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über Luftqualitätsstandards und Emissionshöchstmengen am 2. August 2010, die zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 10. Oktober 2016 geändert worden ist.

      Zur bundesweiten Beurteilung der Luftqualität gemäß der 39. BImSchV werden von den jeweiligen Landesämtern Probenahmestellen für Stickstoffdioxid (NO2) betrieben. Für diese Probenahmestellen müssen die Anforderungen der 39. BImSchV Anlage 3 eingehalten werden. Dort sind großräumige und kleinräumige Standortkriterien definiert.

      Großräumige Kriterien:

      „Der Ort von Probenahmestellen, an denen Messungen zum Schutz der menschlichen Gesundheit vorgenommen werden, ist so zu wählen, dass Daten über Bereiche innerhalb von Gebieten und Ballungsräumen, in denen die höchsten Werte auftreten, denen die Bevölkerung wahrscheinlich direkt oder indirekt über einen Zeitraum ausgesetzt sein wird, der im Vergleich zum Mittelungszeitraum der betreffenden Immissionsgrenzwerte signifikant ist; sowie Daten zu Werten in anderen Bereichen innerhalb von Gebieten und Ballungsräumen, die für die Exposition der Bevölkerung allgemein repräsentativ sind.“

      Kleinräumige Kriterien:

      „Bei kleinräumigen Ortsbestimmungen der Probenahmestellen ist zu berücksichtigen, dass der Luftstrom um den Messeinlass nicht beeinträchtigt werden darf, das heißt, bei Probenahmestellen an der Baufluchtlinie soll die Luft in einem Bogen von mindestens 270° oder 180° frei strömen.

      Der Messeinlass muss sich grundsätzlich in einer Höhe zwischen 1,5 Meter (Atemzone) und 4 Meter über dem Boden befinden.

      Der Messeinlass darf nicht in nächster Nähe von Emissionsquellen angebracht werden.

      Bei allen Abgaskomponenten dürfen verkehrsbezogene Probenahmestellen zur Messung höchstens 10 Meter vom Fahrbahnrand entfernt sein; vom Fahrbahnrand verkehrsreicher Kreuzungen müssen sie mindestens 25 Meter entfernt sein.“12

      Zusammenfassung Gesetzgebung

      GesetzgebungDie Höhe des Stickstoffdioxidgrenzwerts wird kritisiert. Seine Herleitung ist nicht wissenschaftlich zu begründen. Es stellt sich die Frage, ob die Verschärfung des NO2-Jahresmittel-EU-Grenzwerts nicht über das Ziel hinausgeschossen ist, wenn man zum Beispiel den NO2-Jahresmittel-Grenzwert in den USA vergleicht.

      In den USA liegt der NO2-Jahresmittel-Grenzwert bei 53ppb, dies entspricht 100µg/m3. Dort werden im Clean Air Act für sechs Komponenten – darunter auch NO2 – die Höhe der Immissionsgrenzwerte mit einem aufwendigen Procedere in regelmäßigen Abständen überprüft und festgelegt.13

      Die amerikanische Umweltbehörde EPA legt diesen Air Quality Standard für ihre Bewertung der Luftqualität zugrunde und leitet entsprechend der gemessenen Konzentrationen in den einzelnen Staaten notwendige Maßnahmen ein. Die EPA ist bekannt für eine sehr strikte Gesetzgebung. Die Europäische Kommission ist auch auf die Bewertung von Wissenschaftlern angewiesen, die ähnlich wie in den USA den Grenzwert für die Stickstoffoxide anhand von toxikologischen und epidemiologischen Studien vorgeschlagen haben. Warum die Bewertungen in Europa und in den USA so unterschiedlich sind, bleibt ein Rätsel.

      Da die europäischen Staaten gezwungen sind, die von der Kommission festgeschriebenen Grenzwerte in nationales Recht zu übernehmen, ist jetzt insbesondere in Deutschland eine Situation entstanden, die bei Kommunen und auch bei den Ingenieuren der Automobil- und Zulieferfirmen nur mit extremem Aufwand zu lösen ist. In den Bundesländern ist die Wahl eines repräsentativen NO2-Messwertes nicht einheitlich. Da oft Hotspot-Stationen in den Vordergrund gerückt werden, fehlt ein fairer Vergleich. Manche Bundesländer überprüfen daher die Standortfrage der Messstationen.

      Ein weiterer Aspekt muss noch in dieser Frage angesprochen werden. Wie erklärt es sich, dass man den Menschen am Arbeitsplatz eine über 20-fache NO2-Konzentration zumutet, wenn bereits NO2-Konzentrationen im Bereich von 41µg/m³ bis 80µg/m³ in der Außenluft als krankmachend bezeichnet werden?

      Der Arbeitsplatzgrenzwert liegt bei 950µg/m³. Auch wenn der Arbeitsplatzgrenzwert ein Wert für die zeitlich begrenzte Belastung gesunder Arbeitender ist, während der NO2-Grenzwert in der Außenluft auch empfindliche Personen rund um die Uhr schützt, ist diese Diskrepanz nicht nachvollziehbar.

      Die Europäische Kommission in Brüssel sollte – ähnlich wie in den USA – eine regelmäßige Überprüfung der Luftqualitäts-Grenzwerte in die Gesetzgebung integrieren.

      Die Europäische Kommission hätte den europäischen Staaten viel Ärger erspart, wenn sie sich den Bewertungen der Wissenschaftler, die in den USA den Grenzwert in den Air Quality Criteria festgelegt haben, angeschlossen hätten.

      Es muss auch erwähnt werden, dass es Staaten mit noch schärferen NO2-Jahresmittel-Grenzwerten gibt, wie die Schweiz und Kalifornien.

      Der NO2-Jahresmittelgrenzwert in der Luftreinhalteverordnung der Schweiz liegt bei 30µg/m3 und der Tagesmittelgrenzwert liegt bei 100µg/m3. Die Grenzwerte für NO2 werden 2016 in den Stadtzentren (Bern-Bollwerk und Lausanne-César-Roux) und entlang der Autobahnkorridore (Härkingen-A1 und Sion-Aéroport-A9) noch deutlich überschritten.14

      Die kalifornische Umweltschutzbehörde CARB (California Air Ressources Board) hat den Air Quality Standard für NO2 bei der letzten Revision am 23. Februar 2007 auf 30ppb entsprechend 57µg/m3 verschärft. Die WHO hat für NO2 einen Jahresmittel-Richtwert von 20µg/m3 empfohlen.15 16

      Aufgrund dieser komplexen Faktenlage ist die aktuelle Fahrverbotspolitik als unverhältnismäßig anzusehen.

      Exkurs: Messstellenkritik

      Aufgrund der häufig erfolgten Kritik wurde vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit beim TÜV Rheinland Energy GmbH ein Gutachten in Auftrag gegeben. Die Prüfung bezog sich auf Einhaltung der oben genannten Kriterien bei kleinräumiger Ortsbestimmung aller verkehrsbezogenen NO2-Probenahmestellen, die 2018 eine NO2-Grenzwerteüberschreitung gemessen haben. Betroffen sind die Länder Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein.17

      In dem Gutachten wird die Beurteilung der Repräsentativität ausgeklammert. Fehlt der Nachweis der Repräsentativität, ist eine Analyse der Bebauungsstruktur über einen mindestens 100 m langen Straßenabschnitt mit aktuellen Zahlen der durchschnittlichen täglichen Verkehrsstärke bzw. eine mikroskalige Ausbreitungsrechnung für die Umgebung der Station durchzuführen. Diese Einschränkung birgt gewisse Unsicherheiten. Diese haben dazu geführt, dass geplante Sperrungen für Dieselfahrzeuge der Emissionsklasse Euro 4 und darunter in Stuttgart, München und Frankfurt nicht zum Einsatz kamen – beziehungsweise im Falle von Stuttgart zurückgenommen werden mussten.

      Der Bericht räumt ein, „dass es schwierig ist, abschließend zu beurteilen, ob eine Probenahme die Anforderungen nach Abschnitt B der 23.BImSchV hinsichtlich der Repräsentativität erfüllt.“ Die Punkte 1a) und 1f) in der 39. Bundes-Immissionsschutzverordnung Anlage 3 (Details im Anhang unter Kapitel 6) werden im Rahmen der vorliegenden Untersuchung nicht geprüft, obwohl der Punkt 1a) bei der Auswahl der Messstellen als erstes, zu berücksichtigendes Kriterium erkannt wurde und eine übergeordnete Stellung einnimmt.

      Auch bei weiteren Kriterien werden Annahmen getroffen, die es dann erlauben sollen, die Repräsentativität positiv darzustellen. Passivsammelmessungen (8 Spotmessungen) über einen Abstand von 95 m zeigen 2017 zum Beispiel am Stuttgarter Neckartor Mittelwerte zwischen 49µg/m3 und 73µg/m3.

      Das Bayerische Landesamt für Umwelt 2015 hat eine umfangreiche Studie „Untersuchung der räumlichen Verteilung der NOx-Belastung im Umfeld von vorhandenen, hochbelasteten Luftmessstationen“ veröffentlicht, in der detailliert die Einflüsse von Verkehrsdichte, Flottenzusammensetzung, Bebauung, Baulücken durch Nebenstraßen, Windrichtung und Lage der Messstationen analysiert wurde.18 Es zeigt sich auch hier, dass es schwer ist, eine repräsentative Aussage über die Belastung der Bevölkerung zu treffen.

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