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Die bekanntesten Werke von Robert Louis Stevenson. Robert Louis Stevenson
Читать онлайн.Название Die bekanntesten Werke von Robert Louis Stevenson
Год выпуска 0
isbn 9788027230266
Автор произведения Robert Louis Stevenson
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Hier steh’ ich mutterwindallein in aller Augen
sind allzu derb, um wiedergegeben zu werden; aber sie durchliefen wie das Feuerkreuz im Fluge die ganze Nachbarschaft und wurden zitiert, rezitiert, paraphrasiert und belacht, überall von Dunfries bis Dunbar.
Diese vier Brüder verknüpfte ein enges Band – das der gegenseitigen Bewunderung oder besser Heldenverehrung –, wie dergleichen bei einsam lebenden Familien, in denen viel Tüchtigkeit und wenig Kultur herrscht, nur allzu häufig ist. Selbst die Extreme bewunderten einander. Hob, in welchem etwa ebensoviel Poesie lebte wie in einem Schürhaken, gab vor, Dandies Verse innig zu lieben; Clem, der nicht mehr religiöses Empfinden als Claverhouse besaß, bezeugte eine aufrichtige oder doch zum mindesten offenmäulige Bewunderung für Gibs Frömmigkeit, und Dand verfolgte mit sichtlichem Behagen Clems Aufstieg in der Geschäftswelt. Hand in Hand mit dieser Bewunderung ging duldsame Nachsicht. Der Großbauer, Clem und Dand, die sämtlich Tories und glühende Patrioten waren, beschönigten untereinander schüchtern und verlegen Gibs revolutionäre Ketzereien. Wiederum nahmen Hob, Clem und Gib, alle drei peinlich tugendhafte Männer, Dandies lockeren Lebenswandel schweigend als eine Art Hemmschuh oder Nachteil in den Kauf, wie ihn eine rätselhafte Vorsehung den Barden zum Zeichen ihres poetischen Genies eigens auferlegt. Um die Einfalt ihrer gegenseitigen Bewunderung wahrhaft zu würdigen, mußte man Clem, wenn er daheim zu Besuch war, im Geiste der Ironie über die Angelegenheiten der großen Stadt Glasgow und die Personen, mit denen er dort zu tun hatte, reden hören. Diese verschiedenen Persönlichkeiten – Geistliche, städtische Beamte und Größen der Geschäftswelt – wurden allesamt angeschwärzt; alle waren nur dazu da, um ein schmeichelhaftes Licht auf das Haus in Cauldstaneslap zu werfen. Den Bürgermeister, dem Clem ausnahmsweise noch eine gewisse Achtung entgegenbrachte, pflegte er mit Hob zu vergleichen. »Er erinnert mich an den Gutsherrn hier«, meinte er. »Er hat etwas von Hobs großartigem, gesundem Menschenverstand und schiebt auch genau wie er die Lippe so vor, wenn ihm was gegen den Strich geht.« Worauf Hob völlig unbewußt die Oberlippe herunterzog und zum Vergleich die erwähnte furchterregende Grimasse produzierte. Der unbeliebte Pfarrer von St. Enoch wurde mit der kurzen Bemerkung abgetan: »Ja, wenn er auch nur zwei Fingerbreit von Gibs Talent hätte, dann würde er’s ihnen schon zeigen!« Und der ehrliche Gib schlug bescheiden die Augen nieder und lächelte still in sich hinein. Clem war der Kundschafter, den sie in die große Welt geschickt hatten. Er war mit der guten Nachricht zurückgekehrt, daß sich dort niemand mit den vier schwarzen Brüdern vergleichen könne; daß es keine Stellung gäbe, der sie nicht zur Zierde gereichen würden, keinen Beamten, dessen Posten sie nicht besser auszufüllen vermöchten, keine Angelegenheit, weltlicher oder geistlicher Art, die nicht unter ihrer Pflege sofort zur höchsten Blüte gedeihen müßte. Die Entschuldigung für ihre Torheit läßt sich in zwei Worte zusammenfassen: Sie unterschieden sich kaum um Haaresbreite von der eigentlichen Bauernschaft. Ihre Vernunft ließ sich an der Tatsache ermessen: dieses Symposium rustikaler Eitelkeit wurde in der Familie selbst gefeiert und dort gleich einer geheimen, ererbten Zeremonie begangen. Der Welt gegenüber trübte auch nicht der Schatten eines selbstzufriedenen Lächelns den Ernst ihrer Gesichter. Trotzdem wußte die Welt davon. »Sie halten große Stücke auf sich!« hieß es rings in der Umgegend.
Endlich gilt es, in dieser Geschichte aus den Grenzlanden auch noch ihre Spitznamen zu erwähnen. Hob hieß »der Gutsherr«. »Roy ne puis, prince ne daigne«; er war der Herr über Cauldstaneslap – also über rund fünfzig Acres eigensten Landes. Clemens war einfach Mr. Elliott, wie auf seinem Türschild geschrieben stand; das ehemalige Beiwort »toll« hatte man längst fallenlassen, da es unangebracht und obendrein nur ein Beweis für die Urteilsschwäche und Torheit der öffentlichen Meinung war; und der Jüngste wurde zu Ehren seiner unstillbaren Wanderlust der »Wander-Dandie« genannt.
Selbstverständlich stammten all diese Informationen nicht durchweg von der Tante, die selbst zu viel von den Familienschwächen besaß, um diese bei den anderen von Grund auf würdigen zu können. Mit der Zeit jedoch wurde Archie einer Lücke in der Familienchronik inne.
»Aber ist denn nicht noch ein Mädchen da?« forschte er.
»Ja: Kirstie. Sie wurde nach mir getauft oder nach meiner Großmutter – was dasselbe ist«, entgegnete die Tante und fuhr sogleich fort, von Dand zu sprechen, den sie seines galanten Lebenswandels wegen insgeheim bevorzugte.
»Und wie ist eigentlich deine Nichte?« warf Archie bei nächster Gelegenheit ein.
»Die? So schwarz wie Euer Hut! Aber so richtig häßlich kann man sie auch nicht gerade nennen. Nein, eigentlich ist sie ein ganz hübsches Balg – so ‘ne Art Zigeunerin«, meinte die Tante, die zwei Maßstäbe hatte, einen für die Männer und einen für die Frauen – oder vielleicht wäre es richtiger, von dreien zu sprechen: der dritte und strengste galt den Mädchen.
»Wie kommt es, daß ich sie niemals in der Kirche sehe?« fragte Archie.
»Tja, ich glaube, sie wohnt in Glasgow bei Clem und seiner Frau. Viel Gutes kann auch nicht dabei rausspringen! Ich würde ja nichts sagen, wenn sich’s um ein Mannsbild handelte; aber wo Weiber geboren sind, da sollen sie auch bleiben! Gott sei Lob und Dank! Ich bin mein Lebtag nicht über Crossmichael rausgekommen!«
Allmählich begann es Archie auch aufzufallen, daß, obwohl Kirstie ständig das Lob ihrer Sippe sang und deren Tugenden, ja selbst deren Laster gleich einer persönlichen Auszeichnung schätzte, dennoch keine Spur von Herzlichkeit zwischen den Häusern Hermiston und Cauldstaneslap zu walten schien. Wenn die adelige Jungfer Haushälterin den sonntäglichen Kirchgang antrat, die Röcke dezent aufgeschlagen, daß drei Fingerbreit ihres weißen Unterrocks hervorguckten, bei schönem Wetter angetan mit ihrem besten, in strahlenden Farben erglänzenden Kaschmirschal, überholte sie mitunter ihre bedächtiger einherschreitenden Verwandten. Gib war natürlich nicht dabei; bei Tagesanbruch hatte er sich nach Crossmichael zu seinen Mitketzern begeben; aber die übrige Familie sah man in offener Marschordnung daherkommen: voran Hob und Dand, steifnackig, kerzengerade, sechs Fuß hoch mit strengen, dunklen Gesichtern, ihre Plaids um die Schultern geschlungen: dahinter der Convoi Kinder (glänzend vor Seife und Wasser), rings am Wegrande zerstreut und nur von Zeit zu Zeit auf den schrillen Ruf der Mutter sich sammelnd; und endlich die Mutter selbst, die – o vielsagender Umstand, der einem erfahreneren Beobachter als Archie wohl allerlei zu denken gegeben hätte! einen fast gleichen, aber unverkennbar neueren und um eine Schattierung grelleren Schal trug als Kirstie selbst. Bei diesem Anblick wuchs Kirstie noch um einige Zoll – sie zeigte ihr klassisches Profil, die Nase in der Luft und mit leicht bebenden Nüstern, während das reine Blut in ihren Adern ihre Wangen mit einer zarten, gleichmäßigen Röte überhauchte.
»Wünsche Euch einen schönen Tag, Mistreß Elliott«, sagte sie, und Feindseligkeit und Vornehmheit verschmolzen in ihrer Stimme zu einer wohlabgewogenen Mischung. »Schön’ guten Tag, Madam«, pflegte des »Gutsherrn« Frau mit einem unnachahmlichen Knicks zu erwidern, während sie ihre Federn – oder mit anderen Worten das Muster ihres Kaschmirschals – mit einer dem gemeinen Mannsbild völlig unerreichbaren Kunst spreizte. Von nun an marschierte das gesamte Cauldstaneslaper Kontingent in geschlossener Ordnung und mit einem unbeschreiblichen Ausdruck, der verriet, daß es sich in der Gegenwart des Feindes befände, und während Dandie seine Tante mit der Vertraulichkeit des gern gesehenen Neffen begrüßte, stolzierte