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weshalb ist dies denn hassenswerth? Doch nur, weil es schlecht ist. Aber selbst, wenn Du den Freund nicht verlässt, um keine Unannehmlichkeiten davon zu haben, so musst Du ihm doch den Tod wünschen, damit Du nicht nutzlos an ihn gebunden seiest. Aber wie dann, wenn der Freund Dir nicht blos keinen Nutzen gewähren sollte, sondern Opfer an Vermögen für ihn gebracht, Arbeiten übernommen, das eigne Leben auf das Spiel gesetzt werden muss; wirst Du auch dann keine Rücksicht auf Dich nehmen und nicht denken, Jeder sei nur für sich und seine Lust auf der Welt? Würdest Du Dich als Bürge für den Freund dem Tyrannen zum Tode überliefern, wie es jener Pythagoreer bei dem sizilischen Tyrannen gethan? Oder würdest Du, wenn Du Pylades wärst, Dich für den Orest ausgeben, um für den Freund zu sterben? Oder wenn Du Orest wärest, würdest Du dem Pylades widersprechen, Dich selbst angeben und, wenn Du dies nicht darthun könntest, bitten, dass ihr Beide zugleich getödtet wurdet?

      Kap. XXV. (§ 80.) Du, Torquatus, würdest allerdings so handeln, denn ich meine, dass Du nichts Lobenswerthes aus Furcht vor dem Tode oder vor Schmerzen von Dir weisen würdest; aber es handelt sich nicht um das, was Deiner Natur, sondern was Deiner Lehre entspricht. Der Grundsatz, den Du vertheidigst, die Lehren, die Du gehört hast und billigst, zerstören von Grund aus die Freundschaft, wenn auch Epikur, wie wir sehen, sie lobend bis in den Himmel erhebt. – Du sagst, er habe doch selbst an seinen Freunden festgehalten. – Indess wer leugnet denn, dass er ein guter, freundlicher und milder Mann gewesen ist? Es handelt sich bei unserer Erörterung um seinen Verstand, nicht um sein Verhalten. Lassen wir den leichtsinnigen Griechen die Verkehrtheit, dass sie Die mit Schimpfreden verfolgen, mit denen sie in der Wahrheit nicht übereinstimmen. Epikur mag wohlwollend gewesen sein und seine Freunde beschützt haben, allein wenn, was ich hier gesagt, wahr ist, denn mit Bestimmtheit will ich es nicht behaupten, so war er nicht eben scharfsinnig. – (§ 81.) Aber, sagst Du, er hat doch Viele überzeugt. – Du magst Recht haben, allein das Zeugniss der Menge wiegt nicht gerade schwer. In allen Künsten, Bestrebungen und Wissenschaften, selbst in der Tugend ist das Beste immer das Seltenste. Und wenn Epikur selbst ein guter Mann gewesen und viele seiner Anhänger es gewesen und heute sind; wenn sie treue Freunde, im Leben fest und ernst; wenn sie ihr Handeln nicht nach der Lust, sondern nach der Pflicht bestimmen, so scheint mir dies nur für die stärkere Kraft der Sittlichkeit und für die schwächere der Lust zu sprechen. Denn Manche leben so, dass ihre Reden durch ihr Leben widerlegt werden. So wie man von gewissen Leuten meint, dass sie besser sprechen als sie handeln, so scheinen mir diese besser zu handeln als sie sprechen.

      Kap. XXVI. (§ 82.) Indess trifft dies noch nicht die Sache; ich will vielmehr erwägen, was Du über die Freundschaft gesagt hast. Eins davon glaube ich als einen Aussprach Epikur's selbst zu erkennen, nämlich, dass die Freundschaft von der Lust nicht getrennt werden könne, und dass man sie deshalb pflegen müsse, weil man ohne Freunde weder sicher und fruchtlos, noch angenehm leben könne. Darauf habe ich schon hinlänglich geantwortet. Dagegen hast Du eine wohlwollendere Ansicht neuerer Epikureer erwähnt, die, so viel ich weiss, Epikur selbst nie ausgesprochen hat. Danach suche man allerdings den Freund zunächst des Nutzens wegen, aber nach längerem Umgang liebe man ihn auch um sein selbst willen, selbst wenn keine Lust davon erwartet werden könne. Man kann eine solche Ansicht zwar noch mehrfach tadeln, indess nehme ich an, was mir damit geboten wird; denn mir genügt es, wenn auch nicht Euch, dass Ihr hier einmal anerkennt, es könne auch ein Sittliches geben, wobei keine Lust gesucht oder erwartet werde. (§ 83.) Auch hast Du erwähnt, dass nach Andern die Weisen eine Art Bund mit einander schliessen, wonach sie ihre Freunde ebenso behandeln wollen, wie sie gegen sich selbst gesinnt seien; dies sei nicht blos möglich, sondern auch oft geschehen und führe vorzüglich zur Erreichung der Lust. Sollten sie indess einen solchen Bund haben schliessen können, so mögen sie auch einen schliessen, wonach sie die Billigkeit, die Mässigkeit und alle Tugenden um ihrer selbst willen, ohne Nutzen, lieben wollen. Wenn man aber die Freundschaft nur um der Früchte, der Vortheile und des Nutzens wegen pflegt und die liebende Gesinnung dabei fehlt, welche die Freundschaft um ihrer willen, freiwillig und durch sich selbst erstrebt, ist es da zweifelhaft, dass Landgüter und Zinshäuser den Freunden werden vorgezogen werden? (§ 84.) Wenn Du auch hier wieder au die vortrefflichen Worte Epikur's erinnerst, mit welchen er die Freundschaft preist, so kommt es mir hier nicht auf das an, was er sagt, sondern was mit seiner Lehre sich verträgt. Er lässt die Freundschaft des Nutzens wegen suchen. Aber meinst Du, unser Triarius hier werde Dir so nützlich sein können, als die Kornspeicher im Puteoli, wenn sie Dein wären? Suche Alles zusammen, was Ihr hier zu sagen pflegt; also auch den Schutz durch die Freunde; allein Du hast schon an Dir selbst, an den Gesetzen und an den gewöhnlichen Freundschaften Schutzes genug; dies wird genügen, Dich gegen Verachtung zu schützen, und dabei wirst Du weder Hass noch Neid gegen Dich erwecken, was doch die Ziele sind, für welche Epikur seine Lehren giebt. Und wenn Du Deine Einkünfte freigebig verwendest, so wirst Du auch ohne jene Pyladeische Freundschaft durch das Wohlwollen Vieler vortrefflich geschützt und gesichert sein. – (§ 85.) Aber, sagst Du, mit wem kann ich denn scherzen und ernsthaft sprechen, wie man sagt; mit wem meine Geheimnisse und das Verborgene besprechen? – Am besten mit Dir; dann auch mit einem gewöhnlichen Freunde. Aber selbst wenn es nicht unvortheilhaft wäre, was will es sagen im Vergleich mit dem Nutzen von so viel Geld? Du siehst also, dass, wenn man die Freundschaft nach der liebevollen Gesinnung messen will, es nichts Vortrefflicheres giebt als sie, geschieht es aber nach dem Nutzen, so werden die vertrautesten Verbindungen von dem Ertrage eines fruchtbaren Landguts übertroffen. Mich selbst musst Du also lieben, nicht das Meine, wenn wir wahre Freunde werden wollen.

      Kap. XXVII. Wir verweilen indess zu lange bei diesen klaren Dingen. Wenn es erreicht ist und feststeht, dass für die Tugend und die Freundschaft niemals Raum ist, wo Alles nur auf die Lust bezogen wird, so bleibt im Uebrigen nicht mehr viel zu sagen, um indess nichts unbeantwortet zu lassen, erwidere ich noch Einiges auf Deine übrigen Aeusserungen. (§ 86.) Wenn Ihr den ganzen Inhalt der Philosophie nur auf das Glück bezieht, und wenn die Menschen sich nur deshalb dem Studium derselben zugewendet haben, und wenn ein Jeder das Glück in etwas Anderem sucht. Ihr aber in der Lust und alles Elend in dem Schmerz, so will ich zunächst untersuchen, wie Euer glückliches Leben beschaffen ist. Und hier glaube ich, Ihr werdet zugeben, dass, wenn es überhaupt ein Glück giebt, es ganz dem Weisen zu Gebote stehen muss. Jedes glückliche Leben, was man verlieren kann, ist kein glückliches. Wer soll Vertrauen auf dessen Beständigkeit und Festigkeit haben, wenn es zerbrechlich und hinfällig ist. Wem aber das Vertrauen auf die Dauer seiner Güter fehlt, der muss nothwendig das Elend fürchten, was bei deren möglichen Verlust ihn erwartet. Bei solcher Furcht vor dem Schlimmsten kann aber Niemand glücklich sein. (§ 87.) Also kann dann Niemand glücklich sein. Man kann ein Leben nur glücklich nennen, wenn es dauernd ein solches ist und nicht blos zeitweise, und erst nach vollbrachtem und beschlossenem Leben kann man darüber urtheilen. Niemand kann einmal elend und ein andermal glücklich sein; denn schon die Sorge, dass man elend werden könne, hebt das Glück auf. Hat das glückliche Leben einmal begonnen, so bleibt es ebenso wie die Weisheit, die Schöpferin des glücklichen Lebens und wartet nicht erst bis zum höchsten Alter, wie Solon dem Crösus nach Herodot's Bericht gerathen hat. Allerdings bestreitet Epikur, wie Du eben bestimmt versichertest, dass die Länge der Zeit das Glück des Lebens vermehren könne; nach ihm ist die Lust einer kurzen Zeit so gross, als eine immerwährende. (§ 88.) Dies stimmt aber schlecht mit seiner sonstigen Lehre. Während er das höchste Gut in die Lust setzt, meint er, dass die Lust durch den Ablauf des längsten Lebens nicht grösser werde, als die Lust eines kurz bemessenen Lebens. Wer das höchste Gut lediglich in die Tugend setzt, der kann wohl sagen, dass das glückliche Leben seine Vollendung durch die vollendete Tugend erhalte; denn er bestreitet, dass die Zeit dem höchsten Gute einen Zuwachs bringen könne; wer aber das glückliche Leben aus der Lust hervorgehen lässt, stimmt der wohl mit sich überein, wenn er behauptet, dass die Lust durch ihre längere Dauer nicht grösser werde? Dann müsste das auch vom Schmerze gelten. Wenn aber der längste Schmerz am elendesten macht, sollte da die längere Dauer die Lust nicht wünschenswerther machen? Weshalb nennt denn Epikur die Gottheit immer selig und ewig? Nimmt man dem Jupiter die Ewigkeit, so ist er um nichts seliger als Epikur; Jeder geniesst das höchste Gut, d.h. die Lust. – Aber, sagst Du, Epikur leidet auch Schmerzen. – Allein diese achtet er ja für nichts; er will ja, wenn er gebrannt werde, ausrufen: Wie ist dies angenehm! (§ 89.) Worin sollte also der Gott ihn übertreffen, wenn es nicht in der Ewigkeit ist? Was hat man an ihr Gutes,

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