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      »Was kann ich nicht?«, fragt sie eine Spur zu laut.

      Ein paar Leute drehen sich nach uns um, und na klar, Kolja ist auch dabei. Der taucht jetzt wohl immer haargenau dort auf, wo Josefine ist. Vielleicht hat er uns sogar schon länger zugehört, ohne auf sich aufmerksam zu machen.

      »Hallo«, sagt er, als unsere Blicke sich treffen. Er sagt es deutlich genug, dass auch Josefine es hören müsste.

      Doch die achtet genauso wenig auf ihn wie auf alle anderen in der Cafeteria. Sie schnappt sich nur ihren Rucksack, zieht die Kapuze ihres Hoodies über und wuschelt mir durch die Haare. »Tschüss, Kleiner«, sagt sie, und ehe ich noch was erwidern kann, schiebt sie sich durch die Massen, die ihr erstaunlich gehorsam Platz machen, davon.

      »Was hatte die denn?«, fragt Kolja und guckt ihr verdattert nach, so lange noch was von ihr zu sehen ist.

      »Keine Ahnung.« Ich denke daran, wie sie zuerst dasaß, den Kopf schwer in die Hände gestützt. »Schlechte Laune?«

      »Phhhh«, macht er. »Scheint mir auch so. Ist irgendwas passiert?«

      Eigentlich will ich echt nicht weiter mit ihm über Josefine reden, aber dann kommt mir was in den Sinn, etwas, das schon die ganze Zeit ungehört in meinen Ohren nachhallt. »Was bespricht man in der Zehnten eigentlich in Genetik? DNA und so was?«

      Er kratzt sich am Hinterkopf. »Also, wir haben da gerade erst mit angefangen … mit dominanter und rezessiver Vererbung. Und wie die sich auswirkt, zum Beispiel bei roten Haaren oder bestimmten Krankheiten.«

      »Mhm«, mache ich. »Was denn für Krankheiten?«

      »Weiß nicht mehr, verschiedene. Wieso fragst du?«

      Ich schiele zu ihm hoch. Er hat es nicht kapiert. Obwohl er sich so für meine Halbschwester interessiert, hat er nicht verstanden, dass ich wegen ihr gefragt hab. Weil es nämlich bestimmt keinen Spaß macht, über Erbkrankheiten zu sprechen, wenn die eigene Mutter gerade Krebs hatte. Auch wenn das natürlich keine Entschuldigung für den Sportunterricht ist.

      »Nur so«, antworte ich und Koljas Gesicht sieht noch verdatterter aus als vorher. Dann scheint ihm ein Gedanke zu kommen, aber im selben Moment zupft mich jemand von hinten an der Jacke, und als ich nachsehe, stehen da Mats und Philipp.

      »Wir gehen doch mal kurz raus, kommst du mit?«, fragt Philipp.

      »Okay«, sage ich. Und diesmal bin ich es, der Kolja einfach stehenlässt. Nicht umgekehrt.

      In der fünften und sechsten fällt Geschichte aus und wir dürfen in den PC-Raum. Offiziell sollen wir was recherchieren, zu den Pyramiden in Ägypten, weil wir eigentlich gerade frühe Hochkulturen durchnehmen, aber die Vertretungslehrerin guckt gar nicht, ob wir das auch wirklich machen, sondern blättert in ihren Unterlagen, und jeder googelt irgendwas rum – außer unserem guten Rafael wahrscheinlich, der macht ja immer haargenau das, was ihm die Lehrer sagen.

      Philipp am PC rechts neben mir hat sogar eine Spieleseite geöffnet und Valeria links ist auf Instagram unterwegs.

      Ich für meinen Teil lese zuerst ein paar Sachen über Brustkrebs nach, Warnzeichen, Risikofaktoren, Behandlungsmöglichkeiten und so weiter. Aber obwohl man mit Artikeln zu dem Thema fast erschlagen wird, ist da vieles nicht so eindeutig, und erst, als ich »Brustkrebs« plus »Vererbung« eingebe, wird es ein bisschen interessanter. Allerdings auch ganz schön kompliziert, und außerdem ist so ein Krankheitszeugs ja ziemlich deprimierend, darum hab ich bald keine Lust mehr.

      Sicherheitshalber rufe ich als nächstes die Wikipedia-Seite mit der Liste der ägyptischen Pyramiden auf, irgendwas muss man ja vorweisen können, dann öffne ich einen neuen Tab und gehe auf eine Matheseite, die ich gut finde. Weil es da für fast alles, was man wissen möchte, Tutorials gibt, und dann kann man noch verschiedene Übungen machen und sich Tipps geben lassen, wenn man welche braucht, und die Lösungen kann man sich auch durchlesen. Als ich ins Trigonometriekapitel gehe, entdecke ich auch gleich Aufgaben zum Tangens und Kotangens und rufe eine auf. Aber dann muss ich an Lale denken und mir fällt was Besseres ein.

      »Lale Erdem« tippe ich, und davon, verrät mir Google, gibt es leider so einige, sowohl auf deutschen als auch auf türkischen Seiten. Erst als ich auch noch den Namen der IGS dazuschreibe, lande ich bei der richtigen Lale. Mit der Volleyball-AG ihrer Schule nach irgendeinem Spiel. Und als ich mich weiter durch die Fotogalerie auf der Homepage klicke, finde ich sie auch auf einem Foto vom Schulchor. Und dann noch auf einem vom Schulfest, aber nur im Hintergrund. Und jedes Mal, wenn ich sie zwischen den ganzen Unbekannten auf den Bildern erkenne, durchfährt mich so ein kleines Zucken, ein bisschen wie wenn man sich an der Autotür beim Aussteigen einen Stromschlag holt und das halb eklig, halb angenehm ist.

      Sehr viel unangenehmer fühlt es sich allerdings an, als plötzlich die Vertretungsfrau dicht hinter mir steht und laut in die Klassenrunde fragt, was unsere Recherche macht. Als ich über die Schulter schiele, landet ihr Blick auch noch auf meinem Gesicht.

      Schnell klicke ich den IGS-Tab weg und bin heilfroh, als wieder die Pyramidenseite auf dem Bildschirm sichtbar wird. Aber trotzdem. Wer weiß, ob sie was gesehen hat, auch wenn ihr Blick wahrscheinlich nur kurz an mir vorbeigeschweift ist. Oder Philipp oder Valeria. Auf einmal hab ich das Gefühl, die ganze Klasse weiß, dass ich ein Mädchen gegoogelt hab, und ich merk schon, wie ich sauer werde, auf Lale und mich selbst und alle anderen, doch keiner sagt was oder tuschelt und zu mir gucken tut auch keiner.

      Stattdessen gucken sie zu der Vertretungslehrerin, und die verkündet, wir sollen unsere Blöcke auspacken und in Stichpunkten unsere Ergebnisse notieren. Und diesmal mache ich, was sie sagt, genau wie unser guter Rafael, und die anderen machen es auch.

      Nur denken muss ich noch ein bisschen an Lale und wie sie auf diesen Fotos aussah, strahlend und einfach nur … da, und die Krebssache geht mir auch wieder durch den Kopf. Immerhin kann ich Josefine bei Gelegenheit sagen, dass sie sich keine Sorgen machen muss. Dass Brustkrebs dominant vererbt wird, ist nämlich die absolute Ausnahme. In den allermeisten Fällen kommt er einfach so, und kein Mensch weiß, warum.

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