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den Kelchen der syrischen Lotos, und auf ihrer Stirne leuchtete der Schmelz ewiger Jugend.

      Da zog ein fremder König, der von dem Reichtum ihres Landes und der Schönheit ihres Leibes Kunde erhalten hatte, gen Babylonien. Dieser König hiess Zumbaba und war Herr der Elamiter, welche nahe dem grossen Meere wohnten.

      In ihrer Not sandte Istar Boten zu dem Gotte Gischdubarra, dem gewaltigsten Recken der Erde, der mit der blossen Faust die stärksten Löwen erlegte und die mutigsten Helden an Kühnheit übertraf.

      Und Gischdubarra drang in das Lager der Elamiter und schlug die Fremdlinge in die Flucht, den König Zumbaba aber tötete er mit eigener Hand. . . .

      Als Gischdubarra, der langlockige Sieger, in Babylon einzog, da jauchzte das Volk, und Istar stieg erglühend die Stufen ihres goldenen Thrones herab, also zu dem Jünglinge sprechend: ,,Sei gegrüsst durch Wort und Berührung, gewaltiger Recke! Ich will Dich zum Gemahl nehmen und Du sollst herrschen über die Liebe und ihr endloses Reich.“

      Und siehe, der Held mass die Zaubergöttin mit höhnischen Blicken und entgegnete also:

      „Nimmermehr, o Königin! Deine Krone leuchtet in Falschheit, Dein Auge sprüht Verrat und Dein Reich ist wertlos durch Deinen Wankelmut.

      Deine Liebkosungen haben Dumuzi getötet.

      Soll ich Dir in Erinnerung rufen, wie verhängnisvoll Deine Liebe wurde für alle, die sich mit Dir vereinigten?

      Du hattest einen Adler lieb, der so stark war, dass er gegen die Stürme fliegen konnte. Deine Hand, die seine Liebkosungen gewohnt war, schlug ihn und brach seine Schwingen.

      Du liebtest einen prächtigen Löwen, wie nie ein mächtigerer die Wüste beherrschte. Du raubtest ihm seine Klauen, weil Dir seine Schwäche Vergnügen bereitete.

      Du besassest ein Lieblingsross, das die Stunden im Laufe überholte. Du hast die Quelle, daraus es trank, vergiftet.

      Und nun steht Gischbubarra vor Dir, der Zumbaba getötet und Deine Feinde vertrieben, und Du willst ihn Deine Liebe kosten lassen und ihn dann verderben.

      Denn solcher Art sind Deine Werke. . . . Ich aber verachte Dich und trotze Dir und verweise Dich des Landes, auf dass es sich ewigen Friedens erfreue.“

      Und unter dem Jubel des Volkes bestieg Gischdubarra den Thron Babylons, indes Istar von dannen eilte.

      Auf der Höhe der Stadtmauern hob sich ihr goldleuchtender. Leib von den weissen Wolken des Himmels ab, als sie drohend den Arm erhob und einen greulichen Fluch sprach über den, der stärker sein wollte als die Liebe. —

      Auf Erden aber merkte man gar bald, dass Istar die Welt verlassen hatte.

      Die Blumen verloren Duft und Farbe, der Gesang der Vögel verwandelte sich in ein unangenehmes Krächzen, die Menschen wurden träge und feige, die Tiere schlichen unmutig und müde durch die Wälder.

      Denn mit der Liebe war alle Lust verschwunden.

      Nirgends auf Erden ertönte mehr das Klirren der Waffen, kein junges Weib beugte sich mehr dem Geliebten, kein Schwert trank mehr das Blut dessen, den die Liebe bevorzugt hatte, keinen ersterbenden Seufzer trugen die Winde aus fernen Landen mehr in die Gefilde Babylons, keine Wettspiele lockten mehr die Jünglinge zur Entfaltung ihrer Kräfte. Nirgends war Freude, nirgends war Stolz.

      Gischdubarra aber ging bleich die Marmortreppen des Tempels empor und betete zu den Göttern, ihm Istar wieder zu schenken. Denn Krankheit wühlte in seinem Leibe, und er hatte eingesehen, dass der stärkste Held nicht ohne die Grausamkeit der Liebe zu leben vermag.

      Die Götter aber fürchteten für die Menschheit und führten Istar aus dem Hause der ewigen Finsternis zurück auf die Erde.

      An einem glühenden Sommertage fuhr sie auf einem goldenen Wagen, gezogen von zwölf Löwen, durch die Strassen von Babylon, und Gischdubarra warf seinen Leib vor die Räder, ihre Glieder zu küssen.

      Istar aber fuhr über ihn hinweg unter dem Jubel des Volkes. Und sie stieg die weissen Stufen ihres Palastes empor, und wie sie von der höchsten Zinne aus die Arme über die Erde breitete, dass ihre Brüste zwei glühende Sonnen schienen, da begannen die Vögel zu zwitschern und die Quellen zu rauschen, wilde Musik erfüllte die Herzen der Menschen und heisses Blut färbte den weissen Schaum der Wellen des Euphrat.

      Denn die Tiere waren wieder lebendig geworden zur Wildheit, spitze Dolche tranken das Blut des Hasses, und in den Landen der Feinde starben die Männer für den Namen ihrer Königin.

      Auf der Stadtmauer zu Babylon aber stand Istar und lächelte.

      Und ihr Lächeln ward die Sonne vieler Jahrtausende. — —

      *

      Es gibt heute so viele Gischdubarras, die die Liebe aus dem Lande weisen wollen.

      Es gibt so viele, die die Liebe nicht verstehen.

      Wir klammern uns an das goldschimmernde „Evoe“ der Alten, das wie eine Fanfare aus fremden, herrlichen Ländern in unsere Zeit klingt. Und doch ist dieses Evoe tot, keine Sehnsucht mehr im Stande, es zu neuem Leben zu erwecken.

      Evoe!

      Gnädige Frau! Ich tadelte Sie, weil Sie schrieben, Sie liebten die Sensation in der Liebe. Und heute suchen Sie mir zu erklären, Sensation sei Ihnen Evoe!

      Evoe ist aber keine Sensation! Evoe ist ein Evangelium, ein Glaube, eine Weltanschauung. Ein Thermometer der Menschlichkeit, meinetwegen. Sensation ist Steigerung der Unnatur. Evoe ist das Normalste vom Natürlichsten.

      Aber ich glaube nicht daran. Nicht an das Evoe von heute und nicht an das, welches Sie mir als Liebesgruss senden, den Sünder in venere zu bekehren, den Tannhäuser, der als armseliger Philosoph zwischen Rom und dem Hörselberg sitzt.

      Ach, die Glocken von Rom! Gnädige Frau, warum hat der Hörselberg keine solchen Glocken, keine Jungfrauen in weissen, fliessenden Gewanden, keine Klostergänge und kein heiliges Ave? Ich glaube nicht an das Evoe.

      Können Sie sich vorstellen, gnädige Frau, dass Alkibiades am barbarischen Pontus hellenische Kultur hätte treiben können? Wo blieb Ovids augusteische Lebenskraft am Schwarzen Meer? Haben Sie seine Klagelieder gelesen, diese Seufzer einer verpflanzten Seele, diese orgiastischen Flüche eines Verdammten? Und wissen Sie nicht, gnädige Frau, dass wir am Pontus wohnen und das Schwarze Meer der Quell ist, aus dem wir unsere Kultur schöpfen?

      Evoe, Madame — — mit wem? Wo? Wie? —

      Wo ist das Meer, an dem Phryne, die grosse Courtisane, sich nackt zeigte, dass ein Griechenvolk erschauernd im Sande betete und wie ein Mund begeistert schrie: Evoe — — ja, wo ist solch ein Meer? Wo sind die Liebestafeln der Akropolis?

      An den Frauentürmen? Auf der Siegessäule im Tiergarten? Wo ist der Altar, den Kinyras der Schaumgeborenen gestiftet hat? In der Odeonbar? Im Metropol — Palais de Danse?

      Wo ist Ra, der Griechengott, der auf goldener Barke durch die Fluten des Himmels gesegelt ist?

      Wo ist die Zeit, da Anakreon und Juvenal die Aphrodite in Versen, Phydias und Praxiteles in Marmor verewigten, ohne konfisziert zu werden? (Doch das wäre nicht das Schlimmste. Aber wann wäre es in Griechenland Jemandem eingefallen, Sachverständige über die Grenzen des Anstössigen zu vernehmen? Gibt es einen Verstand, der diese Diskussionsfrage deutscher Sittlichkeitsvereine zu beurteilen vermag? Ist das nicht eine Frage des Zeit- und Volksgefühls?) Wo ist die Zeit, da Lucian seine gottlosen Göttergespräche schrieb, ohne nach Stadelheim oder Plötzensee zu wandern (mindestens „wegen groben Unfugs, begangen durch die Presse“, Höchststrafe sechs Wochen)?

      Wo ist Glycera? Wo atmet eine Courtisane solchen Stils, die ein Horaz geliebt hat? Wo ist ein Weib solcher Art, an der Tibull gestorben ist? Wo ist die Wunderbare, mit der Properz den Sarg zu teilen wünschte? (Und mo, sagen Sie mir, gnädige Frau — — Evoe! — — wo ist der Friedhof, wo die

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