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rastet bei dem Burschen was aus.“

      „Kann nur ’ne lausige Perle sein, die er irgendwo gefunden hat“, erwiderte der Profos. „Jetzt hat er Angst, daß wir sie ihm klauen. Ausgerechnet wir, daß ich nicht lache!“

      Als Malindi sah, daß keiner was Böses von ihm wollte, kehrte er langsam wieder zu der Pütz zurück. Seinen Lederbeutel umklammerte er dabei fest mit einer Hand. Um Matt Davies schlug er einen ziemlich großen Bogen. Der Mann mit der Hakenhand war ihm nicht geheuer.

      Malindi hatte auch noch nie in seinem Leben etwas Ähnliches wie diesen Mann gesehen, dem aus dem Arm ein spitzer Haken wuchs, wo andere eine Hand hatten.

      Noch verwirrter wurde er allerdings, als er auch bei Jeff Bowie diesen Haken entdeckte. Der eine hatte ihn rechts, der andere links.

      Der Profos tat es ihm jetzt vor, indem er sich etwas Seife auf die Arme rieb und mit Wasser nachwusch.

      Jung Hasard unterstützte ihn dabei tatkräftig mit Worten.

      „Du kannst ihm ruhig sagen, daß er wie ein verlauster Ziegenbock stinkt“, empfahl der Profos. „Aber das nehmen wir ihm nicht mal übel, wenn er keine Seife und nur Seewasser hatte.“

      „Ich weiß nicht, was verlauster Ziegenbock in seiner Sprache heißt“, sagte Jung Hasard grinsend.

      „Dann eben Rübenschwein oder so was. Irgend etwas wird dir schon einfallen.“

      Es dauerte lange, bis Malindi begriff. Er war anscheinend auch sehr wasserscheu, denn er zögerte und zauderte sehr lange.

      Aber schließlich rieb er doch etwas Seife auf seinen mageren Körper und wusch mit Wasser nach.

      Die ganze Prozedur endete schließlich damit, daß Carberry ihm noch zur Nachspülung eine Pütz voll Seewasser über den Kopf goß.

      Die Zwillinge versuchten ihn radebrechend auszuhorchen und vernahmen eine erstaunliche Geschichte. Manches blieb ihnen unklar, weil ihnen etliche Begriffe fehlten.

      „Ich bin Fischer von Tuticorin“, sagte Malindi. „Ein anderer Mann und ich haben immer vor der Insel gefischt.“ Er sagte auch einen ziemlich unaussprechlichen Namen der Insel. „Vor vielen, vielen Tagen sind wir wieder hinausgefahren, aber da gab es einen Sturm.“

      Er zeigte mit den Händen vage an, wie gewaltig dieser Sturm gewesen war, indem er bis zum Horizont deutete.

      „Das Boot geriet in die Brandung und wurde auf das Riff geworfen. Es löste sich auf, und der andere Fischer ertrank. Ich habe ihn auch nie wiedergesehen.“

      „Und dann bist du auf der Insel allein geblieben?“ fragte Philip.

      „Ganz allein, viele, viele Tage, bis der Mond wieder aufging. Kein Wasser auf der Insel, nur Kokosnüsse.“

      „Glaubst du die Geschichte?“ fragte Jung Hasard seinen Bruder.

      „Klingt einigermaßen vernünftig. Wie sollte er sonst auf die Insel gelangt sein?“

      „Na hör mal! Die Fischer vor der Küste ahnen einen Sturm doch voraus. Außerdem ist es nur ein Katzensprung bis zu der Insel. Die Kerle fahren doch nicht hinaus, die riechen das doch.“

      „Vielleicht waren sie leichtsinnig, oder sie haben sich ganz einfach überschätzt.“

      „Deine Freunde, die anderen Fischer“, sagte Hasard, „haben die denn nicht nach euch gesucht?“

      Malindi lauschte der Frage nach, gab dann aber vor, sie nicht zu verstehen.

      Hasard bohrte ein bißchen nach und wiederholte sie geduldig. Für ihn war es ziemlich unwahrscheinlich, daß sich keiner der anderen Fischer um die beiden gekümmert hatte.

      „Ich habe keinen gesehen“, sagte Malindi.

      „Wirklich seltsam“, sagte Philip. „Aber warum sollte er uns anlügen? Das kann ohne weiteres stimmen.“

      Sie erzählten Vater Hasard die Geschichte, der sie sich anhörte, ohne sie zu unterbrechen.

      „Seine Geschichte kann stimmen, sie kann aber auch erfunden sein“, sagte der Seewolf. „Trotzdem, auch wenn sie wahr ist, mit dem Kerlchen stimmt etwas nicht. Er erweckt bei mir den Eindruck eines Fanatikers, der sehr gefährlich werden kann. Ich bin froh, wenn wir ihn in Tuticorin wieder an Land setzen können. Der Mann verbreitet eine eigenartige Aura um sich. Von ihm geht etwas aus, das sich nicht klar definieren läßt.“

      Er warf einen Blick auf Malindi. Der hatte sich vor den Großmast auf die Planken gesetzt und war emsig damit beschäftigt, seinen Kopf mit den strähnigen Haaren zu kratzen. Er tat das fast so ausgiebig wie Arwenack, wenn dem das Fell juckte.

      „Der Wikinger Thorfin Njal hat auch diese lausige Angewohnheit“, meinte der Profos. „Der behelmte Polaraffe kratzt jedoch immer seinen verdammten Kupferhelm, und das regt mich auf.“

      Später erkundigten sich die Zwillinge bei Malindi, was er denn in dem Lederbeutel habe.

      Mit Malindi ging wieder eine merkwürdige Veränderung vor.

      Er sprang auf und drückte den Beutel heftig an sich. Mit der anderen Hand vollführte er abwehrende Bewegungen, als wolle er böse Dämonen bannen. Er wich bis an den Mast zurück und funkelte die Zwillinge wild und giftig an.

      „Wirklich, ein verrückter Kauz“, sagte Philip. „Sicher hast du ein paar Perlen gefunden, Malindi?“

      Die Augen waren wie glühende Lanzen auf die beiden gerichtet. Die eine Hand tastete langsam zum Messer an der Hüfte.

      „Na, na“, sagte Jung Hasard gefährlich leise. „Du willst doch hier keinen Ärger anfangen, was? Laß das Messer lieber stecken, sonst gehst du ganz schnell über Bord, mein Freund, und wenn du hundertmal nicht schwimmen kannst.“

      Die Hand glitt wieder zurück, aber die Augen waren drohend auf sie gerichtet.

      „Laßt ihn in Ruhe“, sagte der Seewolf. „Der Kerl scheint ein bißchen unter der Einsamkeit gelitten zu haben. Laßt ihn einfach dort hocken und gebt ihm zu essen und zu trinken. Spätestens übermorgen sind wir ihn wieder los.“

      „Aber mich interessiert mächtig, was in dem Beutel drin ist“, sagte Smoky. „Ich würde jede Wette halten, daß es Goldstücke oder ein paar Perlen sind.“

      Sie ließen den Inder in Ruhe. Malindi rührte sich auch nicht und sah erst dann auf, als der Kutscher und Carberry erschienen und ihm etwas zu essen brachten. Der Kutscher hatte es sich nicht nehmen lassen, extra für Malindi eine Portion Reis zu kochen.

      Der Kerl kratzte sich erst mal ausgiebig, bevor er die Kumme in die Hände nahm.

      Der Kutscher sah auf ihn hinunter und erstarrte, als er die vielen roten und aufgekratzten Stellen unter dem Haar entdeckte.

      „Ist was?“ fragte Carberry.

      „Der Bursche hat Läuse“, sagte der Kutscher irritiert. „Und zwar so viele, daß du sie nicht zählen kannst.“

      Carberry ruckte fassungslos herum.

      „Wie bitte? Würdest du das noch mal wiederholen?“

      „Er hat Läuse, Kopfläuse, pediculus capitis genannt. Ist doch wohl jedem ein Begriff. Und es wird nicht lange dauern, dann können wir die lieben Tierchen mit ihm teilen, denn sie sind sehr treu und anhänglich.“

      „Um Himmels willen“, sagte der Profos erschüttert und kratzte sich unwillkürlich selbst den Kopf. „Das darf doch nicht wahr sein.“

      „Ist es aber.“

       9.

      Edwin Carberry sah rot. Und wenn er rot sah, regte er sich auch meist fürchterlich auf.

      „Da hilft nur noch ein Kahlschlag“, bestimmte er. „Wir sind doch hier nicht auf einem Läusekahn. Verklar das mal dem Sir, Kutscher. Ich habe nämlich

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