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       Nikola Huppertz

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      INHALT

       Kapitel 1

       Kapitel 2

       Kapitel 3

       Kapitel 4

       Kapitel 5

       Kapitel 6

       Kapitel 7

       Kapitel 8

       Kapitel 9

       Kapitel 10

       Kapitel 11

       Kapitel 12

       Kapitel 13

       Kapitel 14

       Kapitel 15

       Kapitel 16

       Kapitel 17

       Kapitel 18

       Kapitel 19

       Kapitel 20

       Kapitel 21

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      Die Acht ist das Schönste, was ich kenne. Alle Zahlen sind schön, aber die Acht ist perfekt. Man kann sie an zwei Symmetrieachsen spiegeln und sie hat nicht diese ganzen Schwänzchen und Häkchen wie die anderen Zahlen. Außer der Null natürlich, aber bei der Null muss man sich fragen, ob sie überhaupt eine Zahl ist, bei den ganzen Extras, die für sie gelten: dass sie nicht positiv und nicht negativ ist, beim Addieren nichts hinzufügt, beim Malnehmen jede andere Zahl zur Null macht und dass man nicht durch sie teilen kann. Was natürlich alles cool ist, aber mir ist die Acht lieber. Die Acht ist einfach nur eine Acht mit ihren Links- und Rechtskurven und dem Richtungswechsel genau in der Mitte. Und wenn man sie auf die Seite legt, bedeutet sie Unendlichkeit.

      Keiner kann sagen, das wär nicht schön.

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      Sie haben mich nicht gefragt, ob ich einverstanden bin. Mama nicht und Papa erst recht nicht, dabei ist es seine Tochter und seine Angelegenheit. Und einfach was dagegen sagen, dass Josefine jetzt bei uns ist, geht ja auch nicht. Wegen ihrer Mutter. Wenn jemand Krebs hatte und operiert worden ist, darf man gegen nichts was sagen. Dann muss man froh und dankbar sein, dass alles gut gegangen ist, die jetzt krebsfreie Mutter einen Platz in der Reha hat und, wenn alles glattgeht, in ein paar Wochen gesund zurück nach Hause kommt.

      Versteh ich ja.

      Auch, dass Papa sich solange um Josefine kümmern und sie hier zur Schule gehen muss, in meine Schule, genauer gesagt, weil das angeblich am unkompliziertesten ist.

      Aber trotzdem mag ich nicht, wie sie an unserem Abendbrottisch sitzt und aussieht, als wollte sie alle umbringen. Und wie Papa sich diese Mörderblicke, die ihr x-fach gepierctes Gesicht unter der schwarzen Hoodie-Kapuze hervorfeuert, auch noch gefallen lässt. Wie er irgendwelche Sachen daherredet, die niemanden interessieren, von der Firma oder seinem letzten Tennistraining, und versucht, so zu tun, als wär es total normal, dass wir neuerdings zu viert sind.

      »Malte, reichst du deiner Schwester noch mal den Brotkorb«, sagt er jetzt.

      Dabei war vom Brotkorb vorher noch gar nicht die Rede, und sie ist auch nicht meine Schwester, sondern meine Halbschwester, das ist ein Unterschied im Verwandtschaftsgrad von hundert Prozent. Mal davon abgesehen, dass ich sie erst zwei- oder dreimal getroffen hab, zuletzt, als ich vielleicht sechs war.

      »Wieso noch mal?«, frage ich, weil, von so was krieg ich Kopfjucken. Wenn Erwachsene falsche Sachen sagen, obwohl sie es eigentlich besser wissen. »Sie hat doch bis jetzt nur Tomaten gegessen. Und du weißt ja gar nicht, ob sie überhaupt Brot mag

      »Malte!« Papas Stimme klingt plötzlich streng. Selbst Mama guckt mich ganz komisch an, fast, als wollte sie vertuschen, dass wir Josefine eigentlich gar nicht kennen. Und das, obwohl sie sonst immer betont, das Mädchen und seine Mutter, das war vor ihrer Zeit, damit hat sie nichts am Hut.

      »Lass gut sein, Kleiner«, sagt meine Halbschwester da und greift quer über den Tisch, aber nicht, um sich was aus dem Brotkorb zu angeln, sondern noch eine Tomate. Die letzte. Sie beißt rein wie in einen Apfel, schlürft Saft und Glibber aus dem Inneren und steht mit dem Rest in der Hand vom Tisch auf. Noch ein Mörderblick in die Runde. Dann verschwindet sie einfach aus der Essecke in unserem Wohnzimmer.

      Mama und Papa gucken sich an.

      »Merkst du nicht, dass es eine schwierige Situation für Josefine ist, Malte?«, fragt Mama.

      »Doch«, sage ich, kaue dabei mein Käsebrot. »Weiß ich. Und ich hätte ihr den Brotkorb ja auch gegeben. Ich hab nur gesagt …«

      »Wir haben gehört, was du gesagt hast«, unterbricht Papa mich. Dann seufzt er. »Und? Was macht die Kunst?«

      Jetzt greife ich tatsächlich noch mal zum Brotkorb. Das war der erste normale Satz bei diesem Abendessen.

      »Montag geht die Vorbereitung für die Landesrunde los«, antworte ich.

      »Wie viele sind denn jetzt eigentlich noch im olympischen Boot?« Papa schiebt mir die Butter rüber.

      Ich schabe welche ab, schmiere sie auf die Brotscheibe, lege zwei Scheiben Gouda drauf. »Von unserer Schule außer mir niemand mehr. Kolja ist knapp dran vorbeigerutscht. Aber es kommt noch eine von der IGS dazu, weil die da keinen eigenen Matheclub haben.«

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      »Und die hat es ganz allein so weit geschafft?«, erkundigt sich Mama.

      Ich erschrecke. Darüber hab ich noch gar nicht nachgedacht, und, zugegeben, einen Moment lang

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