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Die Erlenhofzwillinge. Lise Gast
Читать онлайн.Название Die Erlenhofzwillinge
Год выпуска 0
isbn 9788711508947
Автор произведения Lise Gast
Издательство Bookwire
„Was machst du denn hier?“ wunderte sich Vater. Sigrid war noch nicht da.
„Ich helf. Herr Störmer hat mich nach Hause geschickt.“
„So? Na dann –“ sagte Vater zerstreut. Er mußte sich seinen Jagdgästen widmen. Imme flitzte hin und her und strahlte die Männer an. Sie aßen und tranken Grog, und die ersten Zigarren begannen zu qualmen. Endlich kam auch Sigrid. Sie lachte nur, als Imme ihr den Teller brachte.
„Du Unnütz, bist du auch da?“
Neben Sigrid saß der junge Landrat, der öfter aus der Kreisstadt kam. Sie hatten beide rote Backen und lachten sich an, während sie ihren Eintopf löffelten. Imme war sehr froh und erleichtert. Sigrid würde bestimmt nicht schimpfen, so vergnügt wie sie heute war.
Zu Hause gab es dann noch Kaffee und Kuchen für alle Gäste. Und abends sollte getanzt werden. Ein paar Freundinnen von Sigrid blieben über Nacht, einige Gäste fuhren eher ab. Imme lief zu Ute hinauf, der es wieder recht gut ging. Sie aßen Bienenstich und Zuckerkuchen. Einmal kam Sigrid zu ihnen hereingehuscht. Sie freute sich, wie es Ute schmeckte.
„Du mußt heute allein ins Bett gehen, Immelein“, sagte sie, „ich weiß nicht, ob ich nochmal fortkann von unten.“ Sie nahm Immes Kopf zwischen die Hände und lachte ihr in die Augen. Dann war sie wieder hinaus.
„Du, ich glaube, die verlobt sich heute“, sagte Imme zu Ute. Ja, das mußte es sein. So strahlte nur eine Braut. Am Ende war sie es schon? Das mußte sie wissen.
„Wir gehen mit hinunter“, sagte sie mit blinkernden Augen. Ute sah sie mitleidig an und zeigte nach der Stirn.
„Die schicken uns doch gleich wieder fort!“
„Ach du! Die merken das gar nicht – paß auf!“
Sie flüsterten eifrig. Ute sah bedenklich drein, aber auch wieder begehrlich. Imme schlüpfte jedenfalls in den Schlafanzug, und sie lagen brav in den Betten, als Auguste das Abendbrot brachte. Sie hatte auch tausenderlei zu tun, so daß sie an Immes Schußwunden gar nicht mehr dachte.
„Tanzen sie schon?“ fragte Imme.
„Nein. Sie sitzen noch im blauen Zimmer. Aber im Saal ist schon alles fertig.“
Das war es, was Imme wissen mußte. Als Auguste hinuntergegangen war, zogen sie beide Socken an und schlichen in den Flur. Es war sehr aufregend. Unten an der Treppe wären sie um ein Haar dem Vater in die Arme gelaufen. Imme riß Ute zurück, sie standen mit lautklopfenden Herzen hinter dem Windfang der Wirtschaftstür. Endlich entfernten sich Vaters Schritte.
„Komm!“ flüsterte Imme. Sie erreichten den Saal, spähten umher, ob jemand sie sah, und huschten hinein. Schnell über das blanke Parkett, auf dem man herrlich hätte schlittern können, wenn Zeit dazu gewesen wäre, die Vorhänge des mittleren Fensters auseinandergeschoben und hinauf auf das breite Fensterbrett. Imme war zuerst oben und zog Ute an der Hand nach. Dann ließen sie den Vorhang wieder zusammenfallen und standen nun aufatmend zwischen Fenster und Vorhängen auf dem Fensterbrett.
„Von hier aus können wir alles mit ansehen und anhören“, sagte Imme erwartungsvoll. Nach wenigen Minuten kamen die ersten Gäste, und das Radio, das gerade unter ihrem Fenster stand, wurde angedreht.
Jetzt hieß es ganz stillstehen. Zuerst war das auch nicht so schwer. Imme und Ute horchten, spähten durch den Vorhang und unterdrückten wilde Lachanfälle. Aber allmählich merkten sie, daß sie sich das Ganze doch abwechslungsreicher vorgestellt hatten. Die Musik war so laut, daß man von der Unterhaltung der Gäste fast gar nichts verstand; und das Tanzen, nun, das war schließlich auch immer dasselbe, wenn auch die Paare wechselten. Imme hatte schon wieder genug, aber sie waren ja nun gefangen. Sie mußten aushalten, bis – ja, bis wann denn? Vielleicht bis Mitternacht oder gar noch weiter darüber hinaus? Das war keine angenehme Aussicht.
Ute flüsterte es Imme zu. Aber die, die das Ganze sich ja ausgedacht hatte, sagte leichtsinnig:
„Ach wo! Irgendwas passiert schon, daß sie mal rausgehen. Guck, da ist Sigrid mit dem Landrat.“
Sigrid sah wunderbar aus. Ihr Kleid war am Rücken weit ausgeschnitten und ging fast bis auf die Füße. Man sah beim Tanzen die silbernen Schuhe.
„Fein, nicht? Aber ich, ich will später kein solches Kleid“, sagte Imme mit großen, nachdenklichen Augen. „Ich will einen Anzug aus Leder mit einem Gürtel, in dem man ein Buschmesser tragen kann, und überall Reißverschlüsse. Und solche Hosentaschen!“
„Damit kannst du doch nicht tanzen“, sagte Ute verächtlich.
„Will ich ja gar nicht. Aber den Bulldog fahren, reiten und ein Motorrad haben, noch schwerer, als der Schweizer eins hat, mit zwei Auspüffen und einem Rückspiegel.“
Immer wieder ärgerte sich Imme, daß sie kein Junge war. Vater hatte sich damals sehr einen Jungen gewünscht, da bekam er zwei Mädchen und mußte seine Frau hergeben. Aber ein bißchen hatte sein Wunsch wohl auf Imme abgefärbt, das ahnte er nur nicht; aber sie war wirklich ein halber Junge.
Auf einmal war die Musik aus, und Imme platzte fast vor Lachen hinter dem Vorhang. Die Paare blieben mitten im Tanzen stehen.
„Nanu?“ Alles guckte erstaunt nach dem Radio. Kurzschluß? Aber die Lampen brannten doch noch.
„Der Stecker ist raus, wahrscheinlich war er nicht richtig hineingesteckt“, sagte einer der Tänzer, kam heran und steckte ihn wieder fest. Weil die Musik sofort wieder einsetzte, hörte man Immes Prusten nicht. Sie hatte den Stecker gelockert gehabt. Der Vorhang wackelte, weil die beiden Mädchen vor Lachen nicht stillstehen konnten.
„Nochmal!“ flüsterte Ute. Imme hockte schon auf dem Sprung. Sie ließ die Paare erst mal richtig in Schwung kommen, dann griff sie wieder zu. Aus.
„Das ist doch blöd! Steckt das Ding doch richtig fest!“ rief Sigrid und kam heran.
„Hab ich ja. Vielleicht ist was am Kontakt?“
Man besah den Stecker, die Dose, die dicht neben dem Vorhang war, probierte – die Musik ging. „Na also!“
Imme wollte sofort wieder herausziehen, aber Ute hielt sie am Ärmel fest. „Nicht doch! Wenn sie uns finden!“
Imme jedoch fand es zu großartig, den Tanzenden mitten im Drehen die Musik abzuschneiden. „Wie bei der Stuhlpolonaise“, kicherte sie. Ute mußte auch lachen, Stuhlpolonaise spielten sie immer am Geburtstag, es war eins ihrer schönsten Gesellschaftsspiele. Immerhin wartete Imme diesmal ein Weilchen, damit es nicht zu sehr auffiel. Da war auf einmal die Musik sowieso zu Ende, und Nachrichten kamen. Die wollte niemand hören, und das Radio wurde mit einem Knacks ausgedreht. Die Gäste wandten sich dem Tischchen mit Bowlengläsern und belegten Brötchen zu. Imme und Ute guckten sehnsüchtig. „Ich hab Hunger!“
„Ich auch!“
Und kalt war es auch. Die Winterluft zog durch die Doppelfenster, man merkte das, wenn man, wie sie, im dünnen Schlafanzug hier still stehen mußte. Den Gästen beim Essen und Trinken zuzusehen, machte wenig Spaß. Was tun?
Dazu kam, daß Ute immer wieder mal husten mußte. Vorhin bei der Musik hatte man das nicht gehört, aber jetzt war es gefährlich. Sie unterdrückte es, so gut es ging, und preßte beide Hände vor den Mund. Imme kriegte Angst und machte ihr wilde Zeichen. Der Vorhang wackelte.
„Wenn sie uns finden, bist du schuld!“ knurrte sie. Aber Ute flüsterte kläglich:
„Ich kann doch nichts dafür. Du hast gesagt ...“
„Ich? Aber ich huste ja auch gar nicht.“
Sie stritten. Viel hätte nicht gefehlt, da wäre Imme handgreiflich geworden, aber sie ließ es doch lieber sein. In diesem Augenblick trat der alte Herfurt ein, der heute auf der Jagd die Treiber geführt hatte. Imme sah es. Er winkte Sigrid. Sie verließ ihren Platz neben dem Tischchen mit der Bowle und folgte ihm. Imme wurde es unheimlich.
Sie konnten ja schließlich jeden