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sind Experten sich darüber, dass moderne Curricula nicht ausschließlich rund um Faktenvermittlung konstruiert sein dürfen, sondern immer auch für die Berufswelt erforderliche (Soft) Skills beinhalten sollten, auch wenn dies in den 2010er Jahren noch nicht gänzlich der curricularen Realität entspricht.

      Der Pädagoge Arnold und der Erziehungswissenschaftler Gonon (2006, S. 201) beschreiben die einstmals in Lehrplänen verankerte Bildungsmaterie als überholt und halten fest: „Das Konzept der Behaltensschulung muss vielmehr durch eines der Kräfteschulung bzw. eines der Förderung der Methoden- und Sozialkompetenzentwicklung abgelöst werden. An die Stelle eines kurzfristigen Behaltens (aber mittel- und langfristigen Vergessens) muss die nachhaltige Kompetenzentwicklung treten“.

      An die Stelle des Erwerbs von disziplinspezifischen Fachkompetenzen ist in modernen Hochschulcurricula der Erwerb von transferierbaren Schlüsselqualifikationen getreten (s. Neuland, 2007, S. 432). Neuland begreift die im Germanistikstudium zu erreichende „[p]hilologische Kompetenz […]“ als Teilziel neben einer Reihe weiterer Kompetenzen wie etwa der „[…] Analyse- und Vermittlungskompetenz […]“. Besonders wichtig sind dabei auch die Skills, die Arbeitnehmern die Integration in ein Unternehmen ermöglichen. Dies trifft vor allem auf die Fremdsprachenfächer zu.

      Dazu schreibt Kuhn (2007):

      Fremdsprachenkenntnisse sind also nicht nur zur Bewältigung fachlicher Anforderungen und zur Integration in definierte Organisations- und Kommunikationsstrukturen des Arbeitsumfelds notwendig. Sie dienen […] vor allem der Integration des einzelnen Mitarbeiters in das berufsübergreifende Sozialgefüge des Unternehmens sowie in sein weiteres Lebensumfeld. (S. 5)

      Dies spricht für Mickans (2013) Ansatz, in Curricula die Sozialisierung des lernenden Individuums zu fokussieren. Fraglich bleibt, warum Gerholz und Sloane (2011) stark für das Situationsprinzip plädieren und dem Persönlichkeitsprinzip geringere Bedeutung beimessen, obgleich vor allem dieses das Auffinden von für moderne und besonders auch berufsbezogene Curricula relevanten Zielen verspricht. Sie nennen immerhin für die Arbeitswelt unerlässliche Eigenschaften in der Beschreibung des Persönlichkeitsprinzips, die auch Kuhn anspricht – „[…] Sozialisation, Emanzipation und Persönlichkeitsentwicklung […]“ sowie „[…] Mündigkeit, Kritikfähigkeit, Entscheidungsfähigkeit […]“ (Gerholz & Sloane, 2011, S. 6). In Zeiten mangelnder beruflicher Perspektiven, politischer und wirtschaftlicher Instabilität sowie arbeitsmarktbezogener Unsicherheiten sind Kompetenzen zur Stärkung der eigenen Persönlichkeit mehr denn je notwendig und auch erwünscht. Auch Arnold und Gonon (2006, S. 204) werfen die Frage auf, ob an die Stelle von rasch veralterndem fachlichem Wissen nicht etwa mehr „[…] Persönlichkeitsbildung […]“ treten sollte. Vogel (2016, S. 196) beschreibt die „[…] Bildung der Persönlichkeit […]“ sowie die „[…] Erweiterung der Identität […]“ als Lernziele in hochschulspezifischen Curricula für die integrierte Sprachausbildung.

      Somit scheint eine Kombination aus persönlich-sozialen Kompetenzen und ferner angemessenem Faktenwissen bei Hochschulabsolventen wünschenswert. Wie auch im Bereich FSU eine Curriculumentwicklung, die diese Kombination berücksichtigt, aussehen kann, wird in Abschnitt 2.5.4 und Abb. 8 dargestellt.

      2.5.3 Sprachlich-kommunikative Anforderungen als Ausgangspunkt für empirisch fundierte Curriculumentwicklung

      Passgenaue Ziele und somit relevante sprachliche Handlungen für Curricula zu ermitteln erfolgt gegenwärtig häufig aufgrund von Erhebungen sprachlich-kommunikativer Anforderungen an den künftigen Ausbildungs- bzw. Arbeitsplätzen der jeweiligen Zielgruppen. Die dafür notwendigen kontrovers diskutierten Sprachbedarfsanalysen (auch „[…] Sprachbedarfserhebung[en]“, „[…] Sprachbedarfsermittlung[en] […]“; Haider, 2008, S. 8) verortet Seyfarth (2015, S. 57) in „[…] institutionellen Kontexten mit Förderbedarf […]“.

      Funk (2010) hält mit Blick auf Bedarfsanalysen fest:

      Bedarfsanalysen als empirische Verfahren zur Identifizierung berufsbezogener Sprachverwendungssituationen […] bilden eine Grundlage institutioneller und individueller Kursplanung. Die Analyse kann sich auf den Sprachbedarf einzelner Personen, eines Unternehmens oder eines beruflichen Szenarios beziehen, auf das vorbereitet werden muss. [….] Das kooperative Erfassen von Daten mit den Kursteilnehmenden zusammen schafft gleichzeitig Lernzieltransparenz als wichtigste Voraussetzng einer späteren Evaluation von Kursverlauf und -ergebnis. (S. 1148)

      In Kontrast zu Sprachbedarfsanalysen, welche auf das Ausmachen objektiver und subjektiver Bedarfe zielen, stellt Seyfarth (2015, S. 57–58) den Begriff der „[…] Sprachgebrauchsanalyse[.] […]“. Basis sei dabei keine Ermittlung von Sprachbedarfen etwa durch Befragungen. Sprachgebrauchsanalysen sind laut Seyfarth vielmehr auf Erhebungen „[…] in institutionellen Vergleichskontexten ohne Förderbedarf […]“ ausgerichtet.

      Im Bereich Germanistik/DaF erscheinen Überlegungen dazu notwendig, an welchen Orten Bedarfserhebungen für Absolventen der Germanistik sinnvoll sind. Kiefer, Schlak & Iwanow (2012, S. 566–567) bringen diesbezüglich einige Anregungen, konkret sprechen sie von „[…] Informationsquellen, die sich zur groben Orientierung über aktuelle Bedarfe von Fremdsprachenkenntnissen auf dem lokalen Arbeitsmarkt erschließen lassen“ (ebd., S. 566). Dazu gehören etwa „Netzwerke […]“ aus Studierenden oder aus Studienabsolventen mit ersten beruflichen Erfahrungen, Unternehmen mit Bezügen zum amtlich deutschsprachigen Raum oder auch „[…] Außenhandelskammern […]“.

      Besonders die Befragung von Absolventen mit ersten beruflichen Erfahrungen scheint für eine zielgruppenspezifische Bedarfserhebung an germanistischen Instituten außerhalb des amtlich deutschsprachigen Raums erfolgsversprechend. Arbeitende Studierende sind mitunter keine ideale Quelle, da sie während des Studiums in den meisten Fällen vermutlich keinen Job in künftig relevanten Berufsfeldern ausüben. Unternehmen oder Kammern müssen freilich erst für derartige Befragungen gewonnen werden, zumal die Erhebungen arbeitsintensiv sind, wie ein neunstufiges Modell für derartige Erhebungen, das Kiefer, Schlak & Iwanow (2012, S. 566) vorstellen, verdeutlicht.

      2.5.4 Zielfindung für berufsbezogene DaF-Hochschullehrpläne

      Nach dieser Vorstellung bewährter wie neuerer Strategien zur Findung relevanter Lehr- und Lernziele für Curricula folgen hier abschließend Erläuterungen dazu, nach welchen Strategien berufsorientierte DaF-Hochschullehrpläne und generell Lehrpläne für den berufsbezogenen FSU fundiert gestaltet werden könnten und welche Strategien somit auch bei der Erstellung der hier untersuchten Lehrpläne wünschenswert wären. Hier muss erneut betont werden, dass die untersuchten Lehrpläne weder fachbezogen noch auf konkrete Berufsbilder zugeschnitten sind. Deswegen sind ihre Ziele durch den Einsatzort Hochschule zwar als berufsvorbereitend, aber berufsfeldübergreifend zu betrachten, da sie für Studierende geschrieben werden, die häufig noch kein klares Berufsbild ins Auge gefasst haben. Alle in diesem Unterkapitel vorgestellten Strategien zur curricularen Zielfindung haben ihre Berechtigung sowie ihre Vor- und Nachteile, eignen sich jedoch unterschiedlich gut für das Auffinden berufsbezogener und berufsfeldübergreifender Ziele für den FSU. Die Trias Lebenssituationen, Qualifikationen und Bildungsinhalte (Abschnitt 2.5.1) erweist sich zwar als bewährt, jedoch wird sie auch häufig kritisiert, vor allem aufgrund der Unschärfe hinsichtlich künftiger Lebenssituationen und besonders hinsichtlich Situationen in der Berufswelt, die einem konstanten und schnellen Wandel unterworfen sind. Das Robinsohnsche Modell erhebt allerdings von allen vorgestellten Ansätzen den geringsten Anspruch darauf, für gezielt berufsbezogene Unterrichtsplanung geeignet zu sein. Die in diesem Band relevanten allgemeinen DaF-Hochschulkurse sind allerdings zu wenig spezialisiert, als dass Sprachbedarfs- bzw. Sprachgebrauchsanalysen (Abschnitt 2.5.3), sehr taugliche Instrumente für berufsspezifische Unterrichtsplanung, für die Erstellung entsprechender Lehrpläne nötig wären, auch wenn die von Kiefer, Schlak & Iwanow (2012, S. 566–567) vorgeschlagenen Informationsquellen für Bedarfserhebungen sehr zielführend sind. Die Studierenden in den hier relevanten südeuropäischen universitären DaF-Kursen wissen in der Regel noch nicht, ob sie künftig etwa im Tourismus, in der Wirtschaft, dem Verlagswesen oder an Universitäten beschäftigt sein werden,

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