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quälend langsam schwand die leichenhafte Blässe aus den Wangen Angelikas. Ein leichtes, zartes Rosa schimmerte durch ihre Haut. Ihr Atem wurde tiefer …

      Später, als Angelika erwacht war, ging Dr. Schumann noch einmal zu ihr. Sie lächelte ihn zaghaft an.

      »Na, siehst du«, sagte er beruhigend, »jetzt haben wir alles überstanden! Eine Woche mußt du noch bei uns bleiben, dann darfst du wieder zu deiner Mutter nach Hause.«

      »Und ich werde nicht … angezeigt?« flüsterte Angelika.

      »Nein«, erwiderte er, »wie kommst du darauf? Wir sind doch keine Polizeispitzel. Aber eines mußt du mir ganz fest versprechen …«

      »Herr Doktor«, unterbrach ihn Angelika, »Sie glauben doch nicht, daß ich so etwas noch einmal machen würde?«

      »Unter ›so etwas‹ verstehe ich aber auch das andere, Angelika! Du bist noch viel zu jung, um dich mit einem Mann einzulassen.«

      »Er war ja mein Freund«, sagte sie leise.

      »Ein feiner Freund, der dich in eine solche Situation gebracht hat. Versprichst du mir, mit ihm Schluß zu machen? Es kann wirklich zu nichts Gutem führen, Angelika!«

      »Ja, ich weiß«, gab sie zu, »bloß … ich bin immer so viel allein.«

      »Darüber werde ich mit deiner Mutter sprechen. Aber von dir verlange ich, daß du dir ganz fest vornimmst, mit der Liebe zu warten, bis du erwachsen bist.«

      »Ja«, sagte Angelika, »ja …«

      »Hand darauf?«

      »Ja.« Sie reichte ihm ihre schmale, ein wenig feuchte Mädchenhand, sah ihn aus tränengroßen Augen an. Erst jetzt wurde es Dr. Schumann bewußt, daß sie mit ihrem rotblonden Haar, der zarten Haut und den leuchtendblauen Augen ein ungewöhnlich anziehendes junges Mädchen war.

      »Du willst doch später einen guten Mann bekommen, Kinder haben, eine glückliche Frau werden, nicht wahr?« lächelte er. »Dann mußt du jetzt auch noch ein bißchen Geduld aufbringen. Die Liebe läuft dir nicht davon.«

      »Sie würde ich auf der Stelle heiraten«, sagte Angelika überraschend.

      Der Oberarzt lachte. »Tut mir leid für dich; ich bin schon vergeben. Und ein bißchen zu alt wäre ich wohl auch.«

      Als Dr. Schumann nach Hause kam, war der Tisch gedeckt. Astrid empfing ihn in einem eleganten Kleid, das kastanienbraune Haar mit gewollter Nachlässigkeit aufgesteckt. Sie schlang ihre Arme um seinen Hals, legte ihr Gesicht an seine Wange. »Der Tee ist gleich fertig …«

      »Nein, bitte keinen Tee. Wenn du ahntest, wieviel Kaffee und Tee ich mir in den letzten Stunden einverleibt habe! Gib mir lieber ein Glas kalte Milch.«

      Sie ging in die Küche, kam mit einer Kanne Milch zurück, füllte ihm einen Becher. Er hatte schon begonnen, sich hungrig eine Scheibe Brot zu streichen. Sie schenkte ihm ein, und er leerte den ersten Becher in einem Zug.

      Sie setzte sich ihm gegenüber, beobachtete ihn, ohne selber etwas anzurühren. »Du siehst so zufrieden aus.«

      »Bin ich auch«, sagte er, »dabei habe ich eigentlich gar keinen Grund dazu.«

      »Wieso?! Das verstehe ich nicht.«

      Er überlegte eine Sekunde, dann siegte sein Bedürfnis, sich einem Menschen mitzuteilen. Wenn es jemanden gab, von dem er hoffen konnte, daß er seine Handlungsweise voll und ganz guthieß, dann war es seine Frau. Er erzählte ihr von Angelika und von der schweren Entscheidung, vor die ihn dieser Fall gestellt hatte.

      »Aber eigentlich hättest du es nicht tun dürfen – oder?« fragte Astrid nachdenklich, nachdem er geendet hatte.

      »Du weißt, wie ich zu diesen Dingen stehe. Man muß immer versuchen, das Leben zu bewahren. Ich weiß nicht, ob es hier noch möglich gewesen wäre, den Abort zu verhindern; jedenfalls hätte ich dazu aber in allererster Linie die Energie, den Willen der Mutter gebraucht … Nein, die Kleine konnte es nicht mehr durchstehen …«

      »Glaubst du, daß sich diese Angelika wirklich das Leben genommen hätte, wenn ihr Kind geboren worden wäre?«

      Er sah Astrid erstaunt an. »Wieso fragst du das?«

      »Na ja, ich überlege mir einfach … es könnte doch auch sein, daß sie es darauf angelegt hat! Daß sie von Anfang an vorhatte, dich zu diesem Eingriff zu zwingen, dich sozusagen weich zu machen.«

      »Schon möglich, aber meiner Meinung nach reine Theorie. Das Mädchen war ja vollkommen fertig und konnte kaum noch klar denken.«

      »Meinst du nicht trotzdem, daß diese Geschichte für dich irgendwelche Folgen haben kann? In einer Klinik wird so viel getratscht.«

      »Das ist doch Unsinn! Der Eingriff war notwendig und läßt sich medizinisch voll rechtfertigen.«

      »Es kann aber auch andere Ansichten geben. Vielleicht kommt es zu Gerüchten. Du solltest vorsichtiger sein und dir irgendeine … irgendwie eine Rückendeckung verschaffen.«

      »Rückendeckung? Warum denn das? Und vor allem: Wie?«

      »Na, sprich zum Beispiel einmal mit Overhoff darüber. Er wird es sicher verstehen, daß du dich aussprechen willst.«

      Er nahm einen Schluck Milch. »Wenn es dich beruhigt, werde ich es mir überlegen, Astrid!«

      »Überlegen genügt nicht. Du mußt es tun!«

      Er sah sie mit einem seltsamen Ausdruck an. »Merkwürdig«, meinte er, »anscheinend habe ich wirklich keine Ahnung von der weiblichen Psyche. Deine Reaktion hätte ich mir ganz anders vorgestellt.«

      »Ach, Rainer«, sagte sie, »natürlich habe ich Mitleid mit diesem törichten Mädchen. Aber schließlich … ich kenne sie nicht, und sie bedeutet mir nichts. Aber du … du bist mir doch das Wichtigste auf der Welt!«

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