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eines Aufzuges) in den Keller, von dort in die Tiefgarage (über zwei fiese Treppenstufen) und den Einstieg in das Auto schafften. Hand in Hand spazierten wir durch den langen Flur des Krankenhauses zur neurologischen Ambulanz, meldeten uns an, absolvierten unsere erfreulich kurze Wartezeit und diskutierten kurz darauf mit Dr. Kloos die Situation. Das Amatadin schien meiner Mutter gutzutun und sollte daher wieder in die verordnete Medikation aufgenommen werden. Aber Mariannes Mobilität war gegenüber unserem ersten Besuch nicht besser, sondern eher schlechter. Aber das Ziel war ja gewesen, die Mobilität zu verbessern. Also, so diagnostizierte Dr. Kloos, musste die tägliche Dosis erhöht werden. Um dies zu erreichen, wechselte Dr. Kloos das Medikament, da Levodopa nur in einer doppelten Dosis pro Tablette verfügbar wäre. Eine vermutlich zu hohe Steigerung. Ein Verzicht durch einen reduzierten Einnahmerhythmus kam nicht infrage, weil der Wirkstoff im Körper schnell abgebaut wird und dann durch eine erneute Einnahme wieder aufgebaut werden muss. Dr. Kloos entschied sich für ein Drei-Komponenten-Medikament BCE, welches besser dosierbar war. Levodopa sollte nur noch zur Nacht in Retard Form, d.h. mit einer verzögerten Abgabe und damit einhergehendem verzögertem Abbau des Wirkstoffes eingenommen werden.

      Ausgestattet mit neuen Rezepten und einem neuen Termin, diesmal in ca. sechs Wochen verließen wir die Ambulanz. Ich brachte meine Mutter zum Wagen, half beim Einsteigen und bat sie, dort ein Viertelstündchen zu warten, während ich die Rezepte in die Apotheke brachte und bei ihrem Hausarzt den Medikamentenplan anpassen ließ. Sowohl die Apotheke als auch die Arztpraxis befanden sich in unmittelbarer Nähe des Krankenhauses. Insofern klappte alles schnell und problemlos.

      Doch bereits fünf Tage später verschlechterte sich Mariannes Zustand wieder. Weitere drei Tage später war ich wieder bei ihr eingezogen. Natürlich wieder zum Wochenende. Wieder gingen wir auf Levodopa zurück und wieder schrieb ich eine Mail an den Neurologen. Die Reaktion kam wiederum schnell, diesmal allerdings telefonisch. Ich schilderte den Hergang und Dr. Kloos bot an, meine Mutter stationär in der Neurologie aufzunehmen, um sie dort medikamentös besser einstellen zu können. Leider hatte die Station im Moment aber kein freies Bett, sodass er mich auf das Ende der Woche vertröstete.

      Da Marianne sich kaum bewegen konnte, konnte sie sich natürlich auch nicht mit Essen und Trinken versorgen. Da wir nicht wussten, wie lange der Zustand der stark eingeschränkten Mobilität anhalten würde, suchten wir nach Lösungen, die meine permanente Anwesenheit in ihrer Wohnung obsolet machen könnte. Das sofortige Engagement einer 24-Stunden-Kraft aus Polen schien noch keine Option. Erstens stand ja ein Krankenhausaufenthalt für die stationäre Einstellung der Parkinsonmedikation an und zweitens hatten wir natürlich die Hoffnung, dass nach der Rückkehr aus dem Krankenhaus Mariannes Mobilität wieder deutlich besser wäre und sie dann, wie noch vor einigen Wochen, wieder weitgehend allein zurechtkäme.

      Über eine Bekannte hatten wir erfahren, dass eine private Pflegerin, Fr. Bach, die jeden Morgen eine Nachbarin meiner Mutter versorgte, vielleicht noch freie Kapazitäten hätte. Die Bekannte hatte uns die Telefonnummer der Pflegerin besorgt und ich hatte bereits am Wochenende einen Gesprächstermin für den Montagabend ausgemacht. In dem Gespräch wurden wir uns schnell einig. Wir wollten es wie folgt miteinander versuchen. Fr. Bach sollte künftig morgens für eine Stunde zu meiner Mutter kommen, um ihr beim Aufstehen, Waschen, Ankleiden zu helfen und ihr das Frühstück machen. Mittags sollte sie Marianne ein einfaches Mittagessen zubereiten und am Abend einen Abendimbiss zaubern, sowie Marianne helfen, sich auszukleiden und zum Schlafen vorzubereiten. Die Aktivitäten von Fr. Bach sollten schon am übernächsten Tag, also donnerstagmorgens, beginnen. Wie aber schon erwähnt, sollte es dazu nicht mehr kommen.

      Nachdem die erneut veränderte Medikation bereits wieder eine geringe Verbesserung der Mobilität gebracht hatte, die es Marianne, wenn auch mit großer Mühe und minimaler Geschwindigkeit erlaubte, aufzustehen und mittels ihres Rollators zu gehen, hatten wir uns entschieden, meine Anwesenheit in ihrer Wohnung zu reduzieren. Ich fuhr am Montagabend gegen 21:00 Uhr, nachdem Marianne mit allem versorgt und im Bett war, nach Hause und kam am folgenden Morgen gegen 7:00 Uhr zurück, um ihr beim Aufstehen zu helfen. Dienstagabend verließ ich sie gegen 20:00 Uhr mit allem versorgt, aber noch im Sessel vor dem Fernseher sitzend. Sie wollte es allein in das Bett schaffen. Das hat aber so leider nicht geklappt. Denn das war die Nacht des Sturzes.

       3 Chirurgie

      Sobald ich am Morgen des Unfalls, mittlerweile in der Wohnung eingetroffen, das Wohnzimmer gesehen hatte, wurde mir klar, wie es in etwa gelaufen sein musste. Meine Mutter war vor dem Fernseher eingeschlafen. Sie hatte weder den Joghurt noch das Obst oder ihre Getränke angerührt, die ich ihr am Vorabend bereitgestellt hatte. Außerdem hatte sie ihre „zur Nacht-Dosis“ der Tabletten nicht genommen. Alles lag noch auf dem Tisch. Sie war wahrscheinlich in ihrem Sessel vor dem Fernseher eingeschlafen, musste dann irgendwann erwacht und beim Versuch den Rollator zu ergreifen gestürzt sein.

      Ich packte einige Kleidungsstücke zusammen, suchte den aktuellen Medikamentenplan heraus und packte die für den Tag vorgesehenen, bereits vorbereiteten Medikamente ein. Dann machte ich mich zu Fuß auf den Weg in das Krankenhaus. Zehn Minuten später, länger benötigt man nicht für den Weg, stand ich am Empfang und fragte nach dem Aufenthaltsort meiner Mutter. Sie war schon auf ein Zimmer in der Orthopädie gebracht worden. 2. Stock Zimmer 218. Im Stationsstützpunkt der Orthopädie erkundigte ich mich nach meiner Mutter und bekam sowohl die Lage ihres Zimmers beschrieben als auch den Auftrag, mit der Versichertenkarte meiner Mutter unverzüglich in der Notaufnahme vorstellig zu werden.

      Als ich das Zimmer betrat, fand ich Marianne schlafend vor. Daher begann ich damit, ihren Spind einzuräumen. Komisch, diese Krankenhausspinde. Viel Platz für das Aufhängen von Jacken, Hosen, Mänteln etc., aber mangels vorhandener Bügel nur sehr eingeschränkt nutzbar. Dagegen wenig Platz für die Ablage von T-Shirts, Pullover, Unterwäsche, Handtüchern. Und das meiste davon hoch oben. Kein Problem, ich bin groß und komme, mich ein bisschen reckend, da gut heran. Doch weder meine Mutter noch die meisten Schwestern dürften die dort von mir platzierten Sachen ohne eine Leiter oder ähnliche Hilfsmittel erreichen können.

      Da meine Mutter noch schlief, ging ich in die Notaufnahme und ließ dort die Versichertenkarte registrieren. Anschließend, weil auf dem Weg, zog ich noch am Automaten eine Zugangskarte für die Inbetriebnahme und Abrechnung des Telefon- und Fernsehanschlusses auf dem Zimmer und besorgte am Empfang die Bedienungsanleitung und einen Kopfhörer. Ich ging wieder hoch in die Chirurgie und übergab der im Stationsstützpunkt arbeitenden Schwester den Medikamentenplan, sowie die Tagesdosis von Mariannes Medikamenten. Zurück im Zimmer weckte ich meine Mutter, da ich neugierig war, was ihr denn nun passiert war. Leider konnte sie mir wenig Neues sagen. Nur, dass sie gestürzt sei und nun ihr Arm etwas schmerzte. Den Arm hatte man bereits mit einer Schiene versorgt. Marianne wusste weder, was sie für eine Verletzung hatte, noch wie es weitergehen sollte. Verständlich. Es war noch nicht einmal 9:00 Uhr. Also begab ich mich zum Stationsstützpunkt, um mehr zu erfahren, wurde aber an die Ärzte verwiesen. Doch ein Arzt war auf der Station nicht zu sehen. „Nein, derzeit ist kein Arzt anwesend, die sind am Operieren“, erfuhr ich von der Schwester auf meine Nachfrage. „Das dürfte noch einige Zeit dauern. Und ihre Mutter soll ja auch noch operiert werden.“

      Also zurück auf das Zimmer und warten. Marianne döste, ich las, die Minuten strichen dahin. Gegen 11:00 Uhr kam ein junger Mann mit einer Infusionsflasche. Er schien sehr nervös zu sein und schaffte es erst nach einigen Versuchen, den Schlauch an den Zugang zu fummeln. Da es sich nicht um eine übliche Plastikflasche mit Kochsalzlösung handelte, fragte ich nach dem Inhalt und Zweck. „Wegen dem Blut“ war die Antwort des Mannes, die er mir noch zuraunte, bevor er das Zimmer wieder verließ. Der Mann war dem Aussehen nach kein Mitteleuropäer. Ich vermutete, dass Deutsch nicht seine Muttersprache war und die Antwort deshalb etwas knapp ausgefallen war. Eine Verfolgung, um mehr zu erfahren, war somit wahrscheinlich zwecklos.

      Die nächsten Hinweise auf den Zustand meiner Mutter bekamen wir gegen 11:30 Uhr, als eine junge Dame, ausgestattet mit einem Tabletcomputer das Zimmer betrat und meiner Mutter das Küchenangebot für den nächsten Tag erläuterte, um anschließend ihre Bestellung aufzunehmen. Laut ihrer Information gäbe es aus medizinischer Sicht keine Notwendigkeit zu Einschränkungen in der Ernährung, das hieß, meine

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