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für diese Aufforderung, dem Reich zu helfen, 20 Mark — was Herr Hinrichsen billiger hätte haben können, wenn er nur die Bekanntmachung des Generalkommandos in den Zeitungen gelesen hätte.

      Aber bei näherer Überlegung fand Herr Hinrichsen dass Professor Heinemann gar nicht Unrecht hatte. Denn es handelte sich doch in der Hauptsache darum, das Fettherz zu verlieren, und wenn das mit Schneeschippen erreicht wurde, wozu brauchte man dann nach dem teueren Karlsbad?

      Herr Hinrichsen berechnete, dass er mindestens tausend Mark sparte, und er dachte weiter — da er im Grunde seines Herzens ein anständiger Mensch war — dass er damit den Hinterbliebenen der gefallenen Krieger nützen könnte.

      Herr Hinrichsen also überwies der Zentralstelle für diese Fürsorge tausend Mark und machte sich tags darauf mit dem frohen Gefühl eines Menschen, der seine Pflicht tut, an das Schneeschippen.

      Er wählte als Schauplatz seiner ersten Tätigkeit im Zivildienst das Haus, das er selber besass und ging seinen Mietern mit gutem Beispiel voran; da der Schnee hoch lag und die Kohlenfuhrwerke stecken blieben, so war es wirklich höchste Zeit, dass alle Arme mobil gemacht wurden, und kaum hiess es:

      „Wisst Ihr das Neueste? Hinrichsen schippt Schnee!“ — Da kamen sie alle herbei und staunten das Wunder an.

      Und dann griffen sie selber mit zu. Und die ganze Strasse auf und ab tönte es in die Ohren des braven Hausherrn:

      Hinrichsen schippt! Was sagt Ihr dazu! Hinrichsen als Schneeschipper! So was! Es gibt auch noch Männer, auch wenn sie „d. u.“ sind.

      Kurz und gut, Hinrichsen machte sich ehrliche Freunde, und wie er abends todmüde in sein Bett kroch, da war es ihm bereits viel leichter ums Herz — sowohl in seelischer als in leiblicher Hinsicht.

      Und das hielt an. Das Fettherz ging zurück, und als es nichts mehr zu schippen gab, weil die Sonne allmählich immer fröhlicher ihre Frühlingsstrahlen auf die Erde sandte und im Grunewald schon die Veilchen und Primeln geblüht hätten, wenn es eben im Grunewald so was gäbe, da meldete sich Hinrichsen beim Kommando und erhielt einen Posten als Aktenträger beim stellvertretenden Generalstab. Denn Hinrichsen war in seiner Jugendzeit Soldat gewesen und da konnte man ihm so etwas schon anvertrauen.

      Also nun war Hinrichsens Traum erfüllt. Das Fettherz war zusammengeschrumpft. Freilich, die Liebe zu Elschen blieb immer noch zwischen den Falten der Herzkammer hängen und war nicht wegzukriegen. Hinrichsen ging täglich mit seiner Mappe durch die Strassen und trug sein schwarzweissrotes Armband mit der Aufschrift „Zivildienst“ stolzer spazieren, als ein Unterseebootskommandant seine Prise einbringt.

      Leider fand Hinrichsen ausser der inneren Befriedigung nicht die volle Belohnung für seine Tat. Denn wenn er sich auch dachte: Nun bin ich fettherzlos, zivildienstpflichtig und überdies Hausbesitzer und Rentier — nun muss mich doch das hilflose, stille Gretchen — Elseken heiraten! — Wenn er sich auch das nach menschlichem Ermessen so dachte —, es kam doch anders.

      Und das Unglück erreichte den nichtsahnenden Hinrichsen an so einem strahlenden Tage, an dem die Spatzen noch viel frecher sind und die Liebe ihre Blüten aus allen Herzen treibt.

      Es war Sonntag

      Hinrichsen hatte sich den Tag ausgesucht, an dem er dienstfrei war, um den letzten, entscheidenden Sturm auf das Herz des schönen Elseken zu unternehmen.

      In aller Frühe stand er auf und putzte sich. Ja, Herr Hinrichsen hatte sich unter den Einflüssen des Zivildienstes verjüngt. Er zog seinen Gehrock an und schlüpfte in die wildledernen Handschuhe dann machte er sich auf den Weg nach einem Blumengeschäft.

      Dort kaufte er ein Bündel Maiglöckchen, denn erstens waren die billig, zweitens sahen sie gut aus, und dann setzte er seinen Weg fort.

      Der war weit.

      Und da Herr Hinrichsen seinen Bezugschein auf Stiefel sparen wollte, so stieg er kurz entschlossen in die Elektrische, Linie 16, mit der er in die Nähe des Hauses Ohnesorgs fahren konnte.

      Es war ziemlich voll in der Elektrischen, und kaum stand er in drangvoll fürchterlicher Enge in dem Wageninnern und war einem cholerischen Herrn auf die Füsse getreten, da flötete eine sanfte Stimme in einem Tone, der keinen Widerspruch duldete:

      „Der Herr mit den Maiblumen bitte weiter Vorgehen!“

      Der Herr mit den Maiblumen wurde der Gegenstand eines vielseitigen Lächelns verschiedener Fahrgäste, denn er überhörte die Aufforderung, weil seine Gedanken weit weg bei Elschen Ohnesorg weilten.

      Aber die Schaffnerin wurde ärgerlich und flötete nicht mehr, sondern rief mit Nachdruck:

      „Der Herr mit den Maiblumen weitergehen.“

      Er ging nicht weiter.

      „Der Herr mit den Maiblumen — zum Donnerwetter!“

      Da sagte eine Dame neben Hinrichsen:

      „Etwas mehr Rücksicht gegen die armen Schaffnerinnen wäre schon angebracht, mein Herr! Sie sollen weiter gehen.“

      Hinrichsen tat erschrocken einen Schritt vorwärts trat der Dame, die vermittelnd eingetreten war, auf den Rock, und zog sich von dieser Seite eine energische „Note“ zu.

      Die Schaffnerin drängte sich durch das Gewühl der Mitfahrenden. Er konnte sie gar nicht sehen. Nur eine schlanke, kleine Hand sah er, die hielt ihm einen Fahrschein hin und fragte gleichzeitig:

      „Für zehn oder weiter?“

      Worauf Herr Hinrichsen schnell seinen Groschen bezahlte:

      „Nur für zehn!“

      Die Hand verschwand. Der Wagen ratterte durch die frühlingsumsponnenen Strassen. Urlauber kamen, in den Gärten wurde umgepflanzt, es war eine Lust zu leben, besonders wenn man wie Herr Hinrichsen, freien wollte.

      Der Wagen leerte sich. Herr Hinrichsen dachte an Elseken und überhörte, dass die Schaffnerin eine Station ausrief. Da dies die Endstation seines Billets war, so rief die Schaffnerin nochmals und setzte hinzu:

      „Herr, wollen Sie hier nicht aussteigen? Oder wollen Sie für einen Groschen eine Rundreise um die Welt machen?!“

      Herr Hinrichsen fühlte sich in der Unschuld seines Herzens nicht getroffen und reagierte nicht. Bis die Stimme wieder rief: „Sie — Herr mit dem Maiblumenstrauss!“

      Da riss es Herrn Hinrichsen zusammen. Er stürzte nach dem Ausgang. Die Elektrische fuhr eben an. Herr Hinrichsen kam in Schwung und flog — in die Arme der Schaffnerin.

      Die richtete ihn auf, und während das Gelächter aller Fahrgäste in Herrn Hinrichsens Ohren drang wollte er sich entschuldigen, da sah er sie, da sah sie ihn —

      „Elschen“ stammelte er. „El — se — ken.“

      Elschen hatte in ihrem Dienst die Kunst der Selbstbeherrschung gelernt. Sie gab sich einen Ruck und erwiderte:

      „Herr Hinrichsen, ich bin im Dienst.“

      „Das sehe ich — aber — ich — verstehe nicht —“

      Ein Herr hielt schon ein paar Minuten seinen Groschen hin, aber die Schaffnerin konnte ihm sein Billet nicht geben, weil Herr Hinrichsen dazwischen stand.

      Der Herr liess etwas von Quatschkopf vernehmen und Respekt vor Schaffnerinnen — worauf Herr Hinrichsen Platz machte. Aber da sonst niemand sein Billet wünschte, so hielt Hinrichsen seinen Standplatz fest, um in einer Flut von liebenswürdigen Vorwürfen Else klar zu machen, dass sie das nie hätte tun dürfen.

      „Elseken — gerade heute — wo ich — wo ich — nämlich die Maiblumen — die Maiblumen waren für Sie!“

      Und er streckte der Schaffnerin die Maiblumen entgegen. Aber Elschen erklärte streng, sie dürfe im Dienst keine Maiblumen annehmen, worauf Herr Hinrichsen diese Verordnung als eine Barbarei erklärte. Darüber geriet er in Streit mit dem Passagier, der erst schon etwas von Quatschkopf hatte verlauten lassen, und schliesslich stieg der Kontrolleur ein und machte dem Hin und Her

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