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Spuren der Ogellallah waren heute noch zu lesen. So kam es, dass wir die Höhe erreichten, ohne auf ein Hindernis zu treffen. Hier hörten wir ein eigentümliches, dumpf brausendes Geräusch, das bald von einem schrillen Pfeifen unterbrochen wurde. Jetzt senkte sich das Gelände abwärts. Deshalb stiegen wir ab und gingen zu Fuß, die Tiere hinter uns herführend. Viele Meilen lang und stellenweise zwei und sogar drei Meter breit, enthält es Hunderte von Geisern und heißen Quellen. Nahe am Rande des Schlammvulkans lagerten die Ogellallah. Ganz in der Nähe gab es mehrere zentnerschwere Steine. Dort saßen die Gefangenen. Ich nahm das Fernrohr aus der Satteltasche und richtete es auf die Sioux. Wohkadeh stand bei dem Häuptling, und Martin Baumann wurde herbeigeführt. Ich hatte aufmerksam jede Bewegung der Ogellallah beobachtet und sah, wie Wohkadeh und Martin zum Schlammvulkan geschleppt wurden. Die anderen Gefangenen wurden auf ihre Pferde gehoben und festgeschnallt. Da war höchste Eile geboten. Ich schickte die Schoschonen und die Upsarokas unter den Bäumen dort hinab, wo der Wald bis an den Fluss ging, dort sollten sie übersetzen, jenseits im Galopp hinaufjagen und sich mit lautem Geheul auf die Ogellallah stürzen. Als Bob hörte, dass Martin Baumann wahrscheinlich in den siedenden Schlamm geworfen werden sollte, rannte er los. Ich ergriff meinen weittragenden Bärentöter. Da hob der Häuptling den Arm. Zweimal blitzte der Bärentöter schnell hintereinander auf und die beiden Indianer, die Wohkadeh und Martin in den Krater hinablassen sollten, stürzten tödlich getroffen zu Boden. Dort oben schien große Bestürzung zu herrschen. Von unten sah ich, wie sich Bob auch schon auf sie warf, mit der Keule um sich schlagend wie ein Herkules. Die Ogellallah schienen die heranreitenden Schoschonen und Upsarokas zu sehen und jede Besonnenheit zu verlieren, denn sie stürzten zu ihren Pferden. Die Pferde, auf denen die Gefangenen festgebunden waren, waren nicht mehr aufzuhalten. Ich sah noch, wie der Häuptling sich als Letzter auf sein Pferd schwang. Er drängte sein Pferd an Baumann heran. Ein rascher Griff und er jagte davon, flussaufwärts, Baumanns Pferd und seinen Reiter mit sich fortreißend. Ich konnte erkennen, wie Bob die Fesseln von Martin und Wohkadeh durchschnitt und dann auch die des Hobble-Frank. Frank warf sich vom Pferd, riss einem der beiden von mir erschossenen Sioux den Tomahawk aus dem Gürtel und jagte davon, dem feindlichen Häuptling nach. Ich ritt dem Sioux-Häuptling und unseren Männern hinterher. Frank hatte sich hinter dem Häuptling aufs Pferd geschwungen, doch dann ging dieses mit beiden Reitern in den Fluss.

      Der Ogellallah verschwand und Frank mit ihm. Es fand ein erbittertes Ringen unter Wasser statt. Als Frank an der Oberfläche erschien, hatte er den besiegten Feind bei den Haaren gefasst und kam langsam ans Ufer geschwommen. Winnetou hatte mit den Schoschonen und den Upsarokas die Ogellallah in der Schlucht eingeschlossen, wo sich die Gräber der von mir vor drei Jahren getöteten Sioux befanden. Nun begaben wir uns alle dorthin. Durch eine plötzlich eintretende Erderuption gab es einiges Durcheinander, wobei dem Sioux-Häuptling die Flucht gelang. Martin Baumann eilte ihm hinterher und holte ihn bei einem stufenartigen Felsvorsprung ein. Wir sahen die beiden auf Tod und Leben miteinander ringen. In einer Kampfpause verlor der Rote das Gleichgewicht, griff mit beiden Händen in die Luft, glitt aus, stürzte von dem Felsen herab und in das unten gähnende Schlammloch hinein, dessen grauenvoller Rachen ihn sofort verschlang. Das hatten alle gesehen, die sich im Talkessel befanden. Wir mussten mit den Ogellallah verhandeln, denn ihren Tod wollten wir nicht. Das war ein kühner Gang, doch bald kehrten ich und Winnetou zurück, an der Spitze der Ogellallah, die in einer langen Einzelreihe folgten. Die Weißen, die Schoschonen und die Upsarokas kamen überein, mit den Sioux Frieden zu schließen. Alle geraubten Medizinen wurden den Upsarokas zurückgegeben. Nun wurden die beiden von mir erschossenen Sioux herbeigeholt und in der Nähe des Häuptlings begraben. Der Tag wurde mit ernsten Leichenfeierlichkeiten verbracht, und dann verließ man das ungesunde Tal, um den Wald aufzusuchen, wo man sich von den Anstrengungen der letzten Zeit erholen wollte. Als am Abend die Lagerfeuer brannten, saßen Freunde und Feinde versöhnt beieinander, um sich befriedigt über die jüngsten Abenteuer zu unterhalten.

      Dienstag, 23. August 1864:

      Am Tag darauf trennten wir uns: Die drei Indianerstämme, die Upsarokas, die Schoschonen und die Sioux-Ogellallah, kehrten zu ihren Dörfern zurück. Auch Winnetou verließ uns, um zu seinen Mescalero-Apatschen heimzukehren, die westlich des Llano Estacado an einem Nebenarm des Rio Pecos ihre Pueblos hatten; und wir verabredeten, uns dort am Rande des Llano Estacado wiederzutreffen. Die Reisegruppe, der sich der Bärenjäger Baumann angeschlossen hatte, zog weiter. Wir anderen, Hobble-Frank, Bob, der Dicke Jemmy, der Lange Davy, Wohkadeh und ich, ritten mit Vater und Sohn Baumann zu deren Farm, wo wir einige Zeit bleiben wollten.

      Samstag, 10. September 1864:

      Heute zog es Jemmy, Davy und mich weiter. Bob wollte nicht länger bleiben, denn er war noch immer auf der Suche nach seiner Mutter und wollte sich uns anschließen. Auch Hobble-Frank ritt mit uns. Nur Wohkadeh, der eine innige Freundschaft mit Martin Baumann geschlossen hat, blieb dort zurück.

      Mittwoch, 28. September 1864:6

      Unser Weg führte in südliche Richtung. Als wir einige Tagesritte vom Llano Estacado entfernt waren, trennte ich mich von den vieren: zuerst von Frank und Bob und einen Tag später von Jemmy und Davy, die noch an den Washita River wollten. In knapp einer Woche planten wir uns am Rande des Llano Estacado in Helmers’ Home wiederzutreffen. Ich ritt nach Fort Sill, um meinen Munitionsvorrat zu ergänzen, der langsam zur Neige ging. Ich war vor drei Jahren schon einmal in Fort Sill gewesen, als Colonel Olmers noch dort kommandierte. Kurz bevor ich im Fort ankam, war auch sein Nachfolger, Colonel Blaine, abberufen und durch Major Owens ersetzt worden.

      Dienstag, 4. Oktober 1864:

      Ich hatte mich nicht lange im Fort Sill aufgehalten. Nachdem ich meinen Munitionsvorrat ergänzt und mich auch noch mit einigen anderen Kleinigkeiten versehen hatte, setzte ich meinen Ritt in Richtung Helmers’ Home fort, das ich heute noch zu erreichen gedachte. Es war um die Mittagszeit, als ich dort ankam. Hobble-Frank saß mit zwei Männern, es waren der Wirt John Helmers und der Juggle Fred, der auf eine Reisegruppe wartete, vor dem Haus auf der Bank und sie begrüßten mich herzlich. Indessen kam freudestrahlend der Neger Bob herbei. Nun saßen wir beisammen, um die Ereignisse des gestrigen Tages zu besprechen. Besonders vom Schuss in die Stirn eines Verbrechers durch den geheimnisvollen Bloody-Fox, den Hobble-Frank auf höchstens fünfzehn oder sechzehn Jahre schätzte, wurde mir ausführlich erzählt. Und weiter, dass ein angeblicher Mormonenmissionar, der sich Tobias Preisegott Burton nannte und dem niemand traute, plötzlich verschwunden wäre. Da gesellte sich ein angeblicher Kavallerie-Offizier der US-Streitkräfte zu uns, der vor mir angekommen war und sich bis jetzt auf seinem Zimmer befunden hatte. Er kam mir bekannt vor und ich erinnerte mich, dass er Stewart hieß und in Las Animas wegen eines Überfalls auf einen Bahnzug in Untersuchungshaft gewesen war. Deshalb glaubte ich ihm auch nicht, dass er Kavallerie-Offizier sei, dessen ‚Truppen‘ bei Fort Sill stünden und die dieser Tage hier eintreffen würden. Ich bezeichnete ihn als einen Lügner. Da verschwand er in seinem Zimmer und wir unterhielten uns noch kurze Zeit über diesen Vorfall und kamen dann wieder auf den Llano Estacado zu sprechen, wohin ich wahrscheinlich am nächsten Tag aufbrechen wollte. Von Bob erfuhren wir einige Zeit später, dass sich der angebliche Offizier aus dem Staub gemacht hatte. Ich hielt ihn für einen der ‚Llanogeier‘, die Reisegruppen in dieser Wüste überfielen, ausraubten und ermordeten. Deshalb musste ich unbedingt wissen, wohin er geritten war. Frank und Fred begleiteten mich und wir folgten der Spur des Verdächtigen. Wir kamen in eine Gegend, deren Vegetation immer dünner wurde, und trafen dort auf den Dicken Jemmy und den Langen Davy mit einem jungen Indianer. Es war Eisenherz, der Sohn meines Freundes Tevua-schohe (Feuersturm), des Häuptlings der Komantschen, mit dem ich die Pfeife des Friedens geraucht hatte. ‚Llanogeier‘ hatten ihn gestern ermordet, und die drei waren jetzt hinter den Mördern her. Wir beschlossen, die Verbrecher zu jagen, zumal sie nicht nur eine Auswanderergruppe überfallen wollten, sondern auch den Trupp, den Juggle-Fred durch den Llano führen sollte und der sich stattdessen den Auswanderern angeschlossen hatte. Ich wollte zurückreiten, um Bob zu holen und für Lebensmittel und auch für einen kleinen Wasservorrat zu sorgen. Kaum war ich in Helmers’ Home angelangt, brach ein Tornado herein. John Helmer versorgte mich mit dem nötigen Vorrat, und als der Tornado weggezogen und hart an Helmers’ Home vorübergegangen war, brach ich mit Bob auf.

      Mittwoch, 5. Oktober 1864:

      Mitternacht war schon

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