.

      Es dauerte keine halbe Stunde, da wusste ich, dass ich nicht auf einem natürlich entstandenen Planeten war, sondern auf einer Kunstwelt aus Metallplastikstrukturen, durchsetzt von gewaltigen Hohlräumen und mit zahllosen positronischen Elementen, die die künstliche Schwerkraft, die Zusammensetzung der Lufthülle, die Temperatur und vieles mehr steuerten.

      Das, was ich zuerst für den Himmel gehalten hatte, war alles andere als das. Es war so etwas wie eine aufgerissene Nahtstelle unseres Universums, durch die die Kunstwelt »gefallen« oder »gebracht« worden war, so dass sie sich innerhalb eines benachbarten Universums befand. Das blutrot Wabernde war allerdings weder das eine noch das andere Universum; es war die Summe der hochenergetischen Nebeneffekte, die von beiden Universen an der aufgerissenen Nahtstelle verursacht wurden.

      Mir wurde übel, als ich mir vorstellte, dass dieser Tanz auf dem Vulkan, den die Kunstwelt vollführte, nur ein Ausnahmezustand sein konnte und dass die Welt irgendwann entweder in mein Universum zurückfiel oder ganz von dem anderen Universum verschlungen wurde.

      Irgendwann!

      Ich ertappte mich dabei, dass ich hysterisch lachte, und riss mich gewaltsam zusammen. Das fehlte noch, dass ich die Nerven verlor. Ich musste nachdenken und danach etwas unternehmen. Von selbst würde die Kunstwelt bestimmt nicht während meiner Lebensspanne auf die eine oder die andere Seite stürzen. Solche Ereignisse spielten sich in kosmischen Zeiträumen ab – und gegen die war das Leben eines normalen sterblichen Wesens ein Nichts.

      Ich ballte grimmig die Fäuste.

      Die Kunstwelt existierte in kosmischen Zeiträumen, das stimmte, aber sie war kein Produkt des Kosmos, sondern das Werk intelligenter »Eintagsfliegen«, wie ich eine war.

      Oder das Produkt Gurays?, schoss es mir durch den Kopf.

      Ich verneinte es sofort. Wenn Guray zu solchen »Kraftakten« fähig wäre, würde er bestimmt nicht vor EVOLO zittern. Aber wenn die Kunstwelt kein Produkt Gurays war, dann waren es die Schatzkammer und ihre Fallen auch nicht. Dann

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