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haben wir die Historiomimen eingeführt, die ihre Erzählungen zur höchsten Kunst entwickelt haben und überall im Trojanischen Imperium geachtet werden.«

      »Und so ein Historiomime befindet sich unter den nicht entführten Besatzungsmitgliedern der ROMEO CHO?«, schloss Rhodan messerscharf.

      »Es gibt im Trojanischen Imperium einige Tausend von ihnen. Das sind Menschen, die die Geschichte des Trojanischen Imperiums auswendig kennen. Sie sind dafür besonders ausgebildet. Einer von ihnen ist tatsächlich an Bord. Er heißt Volascou Rosman.«

      Rhodan erinnerte sich an ein Buch, das er gelesen hatte, kurz bevor er auf die Kadettenschule der U.S. Air Force gewechselt und Pilot geworden war. Es handelte von einer – damals – zukünftigen Welt, in der Bücher verboten waren und von sogenannten Feuerwehrmännern verbrannt wurden. Der Autor war ein gewisser Ray Bradbury gewesen, und an den Titel konnte er sich noch ziemlich genau erinnern, weil er auf jene Temperatur anspielte, bei der Papier angeblich Feuer fing: Fahrenheit 451.

      In diesem Roman hatte es eine Gruppe von Menschen gegeben, die Bücher auswendig gelernt hatten und vollständig rezitieren konnten. Hatten die Trojaner die Idee der Historiomimen diesem Buch entnommen?

      Nein, das glaubte er nicht. Homers Ilias und Odyssee waren im alten Griechenland mündlich überliefert worden, das Gleiche galt für große Teile der Bibel. Und es hatte auf Terra auch die afrikanischen Geschichtenerzähler gegeben, die Griots. Im Afrika südlich der Sahara gab es vor der Kolonialzeit keine Schrift. Die Afrikaner hatten deshalb Gedächtniskünstler. Jede Gemeinschaft, jedes Dorf hatte seinen professionellen Erzähler, der nichts anderes zu tun hatte, als Geschichten zu bewahren und zu erzählen.

      Er ließ diese Assoziationen wieder fallen. Das spielte nun wirklich keine Rolle. »Darf ich einige Besatzungsmitglieder hinzuziehen?«

      »Natürlich.«

      »Dann freuen wir uns auf euren Historiomimen, sagen wir: in einer halben Stunde im kleinen Konferenzraum direkt neben der Zentrale?«, sagte Rhodan.

      »Wir werden da sein.«

      *

      Als Rhodan die Tür zum Konferenzraum öffnen wollte, sah er, dass Lyu-Lemolat um die Ecke des Ganges bog und ebenfalls auf den kleinen Raum zuhielt. Die vielleicht 35 Jahre alte, durchtrainierte Tefroderin mit dem dunklen Haar und ebenso dunklen Brauen und Augen schritt energisch und zielstrebig aus und sah ihn wütend an, als er ihr in den Weg trat.

      »Es tut mit leid«, sagte er, »aber du bist bei diesen Berichten nicht erwünscht.«

      Ungläubig starrte sie ihn an. Es passierte ihr wohl nicht oft, dass jemand sie zurückwies.

      »Und warum nicht?«, fragte die Mitarbeiterin einer tefrodischen Handelsdelegation.

      Rhodan betrachtete sie freimütig. »Weil ich dir nicht vertraue.«

      Entrüstet reckte sie das Kinn nach vorne. »Ich habe bemerkt, dass ich nicht zu allen Bereichen der BJO BREISKOLL Zutritt habe. Du bist angeblich immer so konziliant. Warum misstraust du ausgerechnet mir?«

      »Du verbirgst etwas, und das gefällt mir nicht«, sagte er geradeheraus. »Ich schließe eine spätere Zusammenarbeit nicht aus, nachdem du dich zur vorbehaltlosen Offenheit entschieden hast.«

      Entgeistert starrte sie ihn an, öffnete schließlich den Mund, schloss ihn wieder. »Vorbehaltlos?«, sagte sie, drehte sich um und ging davon.

      Rhodan lächelte schwach, öffnete die Tür und trat ein.

      Der Historiomime Volascou Rosman war bereits anwesend, saß seitlich versetzt am Kopfende des Raumes entspannt auf einem Sessel, ein Glas Wein auf einem Tischchen neben sich. So hatte er Platz um sich herum, Luft zum Atmen. Nichts an ihm erinnerte an einen Märchenonkel: Er war vielleicht 100 Jahre alt, schlank, sportlich, fast asketisch. Sein Gesicht war scharf geschnitten, das braune Haar zu einer kurzen Bürstenfrisur geschoren.

      Er bemerkte, dass Rhodan den Raum betrat, und nickte ihm kurz zu.

      Natürlich kennt er mich, dachte der Terraner, oder hat zumindest von mir gehört.

      Er setzte sich. Die Kommandantin hielt die Stellung in der Zentrale, doch in der ersten Reihe saßen zahlreiche Führungsoffiziere, darunter Blaise Carrera, der Kommandant des Raumlandebataillons, die ferronische Chefmedikerin Vahma Spoúr und die Xenotechnik-Analystin Karin Kafka, die ihm einen Platz freigehalten hatte.

      Rosman begann mit seiner Erzählung. »Als am 2. Juli 2402 der präparierte Asteroid Troja im Rahmen des Unternehmens Brückenkopf Andro-Beta durch den Schrotschuss-Transmitter ins Andro-Beta-Dreieck geschleust wurde ...«

      Rhodan hatte sich vorgenommen, der Erzählung so distanziert wie möglich zu lauschen, einen kritischen Abstand zu wahren, doch Rosman sprach sonor und lebhaft, eindringlich und mitreißend, verlieh den historischen Personen Stimme, Ausdruck und Gesicht. Schon bald war der Terraner gebannt und fasziniert.

      Die Geschichte des Geheimsatelliten Troja hatte Rhodan selbst erlebt, aber es lag lange zurück.

      Je länger er lauschte, desto mehr Einzelheiten fielen ihm wieder ein. Zumindest aus der Anfangszeit Trojas, bevor der Satellit aus seinem Blickfeld verschwunden war und seine eigene Geschichte geschrieben hatte ...

      2.

      Die Trojanischen Annalen

      2402 – 2407 n. Chr.

      Und es begab sich, dass Major Fracer Whooley durch das große Sichtfenster hinaus in den intergalaktischen Leerraum schaute. Er sah Dunkelheit, aber er wusste, da war mehr.

      Das System der Verlorenen!

      Und da waren ...

      ... zehn Superschlachtschiffe, fliegende Festungen von jeweils 1500 Metern Durchmesser, die Troja zur Transmitterzone der Schrotschuss-Sonnen schleppten. Einen würfelförmigen, ausgehöhlten Asteroiden von 38 Kilometern Kantenlänge!

      ... 300 Schwere und Leichte Kreuzer, die zur Tarnung weitere kosmische Trümmerstücke beförderten, die gleichzeitig mit Troja im Andro-Beta-Transmitter materialisieren würden. Das würde auf der anderen Seite des Sonnentransmitters nicht weiter auffallen. Immer wieder wurden Bruchstücke des 1000 Jahre zuvor zerstörten Planeten Kulloch von dem Transmitter abgestrahlt.

      Major Whooley konnte es kaum erwarten, dass endlich die gewaltigen Triebwerke gezündet wurden, die die Techniker ins Heck des Planetoiden eingebaut hatten, dass sie donnernd ihren Betrieb aufnahmen und dem Geheimsatelliten Troja ermöglichten, sich aus eigener Kraft zu bewegen. Unwillkürlich empfand er Bewunderung für die Ingenieure, die diese Leistung vollbracht hatten.

      Aber auch für die zwanzigköpfige Besatzung, die es schaffen würde, das riesige Ungetüm zu manövrieren. Zwar nur quälend langsam, denn es galt, eine unglaubliche Masse zu bewegen, aber immerhin! Davon war er überzeugt.

      Scheitern war ein Fremdwort für seine Leute.

      Der Major richtete den Blick auf die Monitoren. Auf ihnen wurde der Schrotschuss-Transmitter langsam größer. Troja näherte sich ihm mit mäßiger, aber gleichbleibender Geschwindigkeit. Die beiden Roten Riesen des Sonnentransmitters waren von hoch überlegenen Wesen künstlich so angeordnet worden, dass sie nun nur noch zwei Millionen Kilometer voneinander entfernt standen.

      Die Gegenstation in Andro-Beta bestand aus drei Sonnen, die die Eckpunkte eines gleichseitigen Dreiecks bildeten. Die Verbindung durch diese beiden Transmitter stellte den kürzesten Weg dar, um nach Andromeda vorzustoßen, und diesen Weg würde Troja nehmen. An diesem 2. Juli 2402 n. Chr. wurde Geschichte geschrieben!

      Der Geheimsatellit würde in der Nachbargalaxis aus eigener Kraft auf Sicht manövrieren können, mithilfe der Peilbrücke am Bug, die 300 Meter weit über den Rand des Planetoiden hinausragte und in einer Ruinenstadt errichtet worden war, der Überrest einer sechsspurigen, freitragenden Brücke, die bei der Zerstörung des Planeten aus ihren Fundamenten gerissen worden war.

      Nur noch wenige Sekunden!, dachte der Major.

      Das

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