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Die letzte aus dem Hause Wulfenberg. Anny von Panhuys
Читать онлайн.Название Die letzte aus dem Hause Wulfenberg
Год выпуска 0
isbn 9788711570241
Автор произведения Anny von Panhuys
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Ein Telegramm Margaretes rief ihn. Die Fürstin war gestorben und Grossmama Rödnitz würde kaum wieder gesunden.
Als er in Wulffenberg eintraf, holte ihn Margarete vom Bahnhof ab. Sie sassen dann nebeneinander in der alten Kalesche und erst während der Fahrt erfuhr der Prinz, dass auch seine Grossmama gestorben war.
Er erschrak sehr und dennoch empfand er die Trauerbotschaft wie eine Befreiung. Nun gab es, ausser Margarete, niemand mehr auf Erden, der ihm Vorwürfe machen durfte.
Und mit ihr würde er fertig werden, nun sie keinen Hinterhalt mehr in Wulffenberg suchen konnte.
Um seine einzige Verwandte, die alte Prinzessin, tat es ihm leid, aber das Gefühl des Aufatmens überwog.
Acht Tage nach der Beisetzung kam der Notar aus der Kreisstadt, zwei Testamente wurden geöffnet. Die Fürstin vermachte das geringe Bargeld, das sie noch besessen, dem kleinen Urenkel Alexander, den sie nicht mehr hatte sehen können, auch die alte Prinzessin hatte ihr kleines Vermögen dem Kinde verschrieben. Beide Damen hatten ihr Testament nach Erhalt der Geburtsanzeige gemeinsam gemacht.
Erwin Rödnitz war zornig.
„Mit dem Bargeld hätten wir uns so gut weiterhelfen können!“ schalt er. „Aber bis der Junge mündig wird, liegt es fest.“
„Das ist auch der Zweck, den die Grossmamas verfolgt haben,“ erwiderte Margarete, „sie wollten etwas für die Zukunft unseres Sohnes tun. Im übrigen brauchen wir doch jetzt kein Bargeld, um uns weiterzuhelfen, hast doch alles geregelt. Und wenn wir eine halbwegs gute Ernte haben, können wir wohl schon etwas zurücklegen, damit wir wieder ein Bankkonto haben werden.“
Der Prinz pfiff durch die Zähne, aber er schwieg vorläufig.
Im Spätherbst waren ein paar Wechsel fällig, die ihm, wenn er an die Summen dachte, die darauf standen, Fieberströme durch den Körper jagten. Er wusste ja selbst nicht mehr, wo all das viele Geld, das schon durch seine Finger gelaufen, hingekommen war, es war aber weg. Für Deckung der Wechsel musste er sorgen. Doch woher es nehmen, woher?
Das Krönlein mit den Smaragden und Brillanten, das immer noch wie eine grosse Hoffnung vor ihm her gaukelte, fiel ihm ein.
Er fragte Margarete danach.
„Ist die Kostbarkeit auch sicher und gut verwahrt?“ erkundigte er sich. „Du wirst die Krone doch mit nach Rödnitz nehmen müssen.“
Die Prinzessin fragte hastig: „Du hast doch etwa nicht noch immer Gelüste nach den Steinen?“
Er würde sich hüten, jetzt mit einem ehrlichen „Ja“ zu antworten. Vorläufig interessierte es ihn, zu hören, wo die Krone aufgehoben wurde.
Er sagte: „Du wünschest nicht, dass die Juwelen verkauft werden, ich habe mich dem Wunsche gefügt.“
Margarete erwiderte: „Ich freue mich, dass du vernünftig bist. Dafür sollst du auch erfahren, wo Grossmama unser wertvollstes Familienbesitztum aufbewahrt. Du musst es sogar wissen, denn dergleichen sollten immer zwei Menschen wissen.“
Sie zeigte ihm das Geheimnis des Paneels, führte ihn durch den Gang in den kleinen kapellenartigen Raum und öffnete den antiken Kasten, in dessen Samtvolster die kleine Krone aus dunklem Golde ruhte.
Erwin Rödnitz war verblüfft. Er lachte laut.
„Hier sucht keiner die Krone, das ist ein famoser Versteckwinkel.“
„Nicht wahr?“ Margarete schloss den Kasten wieder. „Ich gebe dir nachher den Schlüssel zum Kasten, den Grossmama besass. Falls ich krank werde oder gar sterbe oder meinen Schlüssel verliere.“
In des Mannes Augen blitzte es auf.
„Soll die Krone nicht mit nach Rödnitz, Marga?“
Sie schüttelte den Kopf.
„Ich meine, sie ist hier vorzüglich aufgehoben, wir können sie unbesorgt hier lassen.“
Er stimmte ihr zu. Halb verschwommen noch tauchte ein Plan in ihm auf, der ihn vielleicht mit einem Schlag aus allen finanziellen Nöten zu befreien vermöchte.
Er blickte sich in dem engen Gelass um.
„Phantastisch zurechtgemacht ist hier alles,“ sagte er.
Margarete schob den Tisch beiseite, auf dem das Kruzifix stand und hob den kleinen Teppich.
Nun lernte Erwin Rödnitz auch den geheimen Gang kennen, der zur Familiengruft auf dem Dorffriedhof führte.
Er schüttelte sich in komischem Entsetzen.
„Hier zu Wulffenberg passen solche unterirdische Gänge. Weisst du, ständig möchte ich hier nicht wohnen. Wir wollen das Schloss später verkaufen. Wie denkst du darüber? Es ist ein alter, unheimlicher Steinblock!“
Wulffenberg verkaufen? Daran hatte Margarete noch nicht gedacht. Die Frage wollte überlegt sein. Sie zuckte die Achseln, erwiderte nachdenklich: „Ja, vielleicht könnten wir Wulffenberg später verkaufen.“
Die Familie Westfal hatte zur Beisetzung der Fürstin Alexandra auch einen Kranz geschickt und Margarete dachte, dass es nun Zeit war, sich dafür zu bedanken.
Sie wählte den Weg durch den Park, und als sie das Pförtchen in der Mauer öffnete, stieg die Erinnerung an den Tag in ihr auf, als Hans zum letzten Male hierher gekommen.
Ganz deutlich fiel ihr die ganze Szene ein.
Zum erstenmal hatte sie ihn nicht in den Pavillon geführt und dann war Fräulein von Keller aufgetaucht, hatte spöttisch seine Verwandtschaft mit dem buckligen Hofnarren erwähnt. Hans hatte das sehr übel genommen und ihr an der hässlichen, störenden Episode die Schuld gegeben.
Sie ging langsam am Waldrand entlang der Schmiede zu.
Es war Juni, die Bäume prangten im hellsten Grün und die Luft war kraftvoll und doch schmeichelnd lau.
Margaretes düsteres Kleid schob sich scharf in die Helle und sie sann, wie so ganz anders alles gewesen, als sie zum letzten Male hier gegangen. Sie sah das Dach des Schmiedehauses auftauchen. Rauch kräuselte sich aus dem Schornstein, quoll in mattem Grau, wie weiche, bewegliche Straussenfedern gegen den strahlend blauen Himmel.
Margarete trat über die Schwelle des Hauses und weil ihr kein Mensch begegnete, klopfte sie an die Wohnzimmertür, hinter der sie ein Geräusch gehört zu haben glaubte.
Doch niemand rief Herein.
Margarete öffnete die Tür, spähte in das Zimmer.
Sie erschrak. Auf einem Stuhle am Tisch sass Frau Westfal in einem Zustand völliger Auflösung, ihre eine Hand umkrampfte ein Zeitungsblatt, während sie die andere gegen die Stirn drückte, als plage sie starkes Kopfweh.
Margarete zog die Tür hinter sich ins Schloss, verharrte abwartend, wusste nicht, ob sie bleiben oder sich lieber wieder entfernen sollte.
Die Lider der Frau zuckten hoch, Augen, in denen das Licht des Irrsinns flackerte, richteten sich auf Margarete.
Unwillkürlich wich die Prinzessin zurück vor den wirren Augen und dem schmerzverzogenen Gesicht der sonst stets so ruhig und gelassen blickenden Frau.
Sekundenlang lag ein Schweigen über dem Raume, der wie vollgesogen war von etwas Dunklem, Unheimlichem.
Die Frau stöhnte laut auf und das Stöhnen erstarb in einem Wimmern.
Margarete vermochte die marternde Stimmung nicht mehr zu ertragen
Sie ging auf Marie Westfal zu, fragte leise: „Was ist denn hier geschehen, was Sie so völlig aller Fassung beraubte?“
Das Zeitungsblatt raschelte und dann hielt es Margarete in den Händen.
Es war ein Frankfurter Blatt. Zitternde Finger wiesen auf eine bestimmte Stelle.
Margarete las und dann flatterte die Zeitung zu