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und schicke ihn nicht ab.

      Ich muß Dir schreiben. Du bist nicht Teil von dem hier, Du kommst aus einer anderen Welt, Dein Land trägt keine Verantwortung für das, was hier passiert.

      Keiner der anderen fühlt wie ich, oder wenn sie es doch tun, dann sagen sie es nicht. Einer hat gesagt: Folter? Ja und? Hast Du schon mal einen von uns gesehen, der den fellaghas in die Hände gefallen ist? Hast Du schon mal einen von uns gesehen, mit seinen Eiern im Mund, mit diesem kabylischen Lächeln, die Kehle durchgeschnitten? Ich scheiße drauf, was wir mit ihnen machen, wenn sie so etwas mit uns machen.

      Aber das darf nicht so sein, Nanna, ich kann nicht akzeptieren, daß es so ist, kann diese Art von Grausamkeiten nicht rechtfertigen, auf keiner Seite. Diejenigen, die sie auf unserer Seite ausüben, die sind nicht wie ich, das muß ich mir immer wieder sagen. Hier gibt es eine Handvoll Kerle, die die Drecksarbeit verrichten, sie brüsten sich noch damit, wollen die ganze Zeit mit ihren Waffen prahlen. Es geht das Gerücht um, daß einer von ihnen im Gefängnis gesessen hat, bevor er als Soldat hergeschickt wurde. Keiner traut sich, ihnen was zu sagen. Und das ist fast das schlimmste, so eine Angst zu haben. Kannst Du mir verzeihen, daß ich solche Angst habe? Oder wirst Du immer denken, daß Dein Mann ein Feigling ist, ein Mitschuldiger, wirst Du mich verachten?

      Nanna, wenn Du kannst, dann liebe mich auch weiterhin. Versprich mir, daß Du diesen Brief vor Mutter versteckst, sie darf ihn nicht lesen, versprich es mir, versprich mir das. Ich denke daran, wie wir zusammensein werden, wenn das hier überstanden ist, aber vielleicht wird es ja nie überstanden sein. Ich liebe Dich, Nanna, dabei bleibe ich, das ist das einzige, was mich noch rettet.

      Dein Yann

      Sainte Éulalie, Algerien, am Tag nach Weihnachten 1961

      Liebe Mutter, liebe Nanna,

      gestern hat ein Priester hier die Messe gelesen, und zum erstenmal seit meiner Kindheit habe ich gebeichtet, ich habe das Abendmahl eingenommen, ich weiß nicht, warum. Die Nonnen hier drängen nie darauf, daß wir an der Messe teilnehmen. Sie huschen nur auf lautlosen Füßen in ihrer weißen Tracht vorbei. Wir werden wie kleine Kinder umsorgt. Die Wunde in meiner Schulter hat sich entzündet, und es tut weh, wenn der Verband gewechselt wird, aber eine von ihnen hält meine Hand und wischt mir den Schweiß von der Stirn, so daß ich mich schon fast danach sehne, daß sie wiederkommen, um den Verband zu wechseln, trotz der Schmerzen.

      Ich habe gestern viel an Euch gedacht. Mir war, als säße ich mit beim Weihnachtsessen, hätte Austern und Truthahn gegessen, und den größten Teil vom bûche, wie immer.

      Trefft Ihr manchmal Yves und Benoît? Grüßt sie von mir.

      Das hier ist ein sonderbarer Ort. Niemand, der ihn nicht kennt, kann sich so etwas vorstellen. Ich liege mit fünf anderen in einem Zimmer. Drei davon sind fellaghas. Verwundet wie wir, sie haben Schußwunden, Granatsplitter in den Beinen, einem ist ein Teil des Gesichts weggeschossen worden, das verbliebene Auge starrt einen unter dem Verband hinweg an.

      Wir haben auf sie geschossen, und sie haben auf uns geschossen. Jetzt liegen wir hier. In der ersten Nacht habe ich eine der Nonnen gebeten, mich woanders unterzubringen, ich hatte solche Angst vor den anderen. Sie hat mich nur verständnislos angeguckt und gesagt: »Das hier ist ein Hospital.«

      Es gibt keine Waffen hier. Wer zu Besuch kommt, muß sein Gewehr draußen ablegen. Vielleicht bin ich an dem einzigen Ort in diesem Land, wo Frieden herrscht.

      Ich habe mich oft mit dem Arzt unterhalten, der die Kugel aus meiner Schulter entfernt hat. Nachts gehe ich zu ihm ins Dienstzimmer, wir rauchen eine Zigarette, und wir reden miteinander. Er ist Chirurg, ein Wehrpflichtiger. Für ihn ist es eine Selbstverständlichkeit, alle zu behandeln, Freunde und Feinde, alle auf die gleiche Art. Er rettet denjenigen das Leben, die möglicherweise seinen besten Freund getötet haben, und es kommt ihm überhaupt nicht in den Sinn, das nicht zu tun.

      Und jetzt muß ich Euch beiden etwas sagen, Euch, den beiden Frauen, die ich am meisten auf der Welt liebe, abgesehen von Mémé. Wie geht es ihr übrigens? Ich sehe sie direkt vor mir, ihr Apfelgesicht, ihr feines weißes Haar, ich sehne mich danach, in ihrer warmen Küche zu sitzen und ihre galettes zu essen, erzählt ihr das.

      Ich muß Euch etwas sagen. Etwas, das das Leben von uns drei verändern wird, etwas, das immer wichtiger für mich wird. Ich habe beschlossen, daß ich Medizin studieren will. Das ist das einzige, was ich überhaupt will, und niemand wird mich daran hindern können. Mutter, Du mußt das verstehen. Ich wünschte, es wäre nicht so, aber es ist nun einmal so. Das Hotel ist Dein Leben, aber es wird nicht meins werden. Ich kann im Sommer dort arbeiten, aber ich muß mir Geld beschaffen, um auf die Universität gehen zu können, irgendwie. Wir werden ja trotzdem bei Dir sein. Vielleicht wird Nanna Dir helfen können, wenn das Kind größer ist, sie ist bestimmt ein besserer Hotelmensch als ich, kann Sprachen und alles.

      Ich will nicht bestimmen, was Ihr tun sollt, auch wenn das so scheint. Wir müssen uns gegenseitig helfen, eine Lösung zu finden.

      Vater hat für das gekämpft, an das er geglaubt hat. Er ist dafür gestorben, ohne Fragen zu stellen. Ich habe für nichts gekämpft, habe mich in einer beschissenen Art und Weise benutzen lassen, im Dienste einer beschissenen Sache.

      Das, was ich mit verursacht habe, muß ich wiedergutmachen. Ich will mehr tun können, als eine Decke über einen blutenden Körper zu legen. Heilen und lindern zu lernen, das wird mein Weg sein, um Vergebung zu bitten.

      Jetzt tut mir die Schulter weh, es ist schwer zu schreiben, aber ich will nicht von Euch lassen. Wenn ich Euch doch nur gegenübersitzen könnte und Euch erklären, warum es so ist, wie es ist. Ich hoffe, Ihr versteht, daß das, was passiert, notwendig ist, daß Ihr mir all die Probleme verzeiht, die es mit sich bringt. Ich bitte Euch darum. Macht Euch keine Sorgen um mich, ich bin hier in Sicherheit. Ich küsse Euch.

      Yann

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