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haben das Vertrauen in die deutsche Automobilindustrie und letztlich auch in das Kraftfahrtbundesamt und die Politik massiv gestört. Die Diskussionen zu diesem Thema werden nach den letzten durchgesetzten Maßnahmen bald der Vergangenheit angehören.

      Der Straßenverkehr als Schlüssel für erhöhte Werte am Straßenrand

      Mobile Quellen

      Da der StraßenverkehrStraßenverkehr den höchsten Anteil an den gemessenen NO2-Konzentrationen durch die Lage der Messstationen am Straßenrand hat, ist es hilfreich, zuerst die Entwicklung der Pkw und Nutzfahrzeugen anzuschauen. Das Kraftfahrtbundesamt KBA dokumentiert jährlich die Bestände und Neuzulassungen aller Fahrzeugtypen. Lieferfahrzeuge bis 3,5t Gesamtgewicht werden dabei zu den Pkw gezählt. Der Pkw-Bestand hat sich von 41,2 Millionen Pkw 2008 auf 47,7 Millionen 2020 erhöht. Der Gesamtbestand ist im gleichen Zeitraum von 55,2 Millionen Fahrzeuge auf 65,8 Millionen gestiegen.1

      Krafträder haben sich von 3,7 Millionen im Jahr 2008 auf 4,5 Millionen erhöht, Nutzfahrzeuge von 2,3 Millionen auf 3,3 Millionen und Zugmaschinen von 1,9 Millionen auf 2,2 Millionen.

      Bei den Pkw ist der Anteil an Diesel-Pkw bis 2016 auf 15 Millionen gestiegen, nach den Diskussionen zwischen 2017 bis 2019 sind die Neuzulassungen von 1,5 Millionen auf 1,1 Millionen aber deutlich gefallen. Im Jahr 2020 liegt der Dieselbestand bei 15,111 Millionen.2

      Warum steigt die Zahl der Personenkraftwagen insgesamt?

      Verkehrsforscher Andreas Knie vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung sagt dazu: Das eigene Auto ist in vielen ländlichen Gebieten unverzichtbarer denn je. „Noch nie war das Nahverkehrsangebot im ländlichen Raum so schlecht wie heute“.3

      Die junge Generation will selbstbestimmt mobil sein, und dieser Wunsch verbindet sich nach wie vor mit der Idee, ein eigenes Auto zu besitzen. Motorisierung war das Synonym für Freiheit und die Führerscheinprüfung Klasse 3 der Einstieg ins Erwachsenenleben. Die Mehrheit der Jugendlichen hat, bis sie 25 Jahre alt ist, den Führerschein in der Tasche.

      Individuelle Mobilität und gesellschaftliche Anerkennung, auch bei den Freunden, ist ihre Motivation. Für die meisten Menschen ist der Erwerb eines Autos ein erster Schritt frei und unabhängig zu sein. Den Älteren ist das neue Auto auch Beweis für die eigene Leistungsfähigkeit, Beleg für das Gefühl, noch dabei zu sein.

      Kehrt sich der Trend um?

      Mehr junge Menschen ziehen in größere Städte, um zu studieren oder eine andere Ausbildung zu absolvieren. Dort sind die Mieten hoch, der Autoverkehr dicht und die Parkplätze knapp; dafür ist der öffentliche Nahverkehr gut ausgebaut und dank Semesterticket preisgünstig. Das fördert ein pragmatisches Verhalten, das Verkehrswissenschaftler „multimodale Mobilität“ nennen: Man leiht oder mietet sich ein Auto, wenn es nötig ist, zum Beispiel per Carsharing.

      Weitere Gründe sind der demografische Wandel, es gibt immer weniger 17-Jährige, und die Tatsache, dass das Auto unter Jugendlichen heute immer seltener ein Statussymbol ist. „Die Jugendlichen geben Ihr Geld heute lieber für das neueste Smartphone aus“, sagte Rainer Zeltwanger als Fahrschulfunktionär des Stuttgarter Bundesverband Deutscher Fahrschulunternehmen. Das sei noch vor einigen Jahren völlig anders gewesen: „Wer früher mit 19 keinen Führerschein hatte, mit dem stimmte was nicht.“4

      Ein eigenes Auto ist heute auch für viele junge Erwachsene unbezahlbarer Luxus. Denn die Innovationsfreude der Hersteller hat auch dafür gesorgt, dass in den vergangenen 34 Jahren laut dem Center Automotive Research (CAR) der Universität Duisburg-Essen die Durchschnittspreise der verkauften Neuwagen pro Jahr um 3,6 Prozent gestiegen sind.5 So verschiebt sich die Anschaffung in eine spätere Lebensphase, in der sie finanziell kein so großes Problem mehr ist oder ohne Auto nichts geht – etwa nach Gründung einer Familie und Umzug in den ländlichen Raum. Die Entwicklung in ländlichen Gebieten verläuft anders als in Großstädten. Aber: „In vielen Städten sind Menschen auf das Auto angewiesen.“6 Das werde sich auch in Zukunft nicht ändern.

      Um den Beitrag der Diesel-Pkw abschätzen zu können, sind im Anhang die Bestandsdaten nach Emissionsklassen insgesamt und bei den ausgewählten Ländern Baden-Württemberg, Bayern, Berlin und Nordrhein-Westfalen zusammengefasst.

      Da auch Nutzfahrzeuge nicht unerheblich zu den NOx-Emissionen beitragen, folgen dazu einige Anmerkungen: Von 2008 bis 2019 ist der Bestand in Deutschland von rund 2,3 Millionen auf 3,1 Millionen angewachsen. Auch bei den Nutzfahrzeugen haben die Emissionen stärker abgenommen als der Zuwachs an Fahrzeugen. Da für den Nutzfahrzeugverkehr ein niedriger Kraftstoffverbrauch im Vordergrund stand, wurden immer schon Dieselmotoren eingesetzt. Zur Einhaltung der immer strenger werdenden Grenzwerte ist relativ früh die Harnstoff-Technologie unter dem Namen AdBlue eingeführt worden. Dies hat zu einer deutlichen Verbesserung der NOx-Abgasemissionen geführt.

      Zusammenhang der Verkehrszunahme und der Emissionsentwicklung

      Warum werden die Abgasemissionen weniger, obwohl die Zahl der Fahrzeuge steigt?

      Generell herrscht die Meinung vor, dass mit der Zunahme des Verkehrs die Luftqualität schlechter wird. Dies trifft aber nicht zu, da die neu in den Verkehr kommenden Fahrzeuge deutlich niedrigere Emissionen aufweisen als die älteren Fahrzeuge, die aus dem Verkehr ausscheiden. Die Neuzulassungen sind jedes Jahr etwas höher als die aus dem Verkehr ausscheidenden Fahrzeuge, sodass jedes Jahr die Gesamtzahl der Fahrzeuge zunimmt, detaillierte Zahlen im Anhang.

      Fazit: Trotz der gewachsenen Pkw-Zahl sind die Abgasemissionen geringer. Das heißt, die Luft wird besser, die Jahresmittelwerte sinken.

      Diskussion der Luftqualitätsgrenzwerte für (NO2) und Feinstaub (PM10 und PM2,5)

      Stickstoffdioxid NO2Partikelfraktionen PM10 und PM2,5 Die Luftqualität und die Ungereimtheiten bei den realen Abgasemissionen der Autos waren über Wochen und Monate das Hauptthema in den Medien. Insbesondere bei einer Komponente in der Luft, nämlich dem Stickstoffdioxid, wurde angeprangert, dass in vielen Städten der Luftqualitätsgrenzwert von 40µg/m3 nicht eingehalten wird.

      Dabei ist die Luftqualität in den letzten 30 Jahren bei allen für die Umwelt relevanten Abgaskomponenten deutlich besser geworden. Die erzielten Erfolge bei der Emissionsverringerung und lufthygienischen Überwachung werden oft nicht wahrgenommen, auch weil die Medien dazu neigen, die auffälligsten Werte bei ungünstigen meteorologischen Episoden herauszustellen. Der Bürger hat daher meist den Eindruck, dass er eine ungesunde Luft einatmen muss. In Einzelfällen wird sogar die Nichteinhaltung von Grenzwerten beklagt. So hat die Organisation Deutsche Umwelthilfe e.V. für großen Wirbel gesorgt, indem sie die Einhaltung dieser Grenzwerte in einigen Städten eingeklagt hat. Im September 2019 hat sie sogar mit einer Beugehaft für den Bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder gedroht, weil er für München wegen der Überschreitung des NO2-Jahresmittelgrenzwertes an einigen Straßen kein Fahrverbot für ältere Dieselfahrzeuge ausgesprochen hat. Dabei hat das Bayerische Umweltministerium mit der Stadt München einen der umfangreichsten Maßnahmenpläne erarbeitet.

      Als Folge dieser Aktionen sind sowohl bei den Länderbehörden wie bei Besitzern von Diesel-Fahrzeugen immense Kosten entstanden. Das Bundesverwaltungsgericht hat zum Teil Einfahrverbote verhängt, die in Stuttgart (ab 1. Januar 2019) wieder aufgehoben wurden. In einigen Städten, zum Beispiel in Hamburg, wurden einzelne belastete Straßen für Fahrzeuge, die nicht die neuen Abgasstandards einhalten, gesperrt. Viele Urteile sind aber noch nicht rechtskräftig. Die Diesel-Pkw-Neuzulassungen sind in einem Jahr (vom Februar 2017 bis Februar 2018) von 53% auf 33% gefallen und die Dieselanfragen bei der Online-Suche von 26% auf 17%. Der Wert eines drei Jahre alten Diesel-Pkw hat sich deutlich verringert.1

      Als technische Lösung wurden bei älteren Diesel-Pkw Nachrüstungen gefordert. Im Sommer 2019 wurden technische Lösungen einiger Zulieferfirmen freigegeben. Ein Einsatz muss aber von den jeweiligen Fahrzeugfirmen freigegeben werden.

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