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vorzustellen, was im ersten Kapitel EINFÜHRUNG IN FANTASY-LARP geschehen soll. Da die Spielarten in den verschiedenen Ländern teilweise stark voneinander abweichen, sollen hier nur Rollenspiele in Deutschland betrachtet werden. Dabei möchte ich in diesem Teil noch darauf verzichten, eine bestimmte theoretische Perspektive vorzugeben, sondern den Fokus auf eine möglichst anschauliche Beschreibung typischer Elemente und Abläufe von Live-Rollenspiel legen. Verschiedene Abbildungen und ein Glossar sollen diese ergänzen, um einen umfassenden Eindruck zu ermöglichen und die Leserin mit dem Gegenstand vertraut zu machen.

      Im zweiten Kapitel LARP IM KONTEXT ANDERER ROLLENSPIELE soll die spezifische Beschaffenheit von Live-Rollenspiel im Kontrast zu anderen Rollenspielen dargestellt werden. Die Verortung im Rollenspielkontext erweist sich aber zunächst als schwierig, da sich schon der Begriff „Rollenspiel“ einer einfachen Definition entzieht und vielfältige Anwendungsbereiche aufweist. Daher werde ich Kriterien vorschlagen, mit denen innerhalb des Bereichs differenziert und einzelne Phänomene herausgeschält werden können, und versuchen, eine handhabbare Definition zu entwickeln. Schließlich soll durch einen Vergleich der drei gängigen Rollenspielformen deren jeweilige Bedingungen und Mittel herausgearbeitet werden, insbesondere in Bezug auf die Bedeutung des Spielerkörpers und die Simulation der Spielwelt.

      Im dritten Kapitel THEATRALE DIMENSIONEN VON LARP sollen diese Überlegungen aufgegriffen und in den theaterwissenschaftlichen Kontext eingebunden werden: Betrachtet man die Rahmenbedingungen und Elemente von Live-Rollenspiel, so zeigt sich nicht nur seine Natur als Spiel, sondern auch die Nähe zu Phänomenbereichen wie Theater, Fest und Ritual. Umso geeigneter erweist sich die Theaterwissenschaft, die mit Konzepten wie Performativität, Ereignis, Liveness oder Liminalität über hilfreiche Instrumente verfügt, mit denen wesentliche Dimensionen von Live-Rollenspiel effektiv untersucht werden können. Da dieses Buch als Einführung konzipiert ist, die keine umfassende Analyse leisten kann, sollen hier nur ausgewählte Aspekte berücksichtigt werden. So soll u. a. diskutiert werden, welche Merkmale LARP mit dem zentralen Begriff der Aufführung teilt und inwieweit es als solche definiert werden kann. Als Dreh- und Angelpunkt wird sich dabei die Tatsache erweisen, dass es im Live-Rollenspiel keine Zuschauer*innen gibt und es damit von wichtigen Definitionen verschiedener theatraler Ereignisse nicht erfasst wird.

      Hier soll aber nicht nur die Anwendbarkeit theaterwissenschaftlicher Konzepte auf Live-Rollenspiel in den Blick genommen werden, sondern auch in umgekehrter Perspektive gezeigt werden, dass ein Phänomen wie LARP Antworten auf verschiedene Problemstellungen des Theaters zu geben vermag. Insbesondere im postdramatischen Theater des 20. Jahrhunderts ist immer wieder der Wunsch zu spüren, die Trennung zwischen Zuschauerinnen und Schauspielern aufzuheben und stattdessen ein gleichberechtigtes Miteinander zu ermöglichen, wie es sich auch in den vorangestellten Worten Grotowskis ausdrückt. LARP kann zum einen als Modell dienen, wie ein solches Miteinander – eine Gemeinschaft oder Communitas – ganz praktisch verwirklicht werden kann, und zum anderen kann es auch theoretische Impulse geben, wie insbesondere der Aufführungsbegriff im Hinblick auf die Zuschauer-Akteur-Dichotomie neu akzentuiert werden könnte.

      Indem es den Teilnehmenden die Möglichkeit bietet, sich in ganz anderen, sonst unmöglichen oder nicht zulässigen Situationen zu erleben und dabei verschiedene sowohl vertraute wie völlig fremde Persönlichkeitsmuster auszuprobieren, erscheint LARP als „Antistruktur“ zum Leben außerhalb des Spiels. Hier können normative Strukturen abgelegt, variiert und neue Strukturen und Gemeinschaften erschaffen werden. Damit soll nicht behauptet werden, dass die Spieler*innen im Live-Rollenspiel frei wären von sozialen Kategorien oder Strukturen, doch können diese in der Gestaltung einer Gegenwelt mit ihren eigenen Regeln und Ritualen bewusster und freier gewählt und kombiniert werden. Dadurch wird u. a. der Vorgang der Konstruktion solcher Kategorien und der Zuschreibung ihrer Codes und Attribute offenbar; eine Erkenntnis, die sich wiederum auf das Leben außerhalb der Spielwelt auswirken kann. Wie bei vielen verwandten Phänomenen (Karneval, höfische Verkehrungsfeste und Maskeraden, genauso aber auch pädagogische Rollenspiele etc.) stellt sich aber auch hier die Frage, ob durch solche Praktiken normative Strukturen wirklich nachhaltig unterlaufen oder nicht doch eher bestärkt und stabilisiert werden. Dieser Frage soll im letzten Kapitel GENDER IM LARP – EIN BLINDER FLECK? am Beispiel von Gender Bending und Cross-Dressing im LARP nachgegangen werden.

      Zusammengefasst soll dieses Buch also einerseits allgemein in das vielschichtige Phänomen Live-Rollenspiel einführen und wesentliche Merkmale des Spiels herausstellen. Des Weiteren soll eine theoretische Verortung sowohl im Rollenspielbereich als auch im Bereich theatraler Ereignisse erfolgen und dabei auch der mögliche Ertrag weiterer Auseinandersetzungen mit LARP in Aussicht gestellt werden. Sofern vorhanden, soll auf Publikationen, die sich mit Live-Rollenspiel befassen, Bezug genommen und diese gegebenenfalls kurz vorgestellt sowie Anregungen zur weiteren Lektüre gegeben werden. Verweise auf Filme und Internetvideos sollen zeigen, wie vielfältig die Auseinandersetzung mit (Live-)Rollenspiel sein kann und mit wie viel Begeisterung, aber auch Humor und Selbstironie die Szene ihr Hobby und sich selbst betrachtet. Nicht zuletzt hoffe ich, das Faszinosum LARP, das immer wieder mit Vorurteilen zu kämpfen hat, mit dieser Arbeit auch Außenstehenden verständlich zu machen, denn bei allem wissenschaftlichen Ernst soll eine wesentliche Dimension des Spiels nicht außer Acht gelassen werden, nämlich der Spaß und die Lust am Spielen, die hoffentlich auch in meinen folgenden Ausführungen durchscheinen werden.

       ANMERKUNGEN ZUM FRAGEBOGEN

      Viele der von mir geschilderten Beobachtungen beruhen auf eigenen Erfahrungen, die ich während einiger Jahre des aktiven Spiels sammeln konnte, und den Erzählungen anderer Spieler*innen. Um meine Ausführungen auf eine breitere Basis zu stellen und Informationen zu bisher nicht erfassten Aspekten zu sammeln, habe ich einen Fragebogen erstellt und in einschlägigen Internet-Foren um Teilnahme gebeten. Er war nur an Live-Rollenspieler*innen gerichtet. Er konnte nur über einen entsprechenden Link erreicht werden und war im Sommer 2012 zwei Monate online. Insgesamt haben 50 Personen zwischen 19 und 52 Jahren teilgenommen, darunter 20 Frauen und 30 Männer. Neben „männlich“ und „weiblich“ gab es die Möglichkeit, das eigene Geschlecht in einem freien Textfeld anders zu definieren, was allerdings von niemandem genutzt wurde. Die große und zeitnahe Resonanz auf mein Anliegen zeigte mir einmal mehr, wie gut die LARP-Community vernetzt ist und wie groß der Zusammenhalt und die Hilfsbereitschaft unter LARPern in der Regel sind. An dieser Stelle möchte ich mich noch einmal bei allen bedanken, die sich die Mühe gemacht haben, meinen Fragebogen zu bearbeiten, das war eine große Hilfe.

      Im Folgenden soll keine vollständige Auswertung des Fragebogens vorgenommen werden, sondern er soll nur zur Konkretisierung einzelner Punkte dienen. Zur Erörterung verschiedener Aspekte werde ich die Ergebnisse einzelner Fragen an geeigneter Stelle anführen. Zitierte Antworten habe ich orthografisch angeglichen, ansonsten aber so belassen, wie sie eingetragen wurden.

       ANMERKUNGEN ZU DEN PERSONENBEZEICHNUNGEN

      Obwohl Live-Rollenspiel in seinen Anfängen eher als Männerdomäne galt und tatsächlich die überwältigende Mehrheit der Spieler männlich war, hat sich das Verhältnis der Geschlechter in den letzten Jahren spürbar gewandelt. Um dieser Entwicklung Rechnung zu tragen und deutlich zu machen, dass ein Phänomen wie LARP von Menschen gleich welchen Geschlechts genutzt wird und werden kann, werde ich im Folgenden zwischen weiblichen, männlichen und neutralen Formen wechseln oder Doppelformen benutzen, sofern das die Lesbarkeit nicht einschränkt. Sollten dabei die männlichen Formen häufiger gebraucht werden, ist das der Tatsache geschuldet, dass sie im Deutschen meist flüssiger zu lesen sind. Sofern nicht ausdrücklich anders benannt bzw. aus dem Kontext eindeutig zu schließen, sind immer Angehörige aller Geschlechter gemeint.

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