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Die letzte aus dem Hause Wulfenberg. Anny von Panhuys
Читать онлайн.Название Die letzte aus dem Hause Wulfenberg
Год выпуска 0
isbn 9788711570241
Автор произведения Anny von Panhuys
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Die Fürstin trat ein.
Sie trug heute, an Margaretes Hochzeitstag, zum ersten Mal seit langer Zeit ein farbiges Kleid. Es war aus violetter Ripsseide, und ein paar Meter antiker, leicht vergilbter Spitze, drückten dem Gewand den Stempel besonderer Vornehmheit auf.
Fräulein von Keller ward sich in der Nähe der Fürstin immer ganz besonders ihrer Abhängigkeit bewusst. Sie knickte vor lauter Ergebenheit in den Knien zusammen.
Margaretes Augen leuchteten vor Erregung, aber es war die Freude, heute eine so wichtige Persönlichkeit zu sein und eine schöne, weite Hochzeitsreise vor sich zu haben. Nach Oesterreich und Tirol. Und Erwin war immer lustig und guter Dinge. Es musste sich famos kameradschaftlich mit ihm leben lassen.
Die Fürstin trug einen unter buntem Seidentuch geborgenen Gegenstand.
Sie lächelte die Enkelin an.
„Nun will ich dir die Krone der Fürstinnen Wulffenberg über Schleier und Myrthenkranz befestigen, Kind. Bist du auch keine Fürstin Wulffenberg, so hast du doch um deines Namens willen das Recht, sie zu tragen.“
Sie legte den verhüllten Gegenstand mit grösster Behutsamkeit auf ein Tischchen, half den Brautschleier arrangieren und den Kranz.
Margarete erglühte vor Stolz.
An die Krone hatte sie nicht gedacht, nicht daran gedacht, dass sie heute das wertvolle alte Schmuckstück tragen sollte
Die Fürstin entfernte das Tüchlein, und nun glänzte dunkles Gold auf und daraus sprang ein Funkeln und Gleissen, dass man davor fast die Augen schliessen musste.
Margarete neigte ein wenig den schleierumwallten schmalen Kopf und liess sich das Krönlein, das zuletzt ihre Mutter getragen, auf dem Haupt feststecken.
Fräulein von Keller schielte seitlich empor. Sie war wie geblendet von den Strahlen, die aus den Smaragden und Brillanten brachen.
Die Zofe lächelte. Ihr imponierte dergleichen weniger. Von ihrem Filmstar war sie in der Beziehung verwöhnt. Und wenn auch nicht alles echt war, was die Kinogrösse an Schmuck getragen, so hatte es doch gefunkelt, wie die herrlichsten Märchenschätze.
Die Fürstin küsste Margarete auf die Stirn, dabei flüsterte sie ihr zu: „Möge die Krone der Fürstinnen Wulffenberg den Prinzessinnen Rödnitz Glück bringen! Ich werde nach der Feier die Krone wieder an mich nehmen und für dich wie vorher verwahren.“
Es klopfte.
Die alte Prinzessin Rödnitz steckte ihr stark gepudertes Gesicht durch die Tür.
„Erwin zappelt vor lauter Ungeduld wie ein Hampelmann, bei dem man an der Strippe zieht. Ist Margarete fertig?“
Sie trat vollends ein, konnte einen Laut der Genugtuung nicht unterdrücken.
Beim Himmel, die schmale Wulffenberg wirkte sehr dekorativ und vornehm als Braut. Im allgemeinen erinnerte sie immer an so etwas wie eine moderne Tänzerin. Ihre Freundin Alexandra war eigentlich direkt hinterhältig. Von dieser Krone, die über Schleier und Kranz funkelte, hatte sie gar nichts gewusst. Das heisst, gewusst hatte sie davon, doch war sie der Meinung gewesen, die Wulffenbergs hätten sie längst in Geld umgewertet. Da bekam Erwin doch eine reichlich wohlhabende Frau, während man gar nicht damit gerechnet hatte.
Auch sie küsste Margarete auf die Stirn.
Die beiden alten Damen führten Erwin Rödnitz, der in einem der Prunkzimmer gegenüber wartete, die Braut zu.
Auch er blickte fast verblüfft auf den sofort in die Augen fallenden Schmuck. Donnerwetter! waren das Steine, die vier vorderen, die das Kreuz bildeten.
Aber der tote Schmuck lenkte seine Aufmerksamkeit nur kurz auf sich, das schmale, feine Rassegesicht, in dem die blutroten Lippen so genussdürstend brannten, schien ihm heute wertvoller als aller Schmuck der Welt. Seine Augen liebkosten die entzückende Braut, weideten sich daran in glücklicher Besitzerfreude.
Die Hochzeit fand im Schloss statt, in der kleinen Familienkapelle, die bei Margaretes Konfirmation zum letzten Male einer kirchlichen Feier gedient und seitdem verschlossen dagelegen hatte.
Die Hochzeit fand im engsten Kreise statt. Nur zwei Freunde des Prinzen und ein paar Damen von Margaretes neuem Bekanntenkreis, den sie sich anlässlich ihres Aufenthaltes auf Rödnitz erworben, waren zugegen.
Die Fürstin hatte keine grosse Hochzeit gewünscht.
„Das ist heutzutage Protzerei und unsereins überlässt das am besten den Emporkömmlingen!“ hatte sie gesagt.
Ein junger Priester stand an dem mit frischem Grün geschmückten Altar. Es war der neue Dorfpfarrer, der erst vor kurzem hierher versetzt worden war.
Er hatte die lodernde Stimme eines Fanatikers und was er sprach, brach aus ihm empor wie ein warmer, lebensspendender Quell.
Seine Stimme füllte den kleinen Raum mit hallendem Klange und Margarete war es, als mache sie jetzt erst jemand darauf aufmerksam, auf die Wichtigkeit dessen, was Erwin Rödnitz und sie im Begriff standen zu tun.
Seine Stimme war wie eine klangvolle Saite, aus der eine herzwarme, starke Melodie kam, der sie lauschte, wie etwas nie Gehörtem, das sie packte und erschauern machte.
„Die Welt ist voll Sünde und Qual und harrt immer neuer Erlösung,“ sprach er. „Unser Heiland, der für uns alle den Kreuzestod starb, hat uns das Beispiel der grössten, überwältigenden Liebe gegeben. Durch ihn ist die wahre Liebe aus Himmelsfernen zu uns gebracht worden, und deshalb soll es keinen Menschen gelüsten, mit dem heiligen Wort ‚Liebe‘ Gefühle zu benennen, die nichts mit der Liebe gemeinsam haben. Liebe ist das Grösste und Schönste und Köstlichste auf Erden, und wenn zwei junge Herzen sich eins fühlen im herrlichen Bewusstsein gegenseitiger Liebe, dann sollen diese Herzen Gott danken ohne Ende. Aber Liebe heisst mehr als mit einander Freude und Glück tragen. Liebe ist erst wahrhaft Liebe, wenn sie sich bewährt in Stunden der Not, dann erst ist ihr Atem köstlich, dann erst umwittert sie der Hauch der Unsterblichkeit, dann erst ist euer Empfinden Liebe. Eure jungen Herzen fanden sich. Möge der Himmel euch in Treue gemeinsamen Weg gehen lassen, so gehen lassen, dass ihr am Ende desselben sagen dürft: Alles, was uns das Leben gab, war schön, ob’s noch so schwer gewesen, wir trugen es zusammen in Liebe, die niemals irrt, niemals strauchelt.“
Margarete musste die Lippen fest aufeinander pressen, sonst hätte sie laut aufgeschluchzt, so schwer lag ihr plötzlich das Herz in der Brust.
Ihr Kopf schmerzte, das winzige Krönlein drückte.
Die Ringe wurden gewechselt, der Dorforganist spielte auf dem Harmonium: „Befiehl du deine Wege,“ und eine kristallklare Frauenstimme, es war die der Lehrerstochter, sang dazu.
Alles weitere zog an Margarete wie schemenhaftes Erleben vorüber. So unwirklich, so, als hätte sie selbst gar nichts damit zu tun.
In ihr war Wirrnis ob der Priesterworte, die sie beängstigten und ein schmerzhaftes Fragen in ihr erweckt hatten.
War es wirklich die wahre Liebe, die Liebe, von der dieser junge Dorfpfarrer gesprochen, die Erwin und sie für einander empfanden? War ihr Verhältnis nicht eher das von zwei vergnügten Sportkameraden, die eine Rodelfahrt oder etwas derartiges unternehmen wollten?
Man speiste im Jagdsaale, der um der vielen Geweihe willen die darin die Wände deckten, so genannt wurde. Die Fürsten Wulffenberg waren alle leidenschaftliche Jäger gewesen und hatten dereinst ja auch grossen Wald besessen.
Man unterhielt sich lebhaft, merkte kaum, wie still die Braut war.
Der junge Pfarrer sass mit an der Tafel, er schaute manchmal heimlich zu der blassen Braut hinüber, deren Augen so tiefernst blickten und deren Lippen sich so genusssüchtig wölbten.
Ihm schien, es gab zwei widerstreitende Naturen in dieser blutjungen Frau, die würden ihr vielleicht zu schaffen machen, später.
„Trink doch, Marga, trinke, damit du etwas Farbe bekommst, heute, an deinem Hochzeitstag gehört