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atmete tief durch. Er fühlte die kalte Luft an den Beinen. Als er an seinem Körper in dem kargen Krankenhemd herabsah, musste er sich eingestehen, dass er noch nicht kampfbereit war. Selbst wenn es ihm irgendwie gelang, Benjamin bei einem Widerspruchstest zu besiegen, hätte er damit nur Kraft verschwendet, die er dringend benötigte, um sich einen Blutnamen zu erkämpfen. Und an dem, was Benjamin Howell sagte, war etwas richtig. Lincoln Osis konnte ihnen beiden das Leben schwermachen, wenn Trent versuchte, sich seinem Willen zu widersetzen. Er biss sich enttäuscht auf die Unterlippe. Das darf nicht wahr sein. Beherrschen jetzt politische Ränkespiele unseren Clan? Diese Nominierung gehörte mir! »Diesen Blutnamen lasse ich mir nicht verwehren«, erklärte er leise.

      »Ich kann dir nicht helfen«, meinte Benjamin. »Diesmal nicht. Vielleicht, Wenn ein anderes Blutrecht verfügbar wird ...«

      Trent schüttelte den Kopf. Die Wut hatte sich wie eine Schlange in seinem Innern zusammengerollt, und er musste ihre Kraft zurückhalten, bis der Zeitpunkt gekommen war, zuzuschlagen. »Ich will deine Hilfe nicht, Sterncolonel. Ich bin ein Krieger. Es gibt immer einen zweiten Weg.«

      Benjamin nickte. »Das Gestampfe.«

      »Aye. Jetzt ist es meine einzige Hoffnung.« Die meisten Kandidaten konnten nur an einem Blutrechtstest teilnehmen, weil sie von einem Blutnamensträger vorgeschlagen worden waren. Aber ein Kandidat wurde nicht durch Vorschlag ermittelt, sondern durch ein Gefecht Jeder-gegen-Jeden: das Gestampfe. Alle anspruchsberechtigten Krieger, die niemand vorgeschlagen hatte, durften daran teilnehmen. Es war ein völlig offener Kampf, in dem sich Dutzende von Mechs gegenübertraten. Nur ein Krieger konnte sich als Sieger erweisen, und er gewann das Recht, an den Blutrechtskämpfen teilzunehmen. In einem offenen Gefecht wie dem Gestampfe war das schiere Überleben der Schlüssel zum Erfolg.

      »Du könntest dabei sterben. Du bist noch immer geschwächt von Tukayyid.«

      Trents Blick war hart, seine Stimme ebenfalls. »Ich werde antreten und mein Schicksal finden.«

      »Du bist also die Leibeigene, die in meinen Hangar versetzt wurde?« fragte der großgewachsene Mann, als er Judith in den Tiefen des Landungsschiff-Mechhangars umrundete. Der Geruch auf Öl basierender Schmiermittel füllte die Luft, vermischt mit dem durchdringenden Aroma von Schweiß. Judith hatte sich schon früher in ähnlichen Wartungshangars aufgehalten, und das vertraute Scheppern der Gerüste ringsum vermittelte ihr ein seltsames Gefühl der Vertrautheit.

      »Deine Anwesenheit hier ist eine Beleidigung, Freigeburt.«

      »Tut mir leid, wenn Sie das so sehen«, erklärte sie.

      »Das sollte es auch«, erwiderte er kalt. »Ich bin Mastertechniker Phillip. Du magst das Eigentum eines Kriegers sein ...« Er lüpfte mit einem Finger die Leibeigenenkordel um Judiths Handgelenk. »... Aber hier, in diesem Wartungshangar, bin ich dein Herr.«

      »Ich bin Judith Faber ...« Phillip schnitt ihr mit einer Ohrfeige das Wort ab. »Neg«, brüllte er sie an. »Du bist Judith. Du hast keinen anderen Namen. Du hast nichts, das ich dir nicht gestatte oder gebe. Was immer du an anderen Namen hattest, ist auf Tukayyid mit dir gestorben.«

      »Ich verstehe.« Judith war intensiv in der Gesellschaftsstruktur der Clans und ihren Sitten unterwiesen worden. Jetzt lebte sie endlich mitten unter ihnen. Die Regeln hatten sich geändert, und sie musste sich anpassen. In Ordnung, Phillip. Du willst das Sagen haben. Von mir aus. Der Tag wird kommen, an dem du lernst, mich zu respektieren. Vorerst darfst du die Rolle des dominanten Männchens spielen.

      »Du verstehst gar nichts. Selbst wenn du die hellste Tech der Inneren Sphäre wärst, wüsstest du nichts, verglichen mit mir. Man hat dich hierher geschickt, weil du Anlass zu einer leisen Hoffnung gegeben hast, lernen zu können, wie wir unsere Arbeit erledigen. Obwohl ich Wichtigeres zu tun habe, werde ich dich zu einer echten Tech machen ... und wenn es dich umbringt.«

      Diesmal antwortete Judith nicht. Dieser Knabe hielt sich ihr offensichtlich für überlegen, und für den Augenblick war es wohl am besten, ihm seinen Glauben zu lassen. Sich ihm zu widersetzen, hätte nur Probleme verursacht, mit denen sie im Moment nicht fertigwerden konnte.

      »Jetzt hast du nichts mehr zu sagen, wie?« Wieder schlug er ihr mit dem Handrücken ins Gesicht. Sie zuckte unter Schmerzen zurück, war aber sicher, dass es schlimmer gewesen wäre, hätte sie sich nicht geduckt, sobald sie den Schlag kommen sah.

      Trent wälzte sich unruhig im Schlaf herum. Er spürte, dass jemand an seinem Bett stand. Als er die Augen öffnete, sah er sie in ihrer grauen Ledermontur stehen, im Schein des Nachtlichts kaum auszumachen. Ihre Pistole hing im Holster an ihrer wohlgeformten Hüfte, und sie starrte ihn mit verschränkten Armen an. Trent war sicher, dass er wusste, wer sie war, aber um ganz sicherzugehen, streckte er den Arm aus und schaltete das Licht ein.

      Sie zuckte zusammen, als sie sein Gesicht sah, dann breitete sich ein verächtliches Grinsen auf ihrer Miene aus. »Die Gerüchte stimmen also. Du lebst.«

      »Ja, Jez. Ich lebe.« Die Tatsache, dass er Tukayyid überlebt hatte, musste ihr arg zusetzen. Besonders, da sie ihm ihr Leben schuldete. Als ich sie das letzte Mal sah, hat sie geschworen, im Kreis der Gleichen gegen mich anzutreten. Jetzt ist von ihrem Hochmut nicht viel übrig.

      »Und wie ich sehe, bist du attraktiver denn je, Trent.« Sie lachte leise.

      Er hätte antworten können, dass ihre Zunge so scharf wie immer sei, entschied sich aber, ihr diese Genugtuung nicht zu geben. Ebensowenig wie er den Blick senkte oder seinen Gesichtsausdruck in irgendeiner Weise veränderte. »Meine Narben weisen mich als wahren Krieger aus. Du lebst auch noch, Jez. Vielleicht bist du deshalb hier. Du bist gekommen, um dich bei mir dafür zu bedanken, dass ich deine Haut gerettet habe, frapos?«

      Sie warf den Kopf zurück und lachte wieder. »Anscheinend hat die Schlacht nicht nur deinen Körper verletzt, sondern auch dein Erinnerungsvermögen, Trent. Falls du jemals Zugriff auf meinen Bericht über den Zwischenfall erhältst, wirst du sehen, dass ich es war, die dich gerettet hat.«

      Trent schüttelte den Kopf und lachte ebenfalls, wenn auch nicht so kräftig, wie er es gerne getan hätte. »Mir scheint, du hast Lügen darüber erzählt, was wirklich auf Tukayyid geschehen ist. Und nachdem mein Mech verloren ist, kann ich keine Gefechts-ROM vorlegen, um dich als Lügnerin zu überführen.«

      »Die Sieger schreiben die Wahrheit, Trent. Mein OmniMech wurde in einer späteren Gefechtsphase ebenfalls vernichtet, so dass mein Wort gegen deines steht. Obwohl die Nebelparder im Racice-Delta nicht gesiegt haben, haben meine Aktionen dort mir eine Nominierung für den Howell-Blutnamen eingetragen.«

      Trent hörte es und fühlte die Wut in seinem Innern brüllen wie ein zur Weißglut angefachtes Feuer. Benjamin Howell hatte ihm erklärt, dass der Khan ihm befohlen hatte, einen anderen Krieger für den offenen Howell-Blutnamen vorzuschlagen. Jetzt berichtete Jez ihm, dass sie sich mit einer Lüge das Recht auf die Teilnahme an eben diesem Blutrecht erschlichen hatte.

      Trent bekam sich wieder in den Griff und fixierte sie, damit sie nicht nur seine Worte verstand, sondern auch die Drohung hinter ihnen. »Im Gegensatz zu dir folge ich dem Weg der Ehre, den die Großen Kerenskys für unser Volk vorgezeichnet haben. Auf dem Weg, den du gewählt hast, gibt es keine Ehre, und ich rate dir zu bedenken, was du dir und den Nebelpardern damit antust. Und auch wenn ich deine Version der Ereignisse auf Tukayyid weder beweisen noch widerlegen kann, wirst du mich nicht kampflos besiegen, Jez.« Er hob den rechten Arm und ballte trotzig die halb künstliche Faust. »Bedenke dies, und bedenke es wohl: Ich kenne dich seit unserer Zeit in der Geschko. Ich kenne die Wahrheit darüber, was auf Tukayyid zwischen uns vorgefallen ist. Wissen ist die ultimative Waffe des Kriegers in der Schlacht.« Er wusste, dass sie dieser letzte Satz treffen musste. Es waren Worte, die ihnen ihr Katzmeister eingedrillt hatte. Wie hätte sie das vergessen können?

      Jez starrte zurück, und ihre Augen verengten sich berechnend. »Es gibt noch eine andere alte Redewendung«, stellte sie fest. »Dem Sieger gehört alles.«

      4

      Planetare Kommandostelle der Nebelparder, Warrenton, Hyner

      Nebelparder-Besatzungszone

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