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aber es verbrannte mich nicht, sondern riss mich in die Realitäten zurück. Ich war Iruna von Bass-Teth sogar dankbar dafür. Zögernd erhob ich mich.

      Du bist unverbesserlich!, zürnte mein Extrasinn. Kaum entflammt eine schöne Frau dein Herz, schon ist sie für dich eine Göttin, und es gibt nichts anderes mehr im Universum.

      Ich sah es ein. Nach all meinen Erfahrungen schien ich mit der Zeit reifer zu werden. Doch vielleicht war es nur Irunas auffordernder Blick, der mich an die Pflichten erinnerte, die mir auferlegt waren.

      Ich kam zur Besinnung. Meine Gefühle blieben allerdings unverändert, auch wenn ich mir wieder aller Realitäten bewusst wurde.

      »Danke, Iruna!«, sagte ich.

      Sie nahm lächelnd die Hände von meinen Schultern und blickte auffordernd an mir vorbei.

      Ich wandte mich um. Tengri, Jen und Giffi Marauder standen mir gegenüber. Ich gewann den Eindruck, als hätten sie lange darauf gewartet, dass mir ihre Anwesenheit wieder bewusst wurde.

      »Entschuldigt, bitte!«, sagte ich. »Vor allem du, Jen, dass ich nicht gebührend auf deine Rückkehr reagierte. Es war wohl alles ein bisschen zu viel für mich.«

      »Ich war draußen gewesen«, erklärte Jen.

      Ich erschrak. Seine Stimme klang, als wäre jedes Wort gefroren und würde beim Sprechen zersplittern. Er musste Schreckliches erlebt haben.

      Im nächsten Moment sank Jen Salik gleichsam im Zeitlupentempo in sich zusammen. Gemeinsam mit Tengri sprang ich hinzu. Ich fing ihn auf, während der Hathor ihm die Gestalt mit dem Horuskopf abnahm und sachte zu Boden gleiten ließ.

      »Es ist Larch«, sagte Giffi Marauder und half mir, den bewusstlosen Terraner mit dem Rücken zur Wand auf dem Boden abzusetzen. »Ich meine den Vogelköpfigen«, fügte er hinzu.

      »Larch?«, wiederholte ich, aber der Name sagte mir nichts. »Was ist er für ein Wesen?«

      »Ich weiß es nicht«, antwortete der Nomade.

      Irgendwie erweckten Giffi Marauders Anblick und seine Stimme in mir das Gefühl, als wäre ich ihm schon irgendwann begegnet.

      Das ist nicht möglich!, wisperte der Logiksektor. Du würdest dich erinnern. Du hast ein fotografisches Gedächtnis.

      Ich gab es auf, darüber nachzugrübeln, obwohl etwas in mir bohrte und behauptete, dass da eine Lücke in der Argumentation des Logiksektors sei.

      Ein Blick auf Jen zeigte mir, dass er wieder ins Bewusstsein zurückkehrte. Der Cybermed seines TIRUNS hatte wahrscheinlich großen Anteil daran.

      Als Jen Salik gleich darauf die Augen öffnete, war sein Blick schon sehr viel klarer als zuvor. »Gut so, mein Freund!«, sagte ich, und wandte mich Tengri zu.

      Der Hathor kniete neben dem Vogelköpfigen, eine Mischung aus Trauer, Wehmut und Schmerz im Gesicht. Ich ahnte, was geschehen war, und ging neben Tengri in die Hocke.

      »Er ist tot?«, flüsterte ich.

      Tengri nickte stumm.

      »Kanntest du ihn?«

      Er lächelte flüchtig.

      »Nicht ihn. Aber ich kannte Wesen, die ähnlich waren wie er. Nur hatte ich vor seinem Auftauchen nicht geahnt, dass es noch einen von ihnen gäbe – Horach-Teh, die Abgesandten der Alten, der Könige oder der Großen oder wie immer sie genannt wurden.«

      »Giffi Marauder nannte ihn Larch. Weißt du, was er hier suchte, Tengri?«

      »Nein, aber ich kann mir denken, dass er das Wesen war, das Jagd auf Jen machte. Anscheinend hat er ihn aus der Tiefe ins Standarduniversum befördert, auch wenn mir das nahezu unvorstellbar erscheint. Und noch rätselhafter ist für mich, dass Jen in die Tiefe zurückkehren konnte.«

      »Wir waren nicht im normalen Universum«, meldete sich Jen. »Larch entführte mich nur in eine Art Subtiefe – in ein strahlenerfülltes Mikrouniversum unter diesem Kontinuum, das unter dem Einsteinraum liegt. Ich weiß nicht, was er dort von mir wollte. Die Tiefe holte uns unvermittelt zurück – und wir gingen dabei durch tausend Höllenfeuer. Er hat es offenbar nicht verkraftet. Er ist tot, oder?«

      »Ja, er ist tot«, bestätigte Tengri. »Nun werde ich niemals erfahren, ob er aus eigenem Antrieb hier war oder ob ihn jemand schickte.«

      »Möglicherweise wurde er von Wesen geschickt, die er ›die Großen‹ nannte«, warf Giffi Marauder ein. »Er fand eine geistige Verbindung zu DNS-Molekülen, die angeblich eine Sextadimkomponente besitzen, wie sie für Angehörige des Harpoon-Clans charakteristisch waren. Als jemand diese Verbindung trennte, sagte Larch etwas von Spielarten des Sanskari. Und dass niemand im Universum mehr auch nur eine Spielart davon beherrscht – außer den Großen, die aber niemals persönlich in die unteren Ebenen kämen. Es muss trotzdem einer von ihnen in der Tiefe sein, denn jemand hat schließlich Larchs geistige Verbindung mit dem Diddor-Sanskari abgetrennt.«

      »Das war ich«, stellte Tengri klar.

      »Du?«, hauchte der Nomade. »Du bist einer der Großen?«

      »Nein«, wehrte der Hathor ab. »Die Großen ...« Er schüttelte den Kopf. »Sie können nicht mehr existieren! Und doch ...« Er musterte den Toten, schüttelte wieder den Kopf. »Nein, das ist kein echter Horach-Teh, sondern eher ein modifizierter Nachkomme der durch die alte Gentechnik geschaffenen Königsboten.«

      Lethos-Terakdschan blickte den Nomaden durchdringend an. »Giffi Marauder, hat dieses Wesen darüber hinaus etwas ausgesagt?«, fragte er beinahe inquisitorisch und deutete auf den toten Larch.

      Der Nomade öffnete den Mund, als wollte er antworten, aber dann runzelte er die Stirn und schloss den Mund wieder, als hätte er es sich anders überlegt.

      »Nein«, erklärte er nach einer Weile.

      »Ich verstehe«, sagte Tengri bitter. »Vielleicht änderst du deine Meinung noch, Giffi Marauder.«

      Der Nomade zuckte die Schultern. »Meinetwegen könnt ihr Shaggy zu mir sagen«, seufzte er in verändertem Tonfall. »Hilda nennt mich immer so.«

      »Wer ist Hilda?«, fragte Jen.

      Shaggy grinste lausbubenhaft. »Die Positronik meines SERUNS.«

      »Gut, wechseln wir das Thema!«, schlug Tengri Lethos vor. »Jen, du sagtest, Larch hätte dich in eine Art Subtiefe entführt. Ich denke, ich weiß, was damit gemeint ist. Nur hätte die Tiefe euch in dem Fall nicht zurückholen können.«

      »Shiva ...!«, flüsterte Shaggy.

      Lethos-Terakdschan fuhr ruckartig zu ihm herum. »Shiva?«, rief er ungläubig.

      »Oh, ich habe nur einen alten Gott angerufen«, behauptete der Nomade, wenngleich ihm die Verlegenheit dabei deutlich anzumerken war. »Keinen richtigen Gott«, fügte er sofort hinzu, »eher eine Art Gottheit.« Sein Gesicht nahm einen grüblerischen Ausdruck an. »Wenn ich nur wüsste ...!«, sagte er im Selbstgespräch und schüttelte den Kopf.

      Von ihm erfahrt ihr nichts!, raunte mein Extrasinn. Hört endlich auf mit dem unfruchtbaren Geplänkel, sonst werdet ihr von den Ereignissen überrollt. Die Grauen Armeen bleiben euretwegen nicht stehen.

      Ich stemmte mir die Fäuste in die Seite. »Nur noch eine Frage, Shaggy, danach geht es wieder an die heißesten Eisen. Ich sah kürzlich ein Wesen von deinem Aussehen sterben und sich dabei in einen Grauen Lord verwandeln. Gab es irgendeine Beziehung zwischen euch?«

      »Dieses Wesen war Lordrichter Wraihk«, entgegnete Marauder.

      »Ja, das behauptete es jedenfalls.« Ich musterte ihn eindringlich.

      »Es hatte mein Aussehen angenommen«, ergänzte er. »Aber Wraihk ist nicht tot.«

      »Und du hast längst nicht alles gesagt, was du darüber weißt«, behauptete ich.

      »Es gibt Worte, die einem einfach nicht über die Lippen kommen«, erklärte der Nomade. »Ich kann

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