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Studium, Beruf, Hochzeit, Haus bauen, Kinder … das war was für die anderen.«

      »Bis jetzt«, verkündete Milan triumphierend.

      Muriel fuhr zu ihm herum.

      »Heißt das … heißt das, ich bin … ich bin …«

      »Genau. Das heißt es. Du. Bist. Gesund.« Milan lachte über’s ganze Gesicht. Er breitete die Arme aus.

      Muriel zögerte kurz. Dann stürzte sie sich auf ihn. Sprang rittlings in seinen Schoß. Zerzauste sein Haar. Küsste ihn, als gäbe es kein Morgen mehr.

      Die Welt drehte sich noch um Milan, als sie sich von ihm löste. Sie kletterte von ihm herunter. Warf das Rapunzelhaar auf den Rücken und strich das Glitzershirt glatt. Was für eine Frau!, ging es Milan durch den Kopf. Für sie würde er glatt monogam werden. Wenigstens für ein paar Monate.

      Aber was war das? Warum ging sie zur Tür?

      »Wo gehst du hin?«, rief er ihr nach.

      Die Hand auf der Klinke, drehte sie sich noch einmal um.

      »Ich gehe nach Hause und packe meine Sachen.« Muriel zwinkerte ihm zu. »Weißt du nicht mehr? Patagonien.«

      »Aber ich dachte, du bleibst hier. Ich meine, jetzt, da du gesund bist, könnten wir doch noch ein bisschen Spaß zusammen haben.«

      »Ach ja?« Muriel warf den Kopf in den Nacken und lachte. »Hast du dich etwa in mich verliebt?« Sie schickte ihm eine Kusshand.

      Das Nächste, was Milan Aydin mitbekam, waren Muriels Schritte, die sich entfernten und schließlich auf dem Klinikflur verhallten.

      *

      Nach seinem Besuch bei Anette Pastor konnte Matthias es nicht erwarten, zwei gute Nachrichten an den Mann respektive die Frau zu bringen. Ob Sophie noch in der Klinik war? Er suchte und fand sie im Klinikgarten. Leas Kinderwagen stand neben der Parkbank.

      »Ist es nicht ein herrlicher Tag?« Sie sah von ihrem Buch auf – Prüfungsvorbereitung Differenzialdiagnostik und Differenzialtherapie in der Inneren Medizin – und hielt das Gesicht in die Sonne. »Meinetwegen könnte das ganze Jahr über Sommer sein.«

      Matthias setzte sich neben sie.

      »Der Wechsel der Jahreszeiten hat aber durchaus seinen Charme«, gab er zu bedenken.

      »Stimmt auch wieder.« Sophie öffnete die Augen wieder und drehte sich zu ihm.

      »Wir könnten uns darauf einigen, dass der Winter kürzer sein sollte.«

      »Einverstanden.«

      Ihr gemeinsames Lachen wehte über den Rasen. Es klang wie Musik in Matthias’ Ohren. Aber empfand Sophie dasselbe?

      »Übrigens hat Daniel gerade angerufen. Nina hat sehr gute Chancen, dass das Insulinom gefunden wird und sie operiert werden kann.«

      Sophie presste die Hände aufs Herz und strahlte ihn an wie die Sonne persönlich.

      »Ein Glück! Ich hatte solche Angst um sie.«

      Aber Matthias war noch nicht fertig.

      »Außerdem komme ich gerade von Anette Pastor.«

      Sophies Pupillen weiteten sich.

      »Und? Hast du mit ihr gesprochen? Was hat sie gesagt?«

      »Dass sie ihrem Mann vorschlagen will, gemeinsam Sport zu treiben. Eine Walking-Gruppe zu besuchen, zum Beispiel.«

      Sophie klatschte in die Hände wie ein kleines Kind beim Anblick einer Eiswaffel.

      »Aber das ist ja großartig!« Mitten in der Bewegung hielt sie inne. »Warum machst du denn so ein Gesicht?«

      »Ich habe mich gefragt, wer ich eigentlich bin, dass ich solche Ratschläge erteile«, gestand Matthias. »Wenn ich doch selbst nicht in der Lage bin, eine anständige Beziehung zu führen.«

      Langsam ließ Sophie die Hände sinken.

      »Dazu gehören immer noch zwei.« Tapfer widerstand sie der Versuchung, seinem Blick auszuweichen. »Ich wollte es ja lange nicht einsehen. Aber ich glaube, ich habe meinen Teil dazu beigetragen, dass es nicht geklappt hat mit uns.«

      Matthias’ Herz tanzte Tango. Aber was, wenn er sich täuschte? Wenn er die Signale, die Sophie aussandte, wieder einmal missverstand? Wie so oft. Andererseits: Was hatte er zu verlieren?

      Ohne noch länger darüber nachzudenken, rutschte er von der Bank. Fand sich knieend vor Sophie wieder. Ihre Hand in seiner ruhend. Täuschte er sich, oder zitterte sie?

      »Heißt das … ich meine … « Er schluckte und räusperte sich. »Willst du es noch einmal mit mir versuchen?« Aber was war das? Warum sah Sophie ihn an, als wollte sie ihn fressen?

      »Ich dachte, du wiederholst deinen Heiratsantrag«, beantwortete sie seine stumme Frage postwendend.

      War denn das die Möglichkeit? Adrenalin flutete Matthias’ Adern. Er rappelte sich hoch. Einen Moment lang war er versucht, Sophies Hand fallen zu lassen. Davonzulaufen und nie wieder zu kommen. Doch sein Herz war anderer Meinung. Statt sie loszulassen, riss er sie an sich. Nase an Nase standen sie voreinander. So eng, dass sie die Pünktchen in ihren Pupillen sehen konnten.

      »Kannst du eigentlich ein Mal, nur ein einziges Mal, mir die Entscheidung überlassen?«, fragte Matthias mit bebender Stimme.

      Wie bitte? Im Ernst? Sophie lachte?

      »Na gut. Ein Mal«, raunte sie ihm zu. »Aber beschwer dich hinterher nicht«, drohte sie noch, ehe sie ihn küsste, bis Lea in ihrem Kinderwagen wütend protestierte.

Ausnahmezustand

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