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      Die ersten Klubfarben sind bayerisch »Weiß-Blau«. Der neue Klub allerdings ist alles – nur nicht bayerisch. Seine »Macher« kommen zu einem Großteil nicht aus München oder Bayern, sondern aus Berlin, Freiburg, Leipzig und Bremen.

      Erster Präsident des FC Bayern wird der Berliner Franz John, erster Schriftführer der Freiburger Josef Pollack, der auf dem Fußballfeld auch als erster Goalgetter des Klubs reüssieren wird. 1902 wird Pollack außerdem Vorstandsmitglied des Verbandes Süddeutscher Fußball-Vereine, dem der FC Bayern im Sommer 1900 beigetreten ist.

      Paul Francke, der erste Kapitän des FC Bayern, ist Sachse und von Wacker Leipzig zum neuen Klub gestoßen. Als 1. Kapitän ist Francke für das Training und die Aufstellung verantwortlich.

      Sein Stellvertreter, Wilhelm Focke, kommt aus Düsseldorf in die bayerische Metropole, stammt ursprünglich aber aus Bremen, wo sein Vater, Dr. Johann Focke, Senatssyndikus ist und 1900 das Historische Museum für bremische Altertümer gründet. 1918 wird das Museum zu Ehren seines Gründers in »Focke-Museum« umbenannt und heißt heute offiziell »Focke Museum – Bremer Landesmuseum für Kunst- und Kulturgeschichte«. Passenderweise ist Wilhelm Fockes Mutter Louise eine Nichte des französischen Malers Souchay de la Duboissière.

      In Bremen hat Focke beim Bremer SC gekickt, einem der ältesten Fußballklubs Norddeutschlands und um die Jahrhundertwende Bremens Nummer eins. In München studiert Focke an der Königlichen Akademie für Bildende Künste beim amerikanisch-deutschen Maler Carl von Marr, Sohn eines deutschen Auswanderers und Kupferstechers. Carl Marrs nachhaltigster Eintrag in die Kunstgeschichte ist sein 1889 entstandenes Monumentalgemälde »Die Flagellanten«, das sich im Besitz des Museum of Wisconsin Art befindet.

      Ein Dortmunder Pionier in München

      Zu den Gründern des FC Bayern gehört auch der aus Dortmund stammende Benno Elkan, Sohn der jüdischen Kaufmannseheleute Salomon und Rosa (geb. Oppenheimer) Elkan. Schneidermeister Salomon Elkan ist Mitinhaber eines Herrentextilgeschäfts in der Dortmunder Innenstadt und zudem ein bedeutender Schachpionier seiner Stadt – Wegbereiter, Mitbegründer, Motor, Präsident und erster Ehrenpräsident des Dortmunder Schachvereins von 1875. Zu seinen Ehren wird alljährlich beim Dortmunder Sparkassen Chess-Meeting, einem der renommiertesten Schachturniere Deutschlands mit internationalen Spitzenspielern, der Salomon-Elkan-Preis verliehen.

      Sohn Benno Elkan zählt zu Dortmunds Fußballpionieren. Er hatte zunächst eine kaufmännische Lehre absolviert, die er als höchst ungenügend empfand und die ihn nur langweilte. So berichtet er in seinen bislang unveröffentlichten (und vom BVB-Historiker Gerd Kolbe entdeckten) autobiografischen Notizen: »Es waren tote Jahre, nur belebt durch einen Kreis anderer Lehrlinge, denen ich das in Deutschland fast unbekannte Fußballspiel beibrachte. Wir zogen am Sonntagnachmittag aufs Land, baten einen Bauern um die Erlaubnis, seine Wiese benutzen zu können, rammten das Goal ein und spielten los. Langsam gewannen die Burschen Lust daran, wir sparten unser Taschengeld und ließen uns einen richtigen Ball von England kommen. Dann fingen wir ganz langsam an, unseren knappen Mitteln entsprechend, denn in jenen Zeiten arbeiteten wir nicht nur bis abends 8 Uhr und auch Sonntag vormittags ein oder zwei Stunden, Chef und Commis und Lehrling ›wegen der Post‹, sondern wir Lehrlinge bekamen auch keinerlei Gehalt. Also mit den gleichartigen Sweatern und den Mietzen ging es noch, nur die echten Fußballschuhe aus England kamen erst sehr, sehr langsam in unsern wirklichen Besitz. Mittwochabend war die Zusammenkunft mit viel Bier und Rauch und Gesang, ein richtiger deutscher Verein entstand bei den Erben. Ich dichtete ein Fussball-Lied, das nach der Melodie von Luetzows Jaegern flott und herausfordernd gesungen wurde. Es wurde Jahrzehnte später noch gesungen und vielleicht noch heute, da der Dichter längst den Augen und dem Gedächtnis entschwunden ist, und vielleicht noch in all den Städten, in denen die zerstreuten Kollegen neue Vereine gegründet haben, sodass ich als einer der Großväter des deutschen Fußballsports angesehen zu werden, mich rühmen kann. Obwohl es niemand andres tut und weiß – so für mich selbst.«

      1895 ist Elkan an der Gründung der ersten Fußballvereinigung in der Stadt beteiligt, dem Dortmunder Fußballclub 1895 (DFC 95). Der DFC war wie der FC Bayern (und anders als später der BVB) ein bürgerlicher Verein, der von Schülern des Real-Gymnasiums in der Dortmunder Luisenstraße ins Leben gerufen wurde.

      Doch Elkan widmet sich intensiv auch der Kunst: »Langsam wuchs nun aus jenen unbekannten Tiefen und Gründen ein leichter Hang zum Künstlerischen, und da so etwas wie die Bildhauerei mir und auch der Stadt und ihren Bewohnern völlig fremd war, ging dieser Hang in die Richtung des Malens. Man hatte Bilder in Zeitschriften gesehen, Aufsätze in Zeitungen gelesen, ganz, ganz wenige, wenn überhaupt, hatten ein Museum gesehen. Kunst hieß Malen. Ich begann also zu malen, und da ich keinerlei Anweisung hatte, ganz auf eigene Faust. (…) Dann malte ich als erste Figur einen Fussballspieler in Aktion; ich sehe ihn noch heute vor mir, und so primitiv er war, es war als eine aus dem Nichts entstandene Leistung sehr gut.«

      Seine künstlerischen Ambitionen führen Benno Elkan nach München. Ab dem 2. Dezember 1897 ist er in der Stadt registriert. An der privaten Kunstschule des Malers Walter Thor bereitet er sich auf die Aufnahmeprüfung an der Kunstakademie vor.

      Elkan besteht die Prüfung und studiert an der Kunstakademie beim Maler Johann Caspar Herterich. Zur Zeit der Bayern-Gründung wohnt er in der Arcisstraße 54 in der Maxvorstadt – also im Studenten- und Universitätsviertel und in unmittelbarer Nachbarschaft zu Schwabing.

      Der erste Mäzen

      Erster Mäzen des FC Bayern ist der angesehene Kochherd- und Ofenfabrikant Friedrich Wamsler sen., Vater der Bayern-Gründungsmitglieder Fritz und Karl Wamsler. 1875 hatte Wamsler eine Werkstatt in München bezogen. Dort arbeitete er zunächst als Kunstschmied. Aber die Tätigkeit ist nur Mittel zum Zweck. Wamsler benötigt Geld für die Verwirklichung seiner Idee eines leicht transportablen Sparherdes. Von der Münchner Presse groß angekündigt, eröffnet Wamsler 1877 eine »Spar- und Kochherdfabrik« (das Unternehmen existiert noch heute als Wamsler Koch und Küchen GmbH). Im selben Jahr kommt der erste transportable Spar-herd auf den Markt. Ein Jahr später avanciert Wamsler zum königlichen bayerischen Hoflieferanten.

      1901 stellt Friedrich Wamsler dem FC Bayern an der Schwabinger Clemensstraße ein Gelände für den ersten eigenen Platz zur Verfügung. Sohn Fritz, das FC-Bayern-Gründungsmitglied, wird das Familienunternehmen von seinem Vater übernehmen und weiter ausbauen. Er betätigt sich auch politisch und wird von 1928 bis 1932 für die Bayerische Volkspartei (BVP) im bayerischen Landtag sitzen.

      In den Inflationsjahren nach dem Ersten Weltkrieg bemüht sich die Firma Wamsler, ihre Kapitaldecke durch Umwandlung in eine Aktiengesellschaft zu vergrößern. Dabei hilft ihr das jüdische Bankhaus H. Aufhäuser. Unternehmensgründer Heinrich Aufhäuser gehörte viele Jahre dem Vorstand der Münchner Israelitischen Kultusgemeinde an. Das Haus Aufhäuser, zeitweise Hausbank des FC Bayern, zählt zu den angesehensten Privatbanken Deutschlands. Zu seinen Kunden gehören auch die Familie von Thomas Mann, Herzog Luitpold von Bayern und der deutsch-amerikanische Musikwissenschaftler Alfred Einstein.

      Freiburg, Schwabing und die Maxvorstadt

      Gustav Randolph Mannings Pläne mit dem FC Bayern können nur funktionieren, wenn der neue Klub erfolgreich ist und möglichst schnell zur ersten Kraft in der Metropole wird. Daher unterstützt er die Bayern durch Gastspieler seines Freiburger FC. Es handelt sich dabei um die Studenten Ernst Schottelius, August Falschlunger, Theo Schillig, Hermann Geis und Hermann Specht.

      Die Rechnung geht auf, denn die Neugeburt startet furios. Die ersten 14 Spiele enden allesamt mit einem Sieg des FC Bayern. So wird beim zweiten Auftritt der Stammverein MTV 1879 mit 7:1 von der Theresienwiese gefegt.

      Nachdem Schottelius und Co. ihre Mission erfüllt haben, kehren sie nach Freiburg zurück. Schottelius promoviert 1903 zum Doktor der Medizin. 1904 zieht er nach Berlin und anschließend nach Leipzig. In seiner Freizeit widmet sich der Fußballpionier nun primär dem Skisport, über den er auch einige Fachbücher veröffentlicht.

      Wie der Freiburger FC ist auch der FC Bayern ein elitärer und vornehmer Klub. Laut FFC-Chronist German Kramer war es Josef Pollack, der die Freiburger Kleiderordnung in München einführt: Auch über die frühen Bayern wird

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