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      Auch die Wahrnehmung von PEP durch die PEP-Anwender hat sich in den letzten Jahren deutlich verändert. Immer mehr Absolventen der PEP-Fortbildung haben darauf hingewiesen, dass PEP für sie weit mehr als eine Zusatztechnik ist. Gerade durch die »Big-Five«-Lösungsblockaden, den Kognitions-Kongruenz-Test (KKT) und das Selbstwerttraining haben viele Kolleginnen und Kollegen das Gefühl, mit PEP eine vollständige Methode an Bord zu haben. Auf diesen Aspekt werde ich in diesem Buch dezidiert eingehen. Auch die Anmeldezahlen zu den Kursen wachsen anhaltend und stetig. So haben zwischen 2009 und 2020 insgesamt ca. 3500 Kolleginnen und Kollegen die PEP-Fortbildung begonnen und zum größten Teil schon abgeschlossen. Auch die Spezialisierung und Vertiefung innerhalb von PEP hat weiter zugenommen. So gibt es mittlerweile breite Erfahrungen in der Anwendung mit PEP, die auch zu Vertiefungskursen geführt haben, wie z. B. PEP bei komplexen Traumafolgen, PEP bei Depressionen, PEP in der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie (KJP), PEP im Auftrittscoaching, PEP in der Medizin (Anästhesie, Schmerz, Palliativ, Geburtshilfe, Angehörigenarbeit) sowie neoabstinentes, verdecktes Arbeiten mit PEP.

      Viele der Weiterentwicklungen spiegeln sich auch in Buchpublikationen zu den jeweiligen Themen wider. So sind vor allem im Carl-Auer Verlag in den letzten Jahren einige neue Bücher zu PEP erschienen, andere sind in Planung und werden noch erscheinen.

      Nun wünsche ich Ihnen jedoch erst einmal viel Freude mit diesem Buch. Viel Spaß beim Lesen und Ausprobieren!

       Michael Bohne

       Hannover, im November 2020

       1.Es war einmal im alten China, oder: Once upon a time in America … Historische Wurzeln der Klopftechniken

      Da die bislang bekannten Klopftechniken alle das sogenannte Meridiansystem zur Stimulation des Körpers genutzt haben, haben sie somit natürlich ihre ältesten Wurzeln im alten China. Die Beobachtung, dass sich über die Stimulation von Akupunkturpunkten auch Emotionen therapeutisch verändern lassen, ist im Grunde so alt wie die Akupunktur selbst, also ca. 5000 bis 6000 Jahre. Emotionen werden in der TCM (Traditionellen Chinesischen Medizin) als »Bewegungen des Qi der Organe« bezeichnet (siehe Kubny 2002, S. 127) und waren immer nur ein Teil einer Gesamtdiagnose und -behandlung der TCM. Die Psychotherapie westlicher Prägung gab und gibt es weder im alten noch im neuen China (abgesehen von ersten Kontakten mit westlichen Therapiemethoden seit den 90er-Jahren des 20. Jahrhunderts).

      Wenngleich viele Menschen in Deutschland denken, Fred Gallo habe die Energetische Psychologie entwickelt, war es doch der amerikanische Chiropraktiker George Goodheart, der das Klopfen von Akupunkturpunkten zur Auflösung von Stress als Erster beschrieben hat. Goodheart, der in den 60er-Jahren des 20. Jahrhunderts das alte Wissen der TCM mit verschiedenen manualtherapeutischen Methoden und dem aus der Physiotherapie kommenden Muskeltest zusammenbrachte, war einer der Hauptvertreter der Applied Kinesiology (AK), jener ganzheitlichen ärztlich-physiotherapeutischenen Behandlungsmethode, bei der körperliche Störfelder mittels Muskeltest aufgesucht und mit verschiedensten manualtherapeutischen Techniken behandelt werden. Goodheart formulierte die Hypothese, dass die »somatische Verarbeitung psychischer Reize« vor allem durch die Behandlung der sogenannten Anfangs- und Endpunkte der Meridiane günstig beeinflusst würde (Burtscher, Eppler-Tschieder, Gerz u. Suntinger 2001, S. 174). Die meisten Klopftechniken nutzen auch heute noch für die Klopfbehandlung diese Anfangs- und Endpunkte der Meridiane. Im Folgenden waren es dann zwei ungewöhnliche und innovative Psychotherapeuten, die diese Beobachtungen und Hypothesen Goodhearts (vielleicht etwas zu) konsequent auf die Psychotherapie anwandten. Zum einen war es der australische Arzt, Psychiater und jungsche Psychoanalytiker John Diamond, zum anderen der amerikanische Psychologe Roger Callahan, die eine Fortbildung in Applied Kinesiology absolvierten (Diamond 2001, S. 16; Callahan 2001, S. 8 f.). Ferner soll Callahan entscheidende Impulse zur Behandlung von Emotionen wiederum von John Diamond erhalten haben (Gallo 2002, S. 10). Callahan betrachtete laut Gallo den Großteil seiner Arbeit als »Betriebsgeheimnis«. Er entwickelte ein System, in dem je nach Diagnose ganz konkrete Akupunkturpunkte in einer ganz genauen Reihenfolge beklopft werden mussten, damit sich die Symptome auflösen konnten (Thought Field Therapy = TFT). Zur teilweise abenteuerlichen Geschichte der Energetischen Psychologie siehe unter Gallo (2000, 2002). Gallo hat sich mit den unterschiedlichsten energetischen und kinesiologischen Techniken beschäftigt, später noch bei Callahan gelernt und dann sein eigenes System (EDxTM = Energy Diagnostic and Treatment Methods) entwickelt. In seinem System werden die betroffenen Meridiane, die Behandlungspunkte, die dysfunktionalen Kognitionen und aus psychodynamischer Sicht die unbewusste Abwehr (in der Energetischen Psychologie psychische Umkehrung genannt) vor allem mittels Muskeltest ermittelt.

      Ein weiterer sehr wichtiger Vorreiter der Klopftechniken ist der Ingenieur und Coach Gary Craig, dem die unterschiedlichen Behandlungsabfolgen von Callahan nicht plausibel erschienen und der die Idee entwickelte, einfach alle Meridiane durchklopfen zu lassen, in der Annahme, dass ja die betroffenen Meridiane und Akupunkturpunkte so in jedem Fall dabei sein würden. Seine Technik, die Emotional Freedom Techniques (EFT), ist im Selbsthilfebereich sicherlich bislang die populärste. Dies liegt außer am professionellen Marketing nicht zuletzt daran, dass EFT stark vereinfacht ist und so auch ohne große Vorerfahrungen angewandt werden kann. Es mag auch daran liegen, dass im EFT gewisse omnipotente Heilsversprechungen (nicht nur unter dem Namen emotionale Befreiung bzw. Freiheit) gemacht werden, die bei Hilfe Suchenden natürlich gut ankommen. Dies wiederum ist verständlich, da Gary Craig und wohl immer noch viele EFT-Anwender eben keine ausgebildeten Psychotherapeuten sind, sie somit nicht die Differenziertheit und Komplexität vieler Störungsbilder berücksichtigen und berücksichtigen können. Da die Klopftechniken in einigen Bereichen, wie z. B. bei Ängsten und bei posttraumatischem Stress, enorme Wirksamkeit zeigen, propagieren viele EFT-Anwender diese Wirksamkeit auch bei anderen, weit komplexeren Störungsbildern. Trotz alledem stellt EFT einen wichtigen, hilfreichen und wesentlichen Zweig der Klopftechniken dar. Erfahrene und gut ausgebildete Psychotherapeuten berichten jedoch immer wieder, dass ihnen die Fortbildungskurse bei EFT-Ausbildern zu oberflächlich seien und die Ausbilder die Klopftechniken nicht gut aus psychotherapeutischer Sicht erklären könnten und auch nicht gut erklären könnten, wie die Klopftechniken in die unterschiedlichsten Psychotherapiemethoden integriert werden können, da sie selbst oft gar nicht oder kaum psychotherapeutisch ausgebildet sind. Leider hört man auch immer wieder, dass einzelne EFT-Ausbilder die anerkannte Psychotherapie bzw. Psychotherapeuten entwerten, ohne

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