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nehmen für sich das Vorrecht in Anspruch, die Liebe zu beherrschen, in ihr die Männer zu regieren. Hier liegt ihre Kraft und das Geheimnis ihrer Ueberlegenheit begründet. Sie sprechen:

      „Da wir einmal dazu bestimmt sind, unter Männern zu leben, ihnen zu gefallen und ihr Glück zu teilen, müssen wir auch durch ihre Schwächen leiden und ihre Bosheit fürchten. Es scheint beinahe, als ob der einzige Zweck der Erziehung, die die Frauen erhalten, der sei, sie für die Liebe geeignet zu machen. Es ist die einzige Leidenschaft, die die Männer uns gestatten, aber durch einen seltsamen und bizarren Widerspruch können wir uns nur dadurch einen gewissen Ruhm erwerben, wenn wir dieser Neigung widerstehen. Ich überlegte also, wie es möglich sei, diese Gegensätze zu vereinigen, aber ich stiess überall auf Widersprüche. Wir sind, sagte ich mir, wenn wir in die Gesellschaft eingeführt werden, noch so harmlos, dass wir glauben, das einzige Glück der Frauen bestände darin, zu lieben und geliebt zu werden. Wir halten die Liebe für ein ganz reines Gefühl, das auf gegenseitige Achtung gestützt und durch die Offenheit und das Vertrauen der Herzen genährt wird. Aber leider verhält es sich in Wirklichkeit ganz anders, und nur allzubald erfährt man, wie sehr man sich getäuscht hat.“

      Ninon de Lenclos.

      Das ist die geheuchelte Skepsis einer Frau, die ihr ganzes Leben hindurch die Liebe bejaht hat. Sie meint:

      „Man ist nicht Herr darüber, ob man lieben oder nicht lieben will.“ Aber es ist nun einmal eine besondere Liebe, von der sie da spricht, die Liebe des galanten Jahrhunderts. Sie bedauert ihre guten Voreltern, die „die Liebe so todernst genommen haben, während wir nur einen fröhlichen Traum, eine reizende Torheit darin erblicken. Sie waren töricht genug, die Oede der Wüste den Reizen eines mit herrlichen Blumen gezierten Gartens vorzuziehen.“

      *

      „Wollen Sie (junger Mann), dass ich Ihnen sage, was die Liebe so gefährlich macht? Das ist die überspannte Vorstellung, die man sich von ihr macht. Die Liebe ist wie ein Jähhunger, den man plötzlich für eine bestimmte Speise empfindet.

      Die Liebe ist eine Tyrannin und schlägt tiefe Wunden, selbst wenn man nur mit ihr spielen möchte. Denn es gibt Krankheiten des Herzens, so gut wie es Krankheiten des Körpers gibt, und es gibt wirkliche und eingebildete Krankheiten. Das, was Sie an eine Frau fesselt, ist nicht immer Liebe. Die Gewohnheit des Zusammenseins, das öftere Begegnen, das Bedürfnis nach galantem Verkehr, der Wunsch, zu gefallen, all dies und noch vieles andere kommt zusammen, um Gefühle zu erregen, die oft genug für Liebe gehalten werden, die aber in Wahrheit gar nichts mit dieser Leidenschaft zu tun haben. Die Frauen sind stets bereit, einen solchen Irrtum zu bestärken. Sie fühlen sich so sehr geschmeichelt über alle ihnen dargebrachten Huldigungen, dass sie selten darüber nachdenken, aus welchen Gründen ihnen diese erwiesen werden.“

      O Ninon! O Weib!

      Das Ende all dieser Weisheit ist zum Schlusse das folgende Geständnis, ein letzter Brief an den Marquis de Sevigné:

      „Ich habe Ihnen im Anfang geraten, die Liebe leicht zu nehmen, nur leichte, galante Verbindungen zu suchen, die Ihnen Vergnügen bereiteten. Sie sollten eben nur galant sein und sich mit dünnen, leicht zerreissbaren Fesseln an die Schönen binden. Ich meinte das als allgemeinen Grundsatz und in Bezug auf die gewöhnlichen Frauen. Wie hatte ich denken können, dass Sie so glücklich sein würden, einer Frau zu begegnen, die, wie die Gräfin, alle Reize ihres Geschlechtes mit dem Verstande und Wissen eines gebildeten Mannes vereinen würde. Wie glücklich werden Sie sein, denn die Gräfin vereinigt in einer Person die anregendste, geistreichste Freundin mit der reizendsten Geliebten.“

      Wer sollte sich in solchen Widersprüchen zurecht finden? Das alles ist französisch gedacht und philosophiert. Nein; dies sind die Stimmen einer Zeit, der die Vertiefung fehlte und die notwendig die Revolution vorbereiten musste.

      Wie anders spricht schon Musset:

      Ihr jungen Blumen, schliesst euch auf!

      Ein Schlaf nur ist des Lebens Lauf,

      Die Lieb’ ist’s, die die Tränen webt.

      Wer nicht geliebt, hat nicht gelebt!

      Tief, schwer, ein Epos voll gewaltiger Dithyramben, ist die Liebe des Deutschen, den Uebergang noch bildet Wedekind:

      Noch eine der haltbarsten Delikatessen

      Ist frischer Lippen Flammender Kuss;

      Der Hunger steigert sich mit dem Essen,

      Und im Geniessen wächst der Genuss.

      Ernst, in keuschem Idealismus, antwortet Walther von der Vogel weide:

      Minn’ ist ein gewöhnlich Wort

      Und doch ungewöhnlich in den Werken, dem ist so;

      Minn’ ist alles Glückes Hort,

      Ohne sie wird nimmermehr ein Herz vom Grunde so.

      Das Echo Gretchens:

      Meine Ruh ist hin,

      Mein Herz ist schwer,

      Ich finde sie nimmer

      Und nimmer mehr.

      Wo ich ihn nicht hab’,

      Ist mir das Grab,

      Die ganze Welt

      Ist mir vergällt.

      Darauf Goethe-Faust an sein Gretchen (Frau von Stein):

      Liebe mich; denn es steht geschrieben:

      Woher sind wir geboren?

      Aus Lieb.

      Wie wären wir verloren?

      Ohn’ Lieb!

      Was hilft uns überwinden?

      Die Lieb.

      Kann man auch Liebe finden?

      Durch Lieb.

      Was lässt nicht lange weinen?

      Die Lieb.

      Was soll uns stets vereinen?

      Die Lieb.

      Also singt der Japaner Atsutada (943 v. Chr.) — — und es ist, als klingen deutsche Dichterlaute — —:

      Und was auch Schönes mir geschah,

      Und was an Glück sich wollte einen

      Mit meinem Sein — es will mir scheinen —

      Ich lebe erst, seit ich dich sah.

      Und Horikawa spricht:

      Weiss nicht, ob verliebt ich bin?

      Aber heute morgen war

      Irr mein Herz, verwirrt mein Sinn

      Wie mein schwaczes, wildes Haar.

      „Es handelt sich einzig darum, durch die Liebe alles, was in dem jungen Wesen an Liebe, Anmut, Gedanken ruht, zu erwecken. Es schlummert in ihr ein Ozean, der in Bewegung gesetzt werden muss.“ Michelet.

      Und doch vergleichen so viele Autoren die Liebe mit dem Hass. Stellen eine Wahlverwandschaft her, derer gemeinsamen Stammbaum sie von der Leidenschaft ableiten.

      „Aber Zorn und Liebe sind einander ngleich. Der Zorn geht leicht vorüber, die Liebe aber nicht. Deshalb sollte man sich vor, der Liebe hüten, denn sie kostet uns mehr als sie wert ist und hat nur gar zu oft Unheil im Gefolge.“ Brantome.

      „Die Liebe ist ein Feuer, an dem der Liebesgenuss die Flamme und die vertrauliche Annäherung das Brennholz ist und in dem der Männer Tugend und Schutz geopfert werden.“

      Indische Sprüche.

      Einfach, schlicht und schön sagt Schiller in seinen Briefen an Reinwald:

      „Der ewige innere Hang, in

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