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für das Verständnis von „Jünger“ innerhalb des MtEv, weil hier in 10,2-4 zwölf Personen namentlich aufgelistet und diese Zwölf unmittelbar vorher und nachher als „seine zwölf Jünger“ (10,1: τοὺς δώδεκα μαθητὰς αὐτοῦ; 11,1: τοῖς δώδεκα μαθηταῖς αὐτοῦ) bezeichnet werden. Deswegen gibt es für die Formulierungen „seine Jünger“ und „die Jünger“ nach Mt 10 im Unterschied zu den ersten neun Kapiteln einen Informationsgewinn, weil man statt vier oder fünf nun zwölf Jünger Jesu namentlich kennt. Wenn nun ab Mt 11 allgemein von „den Jüngern“ Jesu, „seinen“, „deinen“, „meinen“ oder „allen“ Jüngern die Rede ist, dann darf man zumindest an diese Zwölf denken (so wie man ab 4,18-22 bis 9,9 beim Ausdruck „seine Jünger“ zumindest an die beiden Bruderpaare denkt). Aber: Obwohl auch nach Mt 10 keine Person mit dem Substantiv μαθητής bezeichnet wird, die nicht zum Zwölferkreis gehört, darf man daraus nicht schlussfolgern, dass dieses Fehlen ein Beweis dafür wäre, dass mit „Jünger“ immer ausschließlich der Zwölferkreis als Ganzes oder einzelne Glieder des Zwölferkreises gemeint sind. Denn diese Formulierungen behalten ihren allgemeinen Charakter. Dass man bei diesen Formulierungen nicht immer und nicht nur an den Zwölferkreis als Ganzes denken darf, belegen drei wichtige Passagen. Erstens: Besonders beachtenswert ist 17,1-20: in 17,6.10.13 wird mit „die Jünger“ (v.a. aufgrund der rahmenden Verse 1 und 14a) eindeutig nur auf drei der zwölf Jünger Bezug genommen wird, Petrus und die Zebedaiden. Und wenn dann in V.16 der Vater des mondsüchtigen Jungen an Jesus gerichtet sagt: καὶ προσήνεγκα αὐτὸν τοῖς μαθηταῖς σου, dann impliziert das, dass das in Abwesenheit Jesu und der drei genannten Jünger geschehen war (entsprechend dazu οἱ μαθηταί in V.19). D.h.: In V.16 ist mit τοῖς μαθηταῖς σου und in V.19 mit οἱ μαθηταί nur ein Teil des Zwölferkreises gemeint. Zweitens: Genau der gleiche Fall liegt in 26,36-46 vor: im Garten Gethsemane kehrt Jesus jeweils von seinem Gebet zu πρὸς τοὺς μαθητάς (26,40.45) zurück, womit der Evangelist laut V.37 die bekannten Drei des Zwölferkreises meint. Drittens: Dass mit „die Jünger“ auch ein Teil der Jüngerschar (nicht notwendigerweise des Zwölferkreises!) bezeichnet werden kann, belegt 21,6 (οἱ μαθηταί), womit zurück auf die δύο μαθητάς aus V.1 verwiesen wird (s.u. zu Zahlen).

      Zu 1b: μαθητής + δύο / + ἕνδεκα / + δώδεκα. Auffallend sind die Kombinationen von μαθητής und den Zahlen δώδεκα, ἕνδεκα und δύο. Erstens μαθητής + δώδεκα: Man beachte zunächst die Formulierungen „seine zwölf Jünger“ in Mt 10,1 (τοὺς δώδεκα μαθητὰς αὐτοῦ) und 11,1 (τοῖς δώδεκα μαθηταῖς αὐτοῦ), die eindeutig auf die zwölf namentlich aufgelisteten Personen bezogen sind (10,2-4). Ob der Evangelist in 20,17 ursprünglich τοὺς δώδεκα oder τοὺς δώδεκα μαθητάς schrieb, ist textkritisch umstritten. Eigentlich gehört auch die Textstelle 26,26 zu der Kombination von μαθητής und δώδεκα: zwar heißt es dort nur, dass er „den Jüngern“ (τοῖς μαθηταῖς) das Passahbrot gab, aber laut 26,20 lag Jesus „mit den Zwölf“ (μετὰ τῶν δώδεκα) zu Tisch. Ob laut 26,17.19 (jeweils οἱ μαθηταί) alle Zwölf, Einzelne der Zwölf, oder gar Personen außerhalb der Zwölf das Passahmahl vorbereiten sollten, bleibt aber offen. Zweitens μαθητής + δύο. Zur Vorbereitung seines Einzugs nach Jerusalem hatte Jesus laut 21,1 „zwei Jünger“ (δύο μαθητάς) geschickt, sie sollten ein Eselfohlen holen. Interessant ist, dass auf diese beiden Jünger zurückverwiesen wird, wenn es in 21,6 heißt, dass „die Jünger“ (οἱ μαθηταί), also ohne die Anzahl der Jünger wiederholend zu nennen, hingingen, um Jesu Anweisungen umzusetzen. Die genaue Identität der beiden Jünger in 21,1-7 bleibt unklar. Drittens μαθητής + ἕνδεκα: Zuletzt ist die Formulierung „aber die elf Jünger“ (Οἱ δὲ ἕνδεκα μαθηταί) in 28,16 zu nennen: damit wird indirekt auf den Zwölferkreis verwiesen, da das Zwölferkreis-Mitglied Judas sich zuvor erhängt hatte (27,3-6). Ob aber bereits in 28,7.8 (jeweils τοῖς μαθηταῖς αὐτοῦ) nur die elf Jünger gemeint waren, ist nicht eindeutig (vgl. II,4.1.1).

      Zu 2: μαθητής + Johannes / + Pharisäer / + Herodianer. Erstens μαθητής + Johannes: Besonders bemerkenswert ist, dass in Mt 9,14 οἱ μαθηταὶ Ἰωάννου Jesus nach dem Grund für das Nicht-Fasten seiner Jünger befragen. Dies wird sich in Mt 11,2 insofern wiederholen, als dass Johannes „durch seine Jünger“ (διὰ τῶν μαθητῶν αὐτοῦ) Jesus fragen lässt, ob er der „Kommende“ sei. Ebendiese „seine Jünger“ (οἱ μαθηταὶ αὐτοῦ) holen dann in Mt 14,12 den Leichnam des Johannes. Zweitens μαθητής + Pharisäer (evtl. + Herodianer): In 22,16 schreibt der Evangelist über die Pharisäer: καὶ ἀποστέλλουσιν αὐτῷ τοὺς μαθητὰς αὐτῶν μετὰ τῶν Ἡρῳδιανῶν. Zunächst sollte man festhalten, dass der Evangelist Mt auch die „Anhänger“ der Partei der Pharisäer „Jünger“ nennt.28 Desweiteren könnte man theoretisch zwischen μετά und τῶν Ἡρῳδιανῶν eine elliptische Auslassung annehmen und diese „Lücke“ aufgrund des vorangehenden μαθητὰς αὐτῶν mit τῶν μαθητῶν auffüllen. In diesem Fall hätte Herodes (und die zu ihm gehörige Elite) ebenfalls „Jünger“.29 Allerdings fehlt zwischen μετά und τῶν Ἡρῳδιανῶν kein grammatisch notwendiges Satzglied, so dass es nicht zwingend ist, dort „Jünger“ hineinzulesen.

      Zu 3: Ein unbestimmter μαθητής. Die folgenden drei Vorkommen von „Jünger“ beziehen sich nicht direkt auf konkrete Personen (vgl. zum Folgenden II,1.2). Erstens Mt 10,24f: Die ersten beiden Vorkommen „(ein) Jünger“ (10,24: μαθητής) und „dem Jünger“ (10,25: τῷ μαθητῇ) sind Teil der Aussendungsrede Jesu 10,5-42. Jesus adressiert darin die zwölf Jünger (10,1; 11,1), die er im unmittelbaren Kontext von 10,24f direkt anredet (man beachte ὑμᾶς in V.23 und Μὴ οὖν φοβηθῆτε in V.26). Die Propositionen Οὐκ ἔστιν μαθητὴς ὑπὲρ τὸν διδάσκαλον und ἀρκετὸν τῷ μαθητῇ ἵνα γένηται ὡς ὁ διδάσκαλος αὐτοῦ klingen wie allseits bekannte Regeln über ein normales bzw. ideales Lehrer – Schüler-Verhältnis. Diese Regel dürfte im Zusammenhang von 10,16-39 die semantisch-kommunikative Funktion einer Erklärung für die Verfolgungssituation der Schüler bzw. Jünger Jesu einnehmen. Zweitens Mt 10,42: im Ausdruck „im Namen eines Jüngers“ (εἰς ὄνομα μαθητοῦ) ist „Jünger“ ebenfalls allgemein formuliert, wobei es aber keine allseits bekannte Norm widergibt wie die beiden ersten Vorkommen. Zwar werden zunächst in V.40a die zwölf Jünger adressiert (man beachte ὑμᾶς), aber die Verse 41 und 42 sind grundsätzlich formuliert, nach dem Prinzip einer Verheißung „wer das tut, dem geschieht das“.

      Schließlich ist zu fragen, auf wen das Verb μαθητεύω bezogen ist? Beim ersten Mal ist μαθητεύω auf einen „Schriftgelehrten“ bezogen (Mt 13,52): διὰ τοῦτο πᾶς γραμματεὺς μαθητευθεὶς τῇ βασιλείᾳ τῶν οὐρανῶν […]. Die einzige Bedingung bzw. Qualifizierung ist, dass er ein „Jünger des Himmelreichs geworden ist“. Interessanterweise ist der Schriftgelehrte kein Jünger Jesu geworden, sondern ein Jünger des Himmelreichs. Dennoch kommuniziert diese Formulierung, dass der Schriftgelehrte dadurch (indirekt) ein Jünger Jesu wird. Diese einzigartige Kombinationsart erklärt sich nämlich dadurch, dass es ein Bestandteil der Gleichnisrede ist, bestehend aus diversen Gleichnissen zum „Himmelreich“. Und laut 13,10-17 ist es ausschließlich Jesu Jüngern gegeben, die Himmelreich-Gleichnisse

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