Скачать книгу

genug gearbeitet, wir wollen in Ruhe verrecken ... Nicht wahr, Rose?“

      „Gerade so ist’s, wie der liebe Gott uns sieht!“ sagte die Alte.

      Ein neues Schweigen herrschte, ein sehr langes Schweigen. Der Notar schnitt sich die Fingernägel fertig. Er legte schließlich das Federmesser auf seinen Schreibtisch zurück und sagte dabei:

      „Ja, das sind vernünftige Gründe, man ist oft gezwungen, sich zur Schenkung zu entschließen ... Ich muß hinzufügen, daß sie für die Familien eine Ersparnis ist, denn die Erbschaftssteuern sind höher als die Steuern für die Güterabtretung ..."

      Geierkopf konnte trotz seiner gespielten Gleichgültigkeit nicht den Ausruf zurückhalten:

      „Das stimmt also, Herr Baillehache?“

      „Aber zweifellos. Ihr werdet dabei ein paar Hundert Francs verdienen.“

      Die anderen gerieten in Bewegung, selbst Delhommes Gesicht erhellte sich, während der Vater und die Mutter ebenfalls diese Genugtuung teilten. Es war abgemacht, von dem Augenblick an war es eine beschlossene Sache, da das weniger kostete.

      „Es bleibt mir noch, euch die üblichen Einwände darzulegen“, fügte der Notar hinzu. „Viele tüchtige Köpfe mißbilligen die Güterabtretung, die sie als unmoralisch ansehen, denn sie beschuldigen sie, die Familienbande zu zerstören ... Man könnte wirklich beklagenswerte Tatsachen anführen, die Kinder benehmen sich mitunter sehr schlecht, wenn sich die Eltern von allem entäußert haben ...“

      Die beiden Söhne und die Tochter hörten offenen Mundes, mit zuckenden Augenlidern und bebenden Wangen zu.

      „Mag Papa alles behalten, wenn er so was denkt!“ unterbrach Fanny barsch, die sehr empfindlich war.

      „Wir sind immer in der Schuld gewesen“, sagte Geierkopf. „Und vor der Arbeit haben wir keine Angst“, erklärte Jesus Christus.

      Mit einer Handbewegung beruhigte Herr Baillehache sie.

      „Laßt mich also zum Ende kommen! Ich weiß, daß ihr gute Kinder seid, ehrbare Arbeiter; und bei euch besteht sicher keine Gefahr, daß eure Eltern es eines Tages bereuen.“ Er legte keinerlei Ironie hinein, er wiederholte den freundlichen Satz, der ihm bei seiner fünfundzwanzigjährigen Berufsgewohnheit glatt über die Lippen floß.

      Die Mutter aber ließ, obgleich sie nicht begriffen zu haben schien, ihre eng zusammenstehenden Augen umherschweifen, von ihrer Tochter zu ihren beiden Söhnen. Sie hatte sie alle drei aufgezogen, ohne Zärtlichkeit, mit der Kälte einer Frau, die sparsam wirtschaftet und die den Kleinen vorwirft, zuviel von dem zu essen, womit sie spart. Dem Jüngsten, dem grollte sie, weil er von Hause ausgerückt war, als er endlich verdiente; die Tochter, mit der hatte sie sich niemals vertragen können, sie war verletzt, weil sie sich an ihrem eigenen Blut stieß, an einer rührigen, kräftigen Person, bei der der Verstand des Vaters in Hochmut umgeschlagen war; und ihr Blick wurde erst milder, als er auf dem Ältesten verweilte, diesem Taugenichts, der weder von ihr noch von ihrem Mann irgend etwas hatte, dieses Unkraut, von dem man nicht wußte, woher es gesprossen war, und vielleicht übte sie deshalb Nachsicht mit ihm und zog ihn vor.

      Auch Fouan hatte seine Kinder eines nach dem anderen angesehen mit dem dumpfen Unbehagen, was sie wohl mit seinem Besitz machen würden. Die Faulheit des Trunkenbolds ängstigte ihn weniger als die genießerische Begehrlichkeit der beiden anderen. Er schüttelte seinen zitternden Kopf: Wozu sich das Blut vergällen, wo es doch sein mußte!

      „Da nun die Aufteilung beschlossen ist“, fuhr der Notar fort, „handelt es sich darum, die Bedingungen festzusetzen. Seid ihr euch einig über das zu zahlende Jahresgeld?“

      Auf einen Schlag wurden alle wieder reglos und stumm. Die gegerbten Gesichter hatten einen starren Ausdruck angenommen, den undurchdringlichen Ernst von Diplomaten, die die Abschätzung eines Kaiserreiches vornehmen. Dann tasteten sie sich mit einem kurzen Blick ab, aber noch sprach niemand. Wieder war es der Vater, der die Dinge erläuterte.

      „Nein, Herr Baillehache, wir haben nicht darüber geredet, wir haben gewartet, bis wir alle zusammen sind hier ... Das ist aber sehr einfach, nicht wahr? Ich habe neunzehn Sester oder neun und einen halben Hektar, wie man jetzt sagt. Wenn ich also verpachte, würde das doch neunhundertfünfzig Francs machen, den Hektar zu hundert Francs ...“

      Geierkopf, der am wenigsten Geduld hatte, fuhr hoch von seinem Stuhl.

      „Wie! Zu hundert Francs den Hektar! Macht Ihr Euch über uns lustig, Vater?“

      Und eine erste Auseinandersetzung entspann sich über die Zahlen. Da war ein Sester Wein: das, ja, das würde man für fünfzig Francs gepachtet haben. Aber wäre man jemals auf diesen Preis gekommen, wenn es um die zwölf Sester Ackerland ging und besonders um die sechs Sester Naturweiden, diese Wiesen am Ufer des Aigre, deren Heu nichts wert war? Die Äcker selber waren auch nicht gerade gut, hauptsächlich ein Stück, das längs der höher gelegenen Fläche verlief, denn die pflügbare Schicht wurde dünner, je mehr man sich der Talsenke näherte. „Spaß beiseite, Papa“, sagte Fanny mit vorwurfsvoller Miene, „man darf uns nicht reinlegen.“

      „Das ist hundert Francs den Hektar wert“, wiederholte der Alte immer wieder eigensinnig und klatschte sich dabei auf die Schenkel. „Morgen werde ich für hundert Francs verpachten, wenn ich will ... Und was ist das denn für euch wert? Ein bißchen raus mit der Sprache, damit man sieht, was das wert ist!“

      „Das ist sechzig Francs wert“, sagte Geierkopf.

      Außer sich, hielt Fouan seinen Preis aufrecht, stimmte ein übertriebenes Loblied auf seine Erde an, eine so gute Erde, die von ganz allein Getreide bringe, als Delhomme, der bis dahin geschwiegen hatte, im Tonfall unbedingter Ehrbarkeit erklärte:

      „Das ist achtzig Francs wert, nicht einen Sou mehr, nicht einen Sou weniger.“

      Sofort beruhigte sich der Alte.

      „Gut, setzen wir achtzig ein, ich will für meine Kinder gern ein Opfer bringen.“

      Aber Rose, die ihn an einem Zipfel seines Kittels gezupft hatte, ließ ein einziges Wort fallen, das Aufbegehren ihrer Knauserigkeit:

      „Nein! Nein!“

      Jesus Christus hatte kein Interesse mehr. Die Erde lag ihm seit seinen fünf Afrikajahren nicht mehr am Herzen. Er brannte nur von dem einen Verlangen, seinen Teil zu bekommen, um ihn zu Geld zu machen. Deshalb wiegte er sich weiter mit spöttelnder und überlegener Miene in den Hüften.

      „Achtzig habe ich gesagt“, schrie Fouan, „dabei bleibt’s, achtzig! Bei mir hat’s immer nur ein Wort gegeben: vor Gott schwöre ich es! – Neun und einen halben Hektar, seht mal, das macht siebenhundertsechzig Francs, rund gerechnet achthundert ... Na schön, das Altersgeld wird achthundert Francs betragen, das ist gerecht!“

      Geierkopf brach ungestüm in Lachen aus, während Fanny, gleichsam bestürzt, mit einem Kopfschütteln Einspruch erhob. Und Herr Baillehache, der seit der Auseinandersetzung mit verschwommenen Augen in seinen Garten hinausschaute, wandte sich wieder seinen Klienten zu, schien ihnen zuzuhören, wobei er sich am Backenbart zupfte, wie es sein Tick war, eingeschläfert durch die Verdauung des erlesenen Mittagessens, das er zu sich genommen hatte.

      Dieses Mal jedoch hatte der Alte recht: das war gerecht.

      Aber hitzig geworden, mitgerissen von der Leidenschaft, den Handel zum möglichst niedrigen Preise abzuschließen, benahmen sich die Kinder schrecklich, feilschten, fluchten, waren unredlich wie Bauern, die ein Schwein kaufen.

      „Achthundert Francs!“ feixte Geierkopf. „Ihr wollt wohl wie Stadtleute leben? – Na schön, achthundert Francs, vierhundert könnte man verzehren! Sagt sofort, daß Ihr das bloß macht, um an verdorbenem Magen zu verrecken!“

      Fouan wurde noch nicht ärgerlich. Er fand das Feilschen natürlich, er bot lediglich diesem vorhergesehenen Toben die Stirn und ging, ebenfalls in Feuer geraten, stracks bis zum Äußersten mit seinen Forderungen.

      „Und das ist nicht alles, wartet mal! – Selbstverständlich behalten wir

Скачать книгу