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8,4 % der Frauen Gewalt und 9,8 % der Kinder – 33,16 % hatten verbale Konflikte. Wenn ein Erwachsener in Kurzarbeit war oder die Lohnerwerbstätigkeit verlor, erfuhren 5,6 % der Frauen und 9,3 % der Kinder Gewalt; wenn einer der Erwachsenen depressiv war oder Angst hatte, erfuhren 9,7 % der Frauen und 14,3 % der Kinder körperliche Gewalt – 43,12 % gaben an, dass sie verbale Konflikte erleiden mussten. In Haushalten mit Kindern unter zehn Jahren erfuhren 6,3 % der Frauen und 9,2 % der Kinder Gewalt – verbale Konflikte erlebten knapp 39,09 % der Frauen. Eine hohe Anzahl an Frauen gab zudem an, dass sie Angst vor ihrem Partner hat (vgl. ebd.).

       Schutz für betroffene Frauen: Frauenhäuser und Schutzwohnungen

      Um Frauen und ihre Kinder zu schützen, die von ihrem (Ex-) Partner häusliche Gewalt erlebt haben, werden Frauenhäuser benötigt. Die Bundesregierung hat sich mit der Ratifizierung der Istanbul-Konvention dazu verpflichtet (vgl. Schlapeit-Beck 2018). Jedoch existieren in Deutschland nur 350 Frauenhäuser und 40 Schutzwohnungen, sodass beispielsweise am Stichtag im März 2018 in drei Bundesländern nicht ein freier Platz für betroffene Frauen zur Verfügung stand. Zudem sind nur 10 % der Frauenhäuser behindertengerecht. 1.500 Familienzimmer fehlen bundesweit. Finanzierungen müssen jährlich beantragt werden und sind nicht kostendeckend, es besteht kein Anspruch auf Fördermittel durch Land und Kommune, Eigenleistungen der Träger durch beispielsweise Spenden werden vorausgesetzt. Frauen mit Einkommen müssen Sozialleistungen beantragen oder sich verschulden, da die Plätze teurer sind als ein durchschnittliches Einkommen. Zudem wird eine Aufnahme für betroffene Frauen oftmals problematisch, wenn sie kein Anrecht auf Sozialleistungen haben und die Aufenthaltsdauer durch Kostenträger begrenzt wird (vgl. ebd.). Da Frauen Opfer von Männern werden, oftmals stark traumatisiert sind und Frauenhäuser Schutzorte für betroffene Frauen darstellen – sie sind für Außenstehende nicht einsehbar und auch die Adressen sind geheim – müssen diese Schutzräume auch ausschließlich Frauen vorbehalten bleiben.

      Täglich werden vor allem in sozialen Netzwerken hitzige Debatten darüber geführt, ob auch trans Frauen in die Schutzräume von Frauen gelassen werden sollten. Dies ist in keiner Weise empfehlenswert. Zum einen haben trans Frauen in ihrer Kindheit eine männliche Zuschreibung und somit auch männliche Sozialisation erfahren, zum anderen ist der Großteil der trans Frauen biologisch männlich. Dies kann betroffene Frauen, die Gewalt durch Männer – und speziell bei sexueller Gewalt auch durch den Penis – erfahren haben, retraumatisieren und ihnen ihre Schutzräume nehmen. Darüber hinaus wäre, wenn biologische Männer in die Schutzräume von Frauen dürften, dieser auch für trans Frauen kein Schutzraum mehr. Transsexuelle Menschen sind unbestreitbar ebenfalls von Diskriminierung und Gewalt betroffen, doch müssen für sie eigene Schutzkonzepte geschaffen werden, damit der Schutzraum von Frauen nicht verloren geht. Andernfalls könnten von Gewalt betroffene Männer ebenfalls im Frauenhaus aufgenommen werden. Dies verdeutlicht, dass der Sinn von Frauenhäusern dadurch ad absurdum geführt werden würde.

       Strafvollzug

      Die Zahlen zu Häftlingen bestätigen das Geschlechterbild: Inhaftierte Straftäter sind fast ausschließlich männlich (Statistisches Bundesamt 2019a):

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      Das bedeutet zudem, dass Männer und toxische Männlichkeit den Staat und somit alle Steuerzahlenden bezüglich der Inhaftierungskosten enorm viel Geld kosten. Beispielsweise waren im Jahr 2018 nur 5,75 % der Inhaftierten Frauen und 94,25 % der Inhaftierten Männer.

      Die Kosten für einen Häftling unterscheiden sich nach Bundesland, nach der Schwere der Tat sowie den daraus resultierenden Haftbedingungen. Ein Häftling kostet beispielsweise laut dem Ministerium für Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen (vgl. 2018) in NRW durchschnittlich 135,65 Euro pro Tag, Schwerverbrecher in der Sicherheitsverwahrung kosten 450 Euro pro Tag (vgl. Tunk 2018). Dies bedeutet, dass bei einem Tagessatz von 135,65 Euro ein Häftling in NRW über 4.000 Euro pro Monat und 49.512 Euro pro Jahr kostet. Schätzungen gehen davon aus, dass der Vollzug in Deutschland den Staat in etwa 4 Milliarden Euro pro Jahr kostet (vgl. ebd.). Noch gar nicht berücksichtigt sind die Kosten für Opferentschädigungen, Therapiekosten, Gerichtskosten sowie generelle Justizkosten im Kontext der Straftat, Kosten für die Arbeit der Polizei sowie anfallende Kosten für Unterhaltsvorschüsse. Außerdem fehlen dem Staat durch Strafgefangene bis zu einer Milliarde Euro Sozialeinnahmen und Steuern. Das Fazit ist daher sehr alarmierend: Toxische Männlichkeit belastet unsere Gesellschaft und den Frieden unserer Welt auf allen Ebenen und kostet zudem noch enorm viel Geld.

       Gewalt unter der Geburt

      Die erste, oftmals traumatische Gewalterfahrung erleben Menschen bereits bei ihrer Geburt. Das freudige Erlebnis wird zu einem gewaltvollen. Die Soziologin und Feministin Mundlos hat dieses Thema, bei dem patriarchale Strukturen durch Gewalt an gebärenden Frauen überdeutlich sind und doch permanent unsichtbar gemacht werden, 2015 enttabuisiert und in die Öffentlichkeit gebracht. Es handelt sich dabei zum einen um strukturelle, aber auch um die individuell ausgeübte Gewalt des geburtshilflichen Personals. Es ist sehr bezeichnend, dass Krankenhäuser mit vaginalen Geburten ein Minusgeschäft machen, jedoch das in der Regel nicht notwendige Schneiden am Körper der Frau dazu führt, dass Krankenhäuser Geld verdienen.

      Geburtshilfliches Personal verübt dabei an Frauen psychische Gewalt (die Gebärende wird angeschrien, ausgelacht, beleidigt, bedroht/unter Druck gesetzt) und physische Gewalt (Eingriffe ohne Aufklärung, ohne Einwilligung oder gegen den ausdrücklichen Willen der Gebärenden, medizinisch unnötige Interventionen, heimliche Gabe von Wehenmitteln ins Badewasser, Kneifen und Ohrfeigen der Gebärenden, gewaltsames Auseinanderdrücken der Beine, permanente vaginale Untersuchungen, Fixieren, falsches Kristellern und in dem Zusammenhang Springen auf den Bauch der Gebärenden (beispielsweise von einer Leiter) (vgl. Mundlos 2015)).

      Die Soziologin geht von mindestens 40 – 50 % aller Geburten aus, bei denen Gewalt gegen die Gebärende angewendet wird. Das bedeutet, dass bei 1,6 Geburten pro Gebärende das Risiko für die einzelne Frau, Gewalt zu erleben, bei durchschnittlich 80 % liegt. Bei einer Online-Umfrage des Stern aus dem Jahr 2019, an der über 10.000 Frauen teilgenommen haben, gaben 56 % der befragten Frauen an, Gewalt unter der Geburt erlebt zu haben, 91 % gaben an, nicht oder nicht genügend über Eingriffe aufgeklärt worden zu sein (vgl. stern TV 2019). Dies stellt ebenfalls Gewalt dar. Würde eine medizinische Fachkraft bei einer Untersuchung jemanden, ohne die Erlaubnis der Patientin/des Patienten einzuholen und ohne sie/ihn aufzuklären, plötzlich ihr/sein Bein aufschneiden, dann erfüllte dies den Tatbestand der Körperverletzung. Unter der Geburt wird dieses Grundrecht täglich verletzt. Gewalt unter der Geburt ist eine der Säulen des Patriarchats: Gewalt gegen Frauen, gegen ihre Gebärfähigkeit, gegen ihren Körper und ihre Sexualität und gegen das Kind. Gebärende sind durch Gewalt unter der Geburt häufig traumatisiert. Aber auch die Kinder und Väter werden traumatisiert. Zudem tragen viele Frauen und Kinder körperliche, oft lebenslange Schädigungen davon. Dies bedeutet, dass mindestens jeder zweite Mensch bereits bei der eigenen Geburt patriarchaler Gewalt ausgesetzt gewesen ist, die ihn oftmals ein Leben lang prägt – und oftmals wissen die späteren Erwachsenen nicht einmal, dass sie eine traumatische Geburt erlebt haben und psychische Folgen ein Resultat von Gewalt unter der Geburt sind.

      Mundlos hat am 25. 11. 2019, dem Tag gegen Gewalt an Frauen/Tag gegen Gewalt unter der Geburt (Roses Revolution Day), einen Brandbrief zum Thema Gewalt unter der Geburt an den Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier gesendet. Unterschrieben haben: Der Bundesrat werdender Hebammen, die Bundesarbeitsgemeinschaft kommunaler Frauenbüros und Gleichstellungsstellen, die Gründerin & Vorstandsvorsitzende von Medica Mondiale e. V, (Mädchen-)Beratungsstellen, Hebammen, Hebammenschülerinnen, Doulas, TherapeutInnen, der Deutsche Fachverband der Hausgeburtshilfe, Vorstandsmitglieder von Greenbirth e. V., Polizeibeamte, die Geschäftsführerin des Institut für psychosoziale Gesundheit, Initiative gerechte Geburt und viele weitere Vereine und Personen (vgl. Mundlos 2019). Sie erläutert im Brandbrief unter anderem die Ursachen für Gewalt unter der Geburt, die Auswirkungen und die Häufigkeit sowie die Verantwortung, die Deutschland in Bezug

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