Скачать книгу

davonzulaufen. Er hat schon früher Angst gehabt, als Kind, aber nie so wie jetzt. Das hier ist ein unbeschreiblicher Schrecken, wenn die Dämonen auf ihn zustürzen, unartikulierte Schreie ausstoßend, die irgendwie gedämpft an seine Ohren dringen. Trent versucht davonzulaufen, aber die wütenden Gestalten erscheinen nur wieder neu vor ihm, aus dem Nichts.

      Er versucht, nicht immer zu fliehen. Manchmal probiert er, die Feuerdämonen zu schlagen oder zu treten, jede Unze an Kriegertraining und Kampfkraft auszunutzen, die er besitzt. Aber er ist den Flammen nicht gewachsen. Schlimmer noch sind die Schmerzen, wenn es ihm gelingt, sie zu treffen. Er schreit. Seine Stimme hallt seltsam verzerrt durch die Traumwelt. Er weiß, dass es seine Schreie sind. Und dass der Geruch von verbranntem Fleisch von seinem eigenen Körper stammt. Das ist kein üblicher Albtraum. Das geht darüber weit hinaus.

      Was ihm vor allem angst macht, ist, dass der Traum kein Ende zu nehmen scheint. Er versucht aufzuwachen, sich aus dieser Schreckenswelt zurückzuziehen. Aber er hat offenbar keine Möglichkeit, sich zu befreien.

      Nicht einmal die Schmerzen und die Angst reichen aus, ihn aufwachen zu lassen. Doch er versucht es weiter. Er muss es versuchen. Wenn das kein Albtraum ist, muss es die Hölle sein. Trent glaubt nicht an die Hölle, aber wenn er tot ist, was kann das sonst sein?

      Angst ist ihm nicht fremd, aber als Krieger hat er gelernt, sie zu überwinden. Dies hier aber ist eine Angst, vor der es keine Rettung gibt. Die flammenden Dämonen, ihr Brüllen, ihre sengende Hitze, lassen sich von nichts beeindrucken. Und über seinen Schreien hört er ein fernes Lachen. Es sind die Feuerdämonen. Sie verspotten ihn. Sie umtanzen ihn. Sie martern ihn. Das Lachen ist schlimmer als das Feuer. Die aus seiner Verzweiflung geborene Wut verzehrt ihn noch zusätzlich.

      Dann hört er eine Stimme. Das ist neu, etwas, das noch nicht zuvor geschehen ist. Die Stimme scheint seinen Namen zu rufen. Sie hallt durch sein Hirn und Herz. Er rennt an einem der Feuerdämonen vorbei, der flammende Finger ausstreckt und seinen Arm versengt. Trent ignoriert ihn. Es scheint, als wären seine Füße in Blei gegossen, aber er läuft weiter, auf den Klang der Stimme zu. Plötzlich scheinen Licht und Bewegung in die Dunkelheit vorzudringen. Er versucht, sich auf die Bilder zu konzentrieren, aber sie bleiben verschwommen. Als er weiterläuft, scheint das Licht ganz zu verblassen.

      »Sterncaptain?« sagte die Stimme, diesmal klar und ohne Echohall. Trent öffnete das linke Auge und sah ein Gesicht über sich. Es war weiblich und gehörte jemandem, den er nicht kannte. Ein Schleier schien über dem Bild zu liegen, aber als er die Hand zu heben versuchte, um ihn wegzuwischen, gelang es ihm nicht. Eines meiner Augen öffnet sich nicht ...

      »Versuchen Sie nicht, sich zu bewegen. Sie sind an Bord des Hospitalschiffs Hunter‘s Den auf dem Weg nach Hyner. Ich bin MedTech Karen. Sie sind schwer verwundet und zur besseren Behandlung Ihrer Verletzungen festgeschnallt.«

      »Sieg, frapos?« Seine Stimme war durch trockene Lippen und eine ausgedörrte Kehle kaum hörbar.

      Die MedTech senkte den Kopf. »Sie fragen nach Tukayyid. Wir haben das Schlachtfeld am 3. Mai aufgegeben. Nur die Wölfe konnten beide Ziele erreichen. Die Jadefalken und Geisterbären haben jeweils ein Unentschieden erkämpft, beide unter schweren Verlusten. Wir befinden uns im Waffenstillstand mit ComStar.«

      Waffenstillstand ... Neg! Trents Gedanken flossen zäh wie Melasse, aber er verstand die Bedeutung ihrer Worte. Die Schlacht um Tukayyid war als Schlacht um Terra gedacht gewesen. Hätten die Clans gewonnen, hätte Terra ihnen gehört, und es wäre nur eine Frage der Zeit gewesen, bis der Rest der Inneren Sphäre unter ihrer Macht gefallen wäre. Eine Niederlage bedeutete mehr als nur Schande, sie zwang die Clans, ihre Invasion fünfzehn Jahre anzuhalten. Ein Krieger wie Trent würde mit Sicherheit zu alt sein, noch an der Front zu kämpfen, wenn sie wieder aufgenommen wurde. Schlimmer noch, der Große Kreuzzug der Clans, die Innere Sphäre zurückzuerobern und einen neuen Sternenbund zu errichten, war zum Stehen gekommen.

      Ihm war, als hätte er den einen Albtraum für einen anderen eingetauscht. Die Kriegerkaste der Clans hatte nichts mit den Militärs der Inneren Sphäre gemein, die ihren Kriegern gestatteten, bis ins hohe Alter zu kämpfen, senil und tatterig. Nein, die Clans hielten die Reihen ihrer Krieger jung und heißblütig. Neue Krieger, genetisch gezüchtet und in den Geschkos gestählt, bildeten die Fronteinheiten der Parder. Ältere Krieger, Männer und Frauen jenseits der Dreißig, wurden in Solahma-Einheiten abgeschoben, die wenig Hoffnung auf einen ehrbaren Tod boten.

      Trent hatte keine Ahnung, wie lange er bewusstlos gewesen war, wie lange er mit den Feuerdämonen seiner Albtraume gerungen hatte, aber jetzt erschienen ihm die Schrecken dieses Traums angenehmer als die Realität. Alle Hoffnung war verloren. Alle Hoffnung bis auf eine. Und daran klammerte er sich.

      Ein Blutname.

      Sterncolonel Benjamin Howell hatte versprochen, ihn vorzuschlagen. Trotz der Niederlage der Nebelparder auf dem Schlachtfeld konnte Trent noch darauf hoffen, einen Blutnamen zu erringen. Das bedeutete ein Weiterleben nach seinem Tode, eine Hoffnung, dass sein genetisches Erbe dem Clan eines Tages weiter dienen konnte.

      »Wie lange?« krächzte er, als die MedTech seine ausgedörrten Lippen mit einem feuchten Tuch abtupfte. Seine Oberlippe fühlte sich geschwollen an, wie nach einem Fausthieb auf den Mund.

      »Sie waren sechsundzwanzig Tage bewusstlos. Wir docken morgen an unser Sprungschiff an. Erinnern Sie sich an das, was geschehen ist?«

      Trent schloss das Auge und verzog leicht das Gesicht. Ja, er erinnerte sich. Er hatte Jez gerettet, seine Pflicht getan. Es war zu einem massierten Artilleriebeschuss und ComGuard-Angriff gekommen. Dann Flammen und Feuer. Der Geruch schien ihm wieder in die Nase zu dringen, der Geruch von verbranntem Fleisch.

      »Pos«, antwortete er, während sie sein Bett justierte und ihn etwas aufrichtete, damit er noch etwas anderes außer der Decke sehen konnte. Die dumpfgrüne Farbe der Schottwände zeigte ihm, dass er sich auf einer Intensivstation befand, und die Einteilung des Landungsschiffes als Hospitalschiff sagte ihm noch erheblich mehr. Er kannte diese Farben nur zu gut. Er fand sich nicht zum ersten Mal in seinem Leben als Nebelparderkrieger an einem solchen Ort.

      Trent wusste nicht, was er denken oder sagen sollte. Er war schon oft verwundet worden, aber niemals derart lange bewusstlos gewesen. Hatten sie ihn zur Förderung des Heilprozesses künstlich bewusstlos gehalten? Erinnerungen an das Feuer und die schrecklichen Bilder des Albtraums wirbelten durch seine Gedanken, als er darüber nachsann, was geschehen war.

      Eine neue Stimme von knapp außerhalb seines Gesichtsfeldes störte sein Nachdenken. »Wie lange ist er wach?«

      »Erst wenige Minuten, Doktor«, antwortete MedTech Karens Stimme.

      »Was weiß er?«

      »Nur das Ergebnis der Schlacht und wie lange er bewusstlos war. Nichts über das Ausmaß seiner Verletzungen.« Sie sprach leise, aber ihr Tonfall sagte alles.

      Trent versuchte, seinen Körper zu bewegen, eine Art physische Inventur durchzuführen. Er schob die Füße etwas auseinander, wenn auch nur wenig und mit schmerzenden Gelenken. Immerhin, Füße und Beine schienen noch da zu sein. Auch sein linker Arm reagierte, aber der rechte blieb bewegungslos, unfähig, die Signale aus dem Gehirn zu befolgen. Mein Arm, habe ich den Arm verloren? Und mein Auge, es ist abgedeckt. Habe ich das auch verloren?

      »Sterncaptain Trent.« Es war die neue Stimme, und jetzt trat das Gesicht eines älteren Mannes in sein Blickfeld. Dem Alter und der Kleidung nach zu schließen war der Mann offenkundig Mitglied der Wissenschaftlerkaste. Krieger erreichten nie ein derart fortgeschrittenes Alter, aber die niederen Kasten versteiften sich auf überkommene Traditionen und erhielten ihre Alten am Leben. »Ich bin Doktor Shasta. Fühlen Sie Schmerz?«

      »Neg«, erwiderte Trent. Seine Stimme war schwach, klang in seinen eigenen Ohren aber klarer als zuvor. Er schien mit jedem Atemzug neue Kraft zu schöpfen, als erwache sein Körper aus einem tiefen Schlaf. Er spürte keine Schmerzen, aber das Fehlen des Gefühls in einem

      Arm und einem Auge beunruhigte ihn. Er fragte sich, wie weitreichend seine Verletzungen sein mochten.

      Der Mann, der sich Doktor Shasta nannte, starrte nachdenklich auf Trent

Скачать книгу