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sie jedes einzelne davon verstanden, stellten sich mir die Nackenhärchen auf. Ich war sprachlos.

      Fasziniert kniete ich mich hin und fragte mich, was sie als Nächstes tun würde. Doch sie beobachtete mich nur weiterhin äußerst aufmerksam, während ich aufstand. Ein, zwei Minuten lang musterten wir einander aus einer Entfernung von etwa sechs Metern, so als gingen wir beide davon aus, dass nun irgendetwas Folgenreiches geschehen würde. Trixie wedelte nicht. Aber sie hatte den Schwanz auch nicht eingekniffen, was sie getan hätte, hätte sie in irgendeiner Weise Angst empfunden. Der Schwanz war buschig und rührte sich überhaupt nicht, als wäre die Hündin aus der Zeit herausgetreten, so dass sie nichts berühren oder ihr auch nur ein Härchen krümmen könnte – nichts, es sei denn, sie ließ es zu.

      »Trixie?«, fragte ich schließlich. Daraufhin zog sie sich noch drei, vier Meter weiter zurück, drehte sich erneut zu mir um und sah mich mit derselben erwartungsvollen Haltung an wie zuvor. Dabei war Trixie keine Hündin, die Abgeschiedenheit oder sogar Distanz suchte. Je näher sie bei uns war, desto glücklicher kam sie uns vor. Wenn ich schrieb, schlich sie sich manchmal unter meinen Schreibtisch und rollte sich dort wie ein Fußpolster zusammen. Und wenn ich meine bestrumpften Füße auf ihr ruhen ließ, seufzte sie vor Vergnügen. Gerda gegenüber verhielt sich dieses fast dreißig Kilo schwere Geschöpf noch mehr als bei mir wie ein Schoßhündchen. Höchste Zufriedenheit empfand sie, wenn man sie in die Arme nahm.

      Das war das erste und zugleich das letzte Mal, dass sie Distanz zu mir herstellen wollte. Während wir einander anstarrten, wurde mir klar, dass ich – unabhängig davon, was Trixies Verhalten besagen sollte, falls überhaupt irgendetwas – besser daran tat, diese Geschichte nicht weiterzuverfolgen, schon deshalb nicht, weil sie Trixie beunruhigte. Außerdem hatte ich es hier mit etwas nicht Fassbarem zu tun, und wenn man Unfassbares weiterverfolgt, führt es nur zu endlosem Frust und bringt nichts, außer den Kitzel einer Verfolgungsjagd.

      Ich setzte mich im Gang auf den Fußboden, lehnte mich mit dem Rücken gegen die Wand, streckte die Beine aus und schloss die Augen. Mein Nacken prickelte noch ein Weilchen, doch als meine Nackenhärchen sich wieder gelegt hatten, kehrte Trixie zu mir zurück und schmiegte sich an meine Seite. Sie legte den Kopf in meinen Schoß und ließ es zu, dass ich sie sanft hinter den Ohren kraulte und ihr Gesicht streichelte.

      Später erzählte ich Gerda von dem Vorfall, aber natürlich wurde sie genauso wenig wie ich daraus schlau. Beide haben wir keine paranoiden Züge, und wir suchen auch nicht Hellseher oder medial veranlagte Leute auf. Wir lesen nicht einmal unsere Tageshoroskope.

      Ich verdiene meinen Lebensunterhalt mit dem Schreiben von Erzählungen und Romanen und hätte wohl zahlreiche spannende Szenarien aus dieser einen unheimlichen Episode mit Trixie entwickeln können. Doch keines davon wäre so sonderbar wie das wirkliche Geschehen ausgefallen, hätte ich es ergründen können. Die Wahrheit ist stets sonderbarer als jede erfundene Geschichte. Wir gestalten diese Geschichten so, dass sie unserem Gefühl davon, wie die Dinge sein sollten, entsprechen, aber die Wahrheit können wir uns nicht zusammenzimmern. Die Wahrheit existiert einfach und hat die Fähigkeit, uns bis zum Niederknien zu verblüffen. Sie ruft uns nämlich ins Gedächtnis, dass das Universum nicht dazu da ist, unsere Erwartungen zu erfüllen. Da wir unvollkommene Geschöpfe sind, blind für die in Wahrheit überwältigende Komplexität der Welt, stutzen wir uns die Wirklichkeit auf fadenscheinige Theorien und Ideologien zurecht, die wir leicht begreifen können, und bezeichnen sie dann als wahr. Doch die Wahrheit eines unermesslich weiten Meeres verkörpert sich nicht in einem von der Flut angespülten Kieselstein.

      Wenn wir einen Roman schreiben, ein neues politisches System ersinnen oder eine Theorie entwerfen, die beispielsweise die Arbeitsweise des menschlichen Gehirns oder die Entwicklung des Universums erklären soll, sind wir lediglich Erfinder von Fantasiegebilden. Wir nehmen der Fülle der wirklichen Erzählung des Lebens ihre Farben und verpacken sie in eine blasse Geschichte, die wir besser begreifen können. Wir irren uns, wenn wir uns die nicht zu ergründende Komplexität nicht eingestehen. Und gefährlich wird dieser Irrtum dann, wenn wir behaupten, diese eine farblose Geschichte oder Geschichtensammlung entspreche der Wahrheit. Wir landen bei der Farblosigkeit, weil wir der beängstigenden Wahrheit in all ihren starken Farben und unendlichen Einzelheiten nicht ins Gesicht blicken möchten.

      Ich werde niemals die Wahrheit über diesen unheimlichen Moment mit Trixie wissen. Ich weiß jedoch, dass wir sie durch alle Jahre hindurch geliebt und geschätzt haben und sie uns ständig so verblüffte, wie es auch die Wahrheit tut. Sie brachte uns jeden Tag zum Lachen – und manchmal weinten wir auch aus Sorge um sie. Sie wog nur rund dreißig Kilo und gelegentlich nannte ich sie Short Stuff. Sie lebte nicht einmal zwölf Jahre. In dieser großen Welt war sie ein kleines Lebewesen, aber in jeder Hinsicht, die zählt, einschließlich der Wirkung, die sie auf jene ausübte, die sie liebten, lebte sie ein bedeutsames Leben.

      In jedem kleinen Leben können wir große Wahrheit und Schönheit erkennen, und in jedem kleinen Leben erhaschen wir einen Blick auf das Wesen aller Dinge im Universum. Wenn wir zulassen, uns von der Schönheit des Alltäglichen verzaubern zu lassen, beginnen wir zu begreifen, dass alle Gegebenheiten in Wirklichkeit außergewöhnlich sind. Wenn wir Demut gegenüber dem empfinden, was wir nicht wissen und auch nicht wissen können, erhöht uns diese Demut. Wenn wir uns das Rätsel und Wunder der Existenz eingestehen, gewinnt unser vernebelter Verstand Klarheit. Wenn wir klar denken, wird aus dem Staunen Ehrfurcht, und durch diese Ehrfurcht werden wir wahrer Weisheit so nahe kommen, wie es überhaupt möglich ist.

      Trixie war arglos und fröhlich, manchmal aber auch rätselhaft und ernst. Von dieser guten Hündin habe ich genauso viel gelernt wie durch all meine Schuljahre.

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      Das Leben vor Trixie

      wir hatten nicht das Glück, stets in Newport Beach, Kalifornien, zu leben. Und ich war auch nicht schon immer so ein Mensch gewesen, der die Schuld für die Beschädigung eines Gemäldes seinem Hund gibt – vor allem deswegen nicht, weil ich vor Trixie keinen Hund hatte, dem ich die Schuld hätte zuschieben können.

      Ich war in Bedford, Pennsylvania, aufgewachsen, wo ich mit meinen Eltern in einem engen Haus mit vier Zimmern gewohnt hatte. Das Haus hatte mein Großvater mütterlicherseits gebaut. Ich liebte Großpapa John, doch trotz seiner vielen Talente war er für eine berufliche Laufbahn im Wohnungsbau genauso wenig geeignet wie ich ungeeignet bin, eine Operation am offenen Herzen durchzuführen.

      Im ständig feuchten Keller des Hauses waren in die kleinen Nischen zwischen den Deckenfugen zwei nackte Glühbirnchen eingebettet. Da es die einzigen Lichtquellen waren, herrschte hier unten stets nur trübes, schwaches Dämmerlicht, das die hinterhältigen Schwammkolonien in den Ecken keineswegs störte. Als Kind war ich fast davon überzeugt, dass der Schwamm geduldig auf eine Gelegenheit wartete, mir Übles anzutun, wenn ich einmal nicht auf der Hut war.

      Nach meinem neunten Geburtstag wurde auch ich zur Versorgung der Befeuerungsanlage eingeteilt. Das eiserne Biest stand gegenüber der Tür zu dem Verschlag, in dem die Kohle lagerte. Morgens schüttelte ich den Feuerrost, damit die Kohlenschlacke und die Asche in den Sammelbehälter fielen, schaufelte durch die Hauptluke Kohle in den Ofen und zündete leicht brennbares Material an, damit die Kohle schneller Feuer fing. Wenn ich am kommenden Tag keine Schule hatte, häufte ich am Abend viel Kohle auf, damit sie bis zum Morgen durchbrannte und das Haus die ganze Nacht warm blieb.

      Doch das stellte sich als Unsinn heraus, denn dieser Heizkessel war kein Umluftofen. Die Wärme stieg durch einen großen eisernen Rost ins Wohnzimmer hinauf und von dort aus so langsam nach oben, dass Wasser, wenn man es an bitterkalten Wintertagen über Nacht in einem Glas stehen ließ, morgens zu Eis gefroren war.

      Bis zu meinem zwölften Lebensjahr hatten wir kein Badezimmer. Stattdessen war an einer Kellerwand ein Duschkopf oberhalb einer Rinne im Betonfußboden

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