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[musikalische Eindruck] um so größer und schwebender sein und eine so volle, reiche Tonfärbung haben, dass er dem Klang der Orgel zu vergleichen ist.«

      Gedenktafel am Haus Nithackstraße

      Wohnhaus Elisabeth Caland

      Nithackstraße 22

      10585 Berlin

      5 Carl-Schuhmann-Sporthalle (Charlottenburg)

      Turnhalle Schloßstraße 56

      Seien wir ehrlich: Die meisten Turnhallen sind reine Zweckbauten, eckige Kästen, deren wenige Fenster meist aus Glasbausteinen bestehen, damit sie nicht von umherfliegenden Bällen zerschlagen werden. Dass es auch anders geht, zeigt die Sporthalle in einer der vornehmsten Gegenden der Stadt, der Schloßstraße von Charlottenburg. Dem Architekten Hinrich Baller gelang das Kunststück, in die bestehende Häuserzeile eine transparente Halle zu integrieren, besser gesagt, zwei übereinander angeordnete Hallen mit organisch wirkenden Fenstern und sich verzweigenden Metallstäben. Mintgrün lackiert wirken sie wie oxidiertes Kupfer. Ihren Namen trägt die Sporthalle nach Carl Schuhmann (1869–1946), dem erfolgreichsten Teilnehmer der Olympischen Spiele von Athen im Jahre 1896. Vier Goldmedaillen hat er dort errungen, und das im wörtlichen Sinnen, gewann er doch nicht nur die Mannschaftswettbewerbe am Barren und Reck, sowie den Einzelsprung am Pferd, sondern zugleich das Ringen. Nach Berlin zurückgekehrt aber wurde er nicht gefeiert, sondern von der offiziellen Turnerschaft verhöhnt, welche das Streben nach Höchstleistungen ablehnte und auch die übrigen englischen Sportarten. Carl Schuhmann hat sich in der Zeit des »Dritten Reichs« vergeblich für seinen Freund und Trainer Alfred Flatow eingesetzt. Weil Flatow jüdischen Glaubens war, wurde er von den Nazis umgebracht.

      Häuser von Hinrich Baller finden sich über die ganze Stadt verstreut, man erkennt sie sofort an ihrem typischen Stil, den munter ausschwingenden Balkonen, der Vermeidung des rechten Winkels, der leichten, lichten Bauweise und dem markanten Mintgrün. Wer sich über den Standort seiner Turnhalle mokiert und sagt, das sei doch nichts für die altehrwürdige Schloßstraße, dem sei erwidert: Auch von gekrönten Häuptern ist bekannt, dass sie die Körperertüchtigung lieben. Kaiserin Sissi etwa hatte sich ihr eigenes Fitnessstudio in die Wiener Hofburg bauen lassen. Und wer weiß, würde Sophie Charlotte, die Bauherrin des nahen Schlosses, in unserer Zeit leben, würde man sie vielleicht durch den Schlosspark joggen sehen oder in der Carl-Schuhmann-Halle über den Balken schweben: Gymnastik royale.

      Carl-Schuhmann-Sporthalle

      Schloßstraße 56

      14059 Berlin

      6 Redaktion der Weltbühne (Charlottenburg)

      Sitz der ehemaligen Redaktion der Weltbühne in der Wundtstraße 65

      Kennen Sie Peter Panter? Oder Theobald Tiger? Oder vielleicht Ignaz Wrobel? Hinter all den Pseudonymen steckt ein und derselbe: Kurt Tucholsky. Er war so produktiv, dass er den Großteil der Weltbühne füllte, der Berliner Wochenzeitschrift für Politik, Kunst und Wirtschaft, und sich hinter anderen Namen versteckte, um nicht zu dominant zu erscheinen. Nach dem Tode des Gründers Siegfried Jacobsohn im Dezember 1926 wurde Tucholsky für kurze Zeit sogar selbst zum Herausgeber. Es war die Zeit der Wirtschaftskrise, des Ruhrkampfs. Mit scharfer Feder kämpfte der gebürtige Berliner gegen Revanchismus und Völkerfeindschaft, suchte den Friedenskurs und die Aussöhnung mit Frankreich. Die Weltbühne hatte nicht die höchsten Auflagen, ihr Einfluss auf die öffentliche Meinungsbildung aber war nicht zu unterschätzen. Gerne gelesen wurden nicht nur die politischen Artikel, sondern auch Tucholskys Glossen. Im Januar 1926, noch Korrespondent in Paris, beschrieb er das Benehmen seiner lieben Berliner im Ausland. Hier einige Auszüge aus der Weltbühne:

      »Es gibt zwei Sorten von Berlinern: die ›Ham-Se-kein-Jrößern?‹-Berliner und die ›Na-faabelhaft‹-Berliner. Die zweite Garnitur ist unangenehmer. Der nörgelnde Berliner ist bekannt. Er vergleicht alles mit zu Hause, ist grundsätzlich nicht begeistert, und, viel zu nervös, um in Ruhe etwas Fremdes auf sich wirken zu lassen, bekleckert er, was er sieht, mit faulen Witzen. Seine Stadt hat das schöne Wort ›meckern‹ erfunden. Dieser Berliner meckert.

      Sein Kollege, der ›Unerhöört‹-Berliner, tut etwas anderes, nicht minder Schauerliches. Ich hab jetzt seit etwa achtzehn Monaten lobende Berliner vor Augen gehabt, und wenn sie anerkennen, machen sie das so:

      Der lobende Berliner hebt sich zunächst selbst, wenn er lobt. Sein Lob, das meist kritiklos und unbegründet ist, bringt ihn in innige Verbindung mit dem gelobten Objekt, nach der Melodie: ›Was ich mir ansehe, ist eben immer gut – sonst sehe ich's mir gar nicht erst an!‹

      Hat der Berliner aber einmal gelobt, dann gibt’s keine Widerrede und vor allem nichts mehr am Ort, was nun noch des Lobes wert wäre. ›Wenn Se den nich jesehn ham, ham Se übahaupt nischt jesehn –! Dixit.‹

      Die Form des Berliner Lobes lässt deutlich erkennen, wie sehr der Tadel in dieser Stadt das Primäre ist – es wirkt immer wie ein ins Freundliche umgebogener, für dieses Mal nicht anwendbarer Tadel. ›Das ist schon sehr begabt!‹ – wieviel Huld, wieviel Leutseligkeit steckt darin! Dies Lob grüßt wie eine dicke Hand aus einer hochherrschaftlichen Limousine.

      Bevor der Berliner aber tadelt oder lobtadelt, setzt er sich gestrafft aufs Richterstühlchen, und niemals, unter keinen Umständen, ist er locker und unbefangen. Er will diss nu mal genau feststellen – und die eingezogenen Lippen und das leicht zurückgenommene Kinn demonstrieren, wessen sich das Objekt der Kritik zu gegenwärtigen hat. ›Na, nu zeijen Sie mal, was Sie könn!‹ Worauf sich Notre-Dame, Sacha Guitry, die Seine und die Sonne von Chantilly abzuschwitzen haben.

      Und ewig werde ich an das Wort eines Landsmanns denken, der nach vierwöchigem Aufenthalt das Wort der Worte über Paris gesprochen hat. Dieses: ›Paris – wat ist denn det für ne Stadt! Hier jibts ja nich mah Schokoladenkeks –!‹«

      Kurt Tucholsky wurde am 9. Januar 1890 in Moabit geboren. An seinem Geburtshaus in der Lübecker Straße 13 erinnert eine Tafel an den großen Publizisten, dessen großes Vorbild Heinrich Heine gewesen ist, eine weitere Tafel findet sich in Friedenau an der Bundesallee 79, wo er von 1920 bis 1924 lebte. Sein Einfallsreichtum war legendär. Um den Verkauf seiner Erzählung Rheinsberg: ein Bilderbuch für Verliebte zu fördern, hatte er auf dem Kurfürstendamm eine Bücherbar errichtet: Jeder, der ein Exemplar erwarb, bekam einen Schnaps dazu serviert. Sein Jurastudium brachte er nur mit Mühe zum Abschluss, er lebte schon ganz für die Schriftstellerei. Als er, zunehmend angefeindet, 1929 Deutschland verließ, schrieb er aus dem Exil Deutschland, Deutschland über alles, eine kritische Abrechnung mit dem dumpf-nationalen, bürgerlich-militärischen Denken vieler Deutscher. An deren Ende aber heißt es: »Deutschland ist ein gespaltenes Land. Ein Teil von ihm sind wir. Und in allen Gegensätzen steht – unerschütterlich, ohne Feier, ohne Leierkasten, ohne Sentimentalität und ohne gezücktes Schwert – die stille Liebe zu unserer Heimat.«

      Gedenktafel am Haus Wundtstraße 65

      Wer war der Mensch Tucholsky? Dazu die hübsche Anekdote einer Buchhändlerin. Ende der Zwanzigerjahre betrat ein sehr normal aussehender, untersetzter, etwas dicklicher Herr ihre Charlottenburger Buchhandlung, trat an den Tisch mit den Neuerscheinungen und suchte sich einige Bücher aus mit der Bitte, sie ihm zuzusenden. Als er seinen Namen nannte,

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