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Bayer wohn­te in Nürn­berg bei Hein­rich Wei­gel auf dem Milch­markt oder bei Al­brecht Eb­ner auf dem Salz­markt.

      Ei­nen großen Raum be­deck­te das Spi­tal mit den da­zu­ge­hö­ri­gen Ge­bäu­lich­kei­ten. Es war fast im­mer dem Hei­li­gen Geist ge­weiht; die Lei­tung stand ent­we­der bei der Geist­lich­keit und der Stadt zu­sam­men oder bei der Stadt al­lein. Es nahm Kran­ke, Arme, Wöch­ne­rin­nen, alte Leu­te, Pil­ger, Wan­de­rer auf und be­her­berg­te sie je nach den Um­stän­den für ei­ni­ge Näch­te oder für Le­bens­zeit. Ge­wöhn­lich war das Spi­tal sehr reich; es be­saß Dör­fer, die re­gel­mä­ßi­ge Ab­ga­ben leis­te­ten, aber auch ein­zel­ne Höfe und Ge­recht­sa­me, und es ver­füg­te über Stif­tun­gen, in­fol­ge wel­cher die In­sas­sen an ge­wis­sen Ta­gen wei­ßes Brot oder Wein und Bier oder Bä­der er­hiel­ten. Ei­ni­ge Her­ren aus dem Rat hat­ten die Ver­wal­tung des Spi­tals zu über­wa­chen. Das Le­pro­sen­haus, das dem hei­li­gen Ge­org ge­weiht war, pfleg­te der An­ste­ckung we­gen vor den To­ren zu lie­gen; mit ihm war wie mit dem Spi­tal eine be­son­de­re Kir­che oder Ka­pel­le ver­bun­den.

      Nicht nur die Kran­ken­pfle­ge nahm die Stadt der Kir­che ab, son­dern auch die Ar­men­pfle­ge, wenn auch die der Kir­che we­der ganz aus­ge­schal­tet noch ent­behrt wer­den konn­te. Ob­wohl die Zünf­te ihre Mit­glie­der nicht ver­elen­den lie­ßen, so gab es doch in den Städ­ten sehr viel Arme; denn nicht alle Hand­wer­ker wa­ren in Zünf­te zu­sam­men­ge­fasst, und au­ßer­dem gab es Ta­ge­löh­ner und eine Men­ge an­de­rer Leu­te ohne be­stimm­ten Be­ruf und re­gel­mä­ßi­ge Ein­nah­me. Man­che wur­den in den Spi­tä­lern ver­sorgt, man­chen ka­men Stif­tun­gen zu­gu­te, die die wohl­ha­ben­den Bür­ger reich­lich zu Leb­zei­ten oder im Te­sta­ment an­ord­ne­ten. Die re­gie­ren­den Fa­mi­li­en fühl­ten sich so­wohl für die Ord­nung wie für die Ver­wirk­li­chung der sitt­li­chen For­de­run­gen in ih­rer Stadt ver­ant­wort­lich. Die Kir­chen­vä­ter hat­ten einst die groß­ar­ti­ge Auf­fas­sung ver­tre­ten, man sol­le nicht sa­gen, es sei­en nur die wür­di­gen Ar­men zu un­ter­stüt­zen; denn die Ar­mut sei es eben, die wür­dig ma­che. Dies gött­li­che Al­ler­bar­men konn­te wohl von der Kir­che und von ein­zel­nen, nicht von ei­ner Stadt­ver­wal­tung ge­übt wer­den. Ihr kam es haupt­säch­lich auf Ord­nung an, der zu­lie­be mit den sie Stö­ren­den nicht viel Fe­der­le­sens ge­macht wur­de. Mit den ein­hei­mi­schen Ar­men wur­de man ei­ni­ger­ma­ßen fer­tig, läs­ti­ger war das von aus­wärts zu­strö­men­de Ge­sin­del, das sich be­denk­lich ver­mehr­te, als das Ost­land auf­hör­te, Ko­lo­nis­ten an sich zu zie­hen. Um die Hei­mat­lo­sen we­nigs­tens christ­lich zu be­stat­ten, wenn sie star­ben, bil­de­ten sich in den Städ­ten Elen­den-Bru­der­schaf­ten. Im Jah­re 1313 stif­te­te Bi­schof Al­bert von Hal­ber­stadt ein Grund­stück für einen Fried­hof, auf wel­chem, wie es in der Ur­kun­de heißt, alle die Schwa­chen, Ar­men, Hei­mat­lo­sen, die von Krank­hei­ten heim­ge­sucht und ver­las­sen auf der Stra­ße la­gen, mensch­li­chen Tros­tes be­raubt, ru­hen soll­ten. In Frank­furt am Main wur­de im Jah­re 1315 die ers­te Her­ber­ge für Land­strei­cher ge­grün­det. Das frag­wür­di­ge Volk, das nicht an­säs­sig war, wur­de von Zeit zu Zeit aus der Stadt ver­jagt. Die Jus­tiz war schnell und hart, ein ge­rin­ger Dieb­stahl wur­de oft mit dem Tode be­straft. Vi­el­leicht aber war ein schnel­ler Tod am Gal­gen oder durch das Schwert dem Ver­fau­len im Turm vor­zu­zie­hen. Dort ließ man wohl Un­ver­bes­ser­li­che aus den re­gie­ren­den Fa­mi­li­en ver­schwin­den. Im All­ge­mei­nen wur­den die an­ge­se­he­nen Per­so­nen, wenn sie sich schwer ver­gan­gen hat­ten, im ei­ge­nen Hau­se in Haft ge­hal­ten. Ein ei­gent­li­ches Ge­fäng­nis­we­sen gab es nicht.

      Um­schlos­sen war die Stadt von der Mau­er, die, wenn sie auch nicht von An­fang an zum We­sen der Stadt ge­hör­te, doch ihr We­sen be­sie­gel­te. Sie run­de­te die Tei­le der Stadt zu ei­ner Ein­heit ab, leg­te einen Gür­tel um die Nach­barn, schirm­te sie vor den Fein­den drau­ßen, ver­bürg­te ih­nen die Si­cher­heit, ohne die der fried­li­che und freie Cha­rak­ter der Stadt sich nicht hät­te ent­fal­ten kön­nen. Sie ver­lieh der Bür­ger­schaft das Ge­fühl der Un­ver­letz­lich­keit, das dem ein­zel­nen Rit­ter sein Har­nisch gab. Ehe die Städ­te frei wa­ren, er­streb­ten die Bür­ger das Recht, die Mau­ern zu ver­tei­di­gen, und wenn sie das be­sa­ßen, hat­ten sie schon die Hand auf die Frei­heit ge­legt. Ih­rer Auf­ga­be, die Stadt vor Über­fall oder Erobe­rung zu schüt­zen, ha­ben die Mau­ern in er­staun­lich ho­hem Gra­de ge­nügt. Un­zäh­li­ge Male ha­ben sich Hee­re von Kö­ni­gen und Fürs­ten vor ei­ner Stadt ver­blu­tet, fast im­mer muss­ten sie nach schwe­ren Ver­lus­ten die Be­la­ge­rung auf­ge­ben. Wie stolz die Bür­ger auf ihre Mau­er wa­ren, zeig­te sich nicht nur in der Sorg­falt, mit der ihr Zu­stand über­wacht wur­de, son­dern auch in der das Auge er­freu­en­den Aus­ge­stal­tung. Die Tür­me, die die Mau­er in ge­wis­sen Ab­stän­den durch­bra­chen, dienten dem Zweck der Ver­tei­di­gung, und dass sie einen mar­sch­ähn­li­chen, he­ro­i­schen Rhyth­mus er­zeug­ten, ist nur ein zu­fäl­li­ges Er­geb­nis; aber der Bau­meis­ter be­müh­te sich, auch in die Ge­stal­tung der Tür­me Ab­wechs­lung zu brin­gen, und schmück­te sie mit Wap­pen, Ad­lern, Kai­ser­bil­dern, Sprü­chen. Mit be­son­de­rem Schwung ge­stal­te­te und schmück­te man die Tore. Sie ver­kün­de­ten dem Bür­ger, der sei­ne Kühe aus- und ein­trieb, dem Kauf­mann, der sei­ne Wa­ren ein­führ­te, dem Feind, der die Stadt er­stür­men woll­te, dem Fürs­ten, der sie be­such­te, dass hier eine mäch­ti­ge Herr­schaft be­gin­ne, die zu schüt­zen, zu stra­fen und sich zu weh­ren wis­se. Drau­ßen dicht an der Mau­er wa­ren die Müh­len, ein wert­vol­ler Be­sitz der Stadt, dann ka­men Gär­ten, Äcker und Wei­den, die wie­der­um durch eine Ver­schan­zung ge­schützt wa­ren. Die Dör­fer in der Run­de bil­de­ten das nächs­te, si­che­re Ab­satz­ge­biet für die Wa­ren der Stadt und muss­ten ihre Pro­duk­te auf die Märk­te der Stadt brin­gen.

      Das teu­ers­te, best­ge­hü­te­te Be­sitz­tum der Stadt wa­ren ihre Pri­vi­le­gi­en von den Lan­des­her­ren, ganz be­son­ders die der Kai­ser, auf de­nen die Reichs­frei­heit be­ruh­te. Es ka­men Zei­ten, wo die Leis­tun­gen der Reichs­städ­te fast die ein­zi­ge si­che­re Ein­nah­me des Kai­sers aus­mach­ten; auf ihre An­häng­lich­keit konn­te er im­mer rech­nen. Im Ge­gen­satz zu Fürs­ten und Rit­tern nann­ten sie sich wohl kurz­weg das Reich. Ih­nen ge­hör­te der Kai­ser in ei­ner be­son­de­ren Wei­se, das präg­ten sie in Sym­bo­len, Wap­pen, Fah­nen al­len Au­gen sicht­bar aus. An ei­nem Kron­leuch­ter im Rat­haus zu Gos­lar war der Vers an­ge­bracht: »O Gos­lar, du bist zu­ge­tan – Dem hei­li­gen Rö­mi­schen Rei­che – Son­der Mit­tel und Wahn – Du kannst da­von nicht wei­chen.« Über dem Os­ten­tor in Dort­mund stand: »Dus stat ist vry – Dem Ri­che holt – Ver­ko­ept das nicht umb al­les Golt.« Ein Edel­knecht des Burg­gra­fen von Nürn­berg, der mut­wil­lig ein Ad­ler­bild am Tore der Stadt Ro­then­burg be­schä­digt hat­te, wur­de hin­ge­rich­tet; so hei­lig hielt man das kai­ser­li­che Zei­chen. Bei den häu­fi­gen Kämp­fen zwi­schen Papst und Kai­ser brach­te die in­ni­ge Be­zie­hung der Städ­te zum Kai­ser einen Ge­gen­satz zur Kir­che mit sich. In den Bi­schofs­städ­ten be­stand die­ser Ge­gen­satz oh­ne­hin durch das Be­stre­ben, sich von der Herr­schaft des Bi­schofs frei zu ma­chen, der noch dazu häu­fig zum Papst an­statt zum Kai­ser hielt. Dem Kai­ser zu­lie­be trotz­ten die Städ­te so­gar dem In­ter­dikt. Es war den Stadt­be­woh­nern nicht gleich­gül­tig, wenn die ma­gi­sche Hül­le von Glo­cken­klang und Ge­bet, die sie um­schirm­te, zer­fiel, und ihre Gie­bel nüch­tern und stumm

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