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herbeizuführen. Eine vorzeitige Erhebung könnte mit einer Niederlage enden, warnte LeninLenin, Wladimir Iljitsch.

      Demonstrationen in Petrograd im Juli 1917. Immer mehr Menschen lehnten die bisherige Kriegspolitik der Provisorischen Regierung ab.

      KerenskijKerenskij, Alexander F. und die Provisorische Regierung 1917

      Alexander KerenskijKerenskij, Alexander F., der Fürst LwowLwow, Georgij J. (Fürst) im Juli als Premierminister ablöste, brandmarkte LeninLenin, Wladimir Iljitsch sowie dessen Parteigenossen inzwischen als Putschisten und »verräterische Agenten der Deutschen«. Die Bolschewiki, erklärten Vertreter der Regierung, seien im Auftrag Berlins damit befasst, Russland ins Chaos zu stürzen. Etwa 800 Gefolgsleute von LeninLenin, Wladimir Iljitsch wurden daraufhin verhaftet. LeninLenin, Wladimir Iljitsch selbst hatte zwar beträchtliche Finanzmittel aus Deutschland erhalten, war aber keineswegs ein willfähriges Instrument von Kaiser WilhelmWilhelm II., dt. Kaiser und dessen Generälen. Er floh schließlich nach Finnland. Von dort aus plante er den Machtwechsel. Ein Streit über die weitere Vorgehensweise spaltete zwar die Anhänger LeninsLenin, Wladimir Iljitsch. Dieser profitierte aber von der zunehmenden Destabilisierung des Landes. Der Staat, bemerkte der Schriftsteller Konstantin PaustowskijPaustowskij, Konstantin, »zerfiel wie ein Klumpen feuchten Lehms«, und »an der Front schmolz die Armee unaufhaltsam hinweg«.

      Während die Gesamtlage auch die Gremien der sozialistischen Regierungsparteien in eine noch tiefere Krise stürzte, verlor das Kabinett [28]KerenskijKerenskij, Alexander F. weiter an Boden. In entscheidenden Fragen der Außen-, Friedens-, Sozial- und Agrarpolitik legte es keine Tatkraft an den Tag. Vielmehr gerieten sich der Premier und der neue Oberste Befehlshaber des Heeres, Lawr G. KornilowKornilow, Lawr G., darüber in die Haare, welche Rolle ihnen bei der Wiederherstellung der Ordnung zufallen solle. KerenskijKerenskij, Alexander F. gelang es schließlich, den Rivalen loszuwerden.

      Demonstration gegen den »KornilowKornilow, Lawr G.-Putsch« 1917

      Sein erfolgreiches Auftreten gegen den sogenannten »KornilowKornilow, Lawr G.-Putsch« erwies sich jedoch als Pyrrhussieg. Die »sozialistische Einheitsfront«, die KerenskijKerenskij, Alexander F. gegen die Militärs bildete, half letztlich nur den Bolschewiki, die speziell in den hauptstädtischen Räten bald den Ton angaben. Der wichtigste Mitstreiter LeninsLenin, Wladimir Iljitsch zu jener Zeit, Leo TrotzkiTrotzki, Leo, wurde zum Vorsitzenden des Petrograder Sowjets gewählt. TrotzkiTrotzki, Leo [29]lenkte außerdem ab Oktober 1917 ein Militärrevolutionäres Komitee zur Verteidigung gegen vorrückende deutsche Truppen und zur Abwendung der »Konterrevolution«. Damit verfügte er über einen »Generalstab«, dem sich die Garnison der Hauptstadt unterstellte. KerenskijKerenskij, Alexander F. bekam kaum mehr Unterstützung, um sich gegen den Angriff der Bolschewiki zu verteidigen.

      Das Ankleidezimmer der Zarin im Winterpalais nach dem Machtwechsel. Die wichtigsten Gebäude wurden von den Bolschewiki und ihren Anhängern in Petrograd handstreichartig und ohne größere Gefechte besetzt.

      Russland war im Oktober 1917 reif für einen neuerlichen Machtwechsel. In Petrograd vollzog er sich im Umfeld des zweiten Sowjetkongresses vornehmlich als Staatsstreich. Anderswo, vor allem in Moskau, konnte die Räteherrschaft erst nach tagelangen Kämpfen etabliert werden. Dass LeninLenin, Wladimir Iljitsch obendrein den Umsturz im Namen der Räte zur Etablierung der bolschewistischen Einparteiendiktatur nutzte, vertiefte die Differenzen unter den Linken zusätzlich. Die mächtige Eisenbahnergewerkschaft verlangte daraufhin einen Interessenausgleich [31]zwischen den sozialistischen Kräften und drohte, andernfalls das Transportwesen zum Erliegen zu bringen. Angesichts der Gefechte in Moskau willigte die bolschewistische Parteileitung in Gespräche mit den Menschewiki und den Sozialisten-Revolutionären ein.

      Dann aber wendete sich das Blatt. Militärisch gewannen die Bolschewiki vor allem auch in Moskau die Oberhand. KerenskijKerenskij, Alexander F. stand als Verlierer fest. Die neu geschaffene Regierung, der Rat der Volkskommissare unter der Leitung von LeninLenin, Wladimir Iljitsch, setzte sich durch. Daraufhin brach LeninLenin, Wladimir Iljitsch die Verhandlungen ab, um unverzüglich mit den Eisenbahnern hart ins Gericht zu gehen und ihre Gefangennahme zu fordern. Parallel dazu nahm er die parteiinternen Gegner ins Visier, deren Kompromissbereitschaft gegenüber den sozialistischen »Verrätern« er anprangerte. Die Attackierten verließen aus Protest das bolschewistische Zentralkomitee. Fünf Volkskommissare stellten überdies ihre Posten zur Verfügung. Sowohl in der Provinz als auch in der Hauptstadt herrschten Uneinigkeit und Zwietracht.

      Panoramagemälde (Ausschnitt). Die »Oktoberrevolution« als opferreiche Massenerhebung war speziell in Bezug auf die Ereignisse in Petrograd ein Mythos der Sowjetführung. Verbreitung fand er in der Retrospektive vor allem durch visuelle Medien. Neben Gemälden waren es insbesondere die Szenenbilder von Sergej EisensteinsEisenstein, Sergej Film Oktober, die international Wirkung zeigten.

      Nie war Russland der vollständigen Anarchie näher als in den Tagen der Machtergreifung LeninsLenin, Wladimir Iljitsch und in den darauffolgenden Monaten. Der Umsturz hatte unmittelbare Folgen und verlief mancherorts spektakulär. Zum großen Wendeereignis wurde die Oktoberrevolution letztlich aber erst in der Nachbetrachtung, als ihre mittel- und langfristigen Auswirkungen bereits bekannt waren.

      Föderalismus, Autonomie, Separatismus

      Der Zerfall des alten Russischen Reichs spiegelte sich auch in der Nationalitätenfrage wider. Seit dem Frühjahr 1917 brachten Vertreter der verschiedenen Minderheiten zunächst ihre Forderung nach Autonomie zum Ausdruck. Sozialisten und insbesondere Sozialisten-Revolutionäre befürworteten ein Föderalismuskonzept, wonach die im September ausgerufene Republik als Bundesstaat neu gebildet werden sollte.

      Die Konfrontation zwischen Petrograd und der Peripherie des Vielvölkerstaates kam nicht überraschend. Im Grunde hatte schon die Revolution von 1905 eine Revision der bisherigen zentralistischen Politik nahegelegt. Mehr als die Hälfte der Bewohner des von kultureller und konfessioneller Vielfalt geprägten Reiches waren keine Russen. Der [32]Begriff »russländisch« beschrieb das Reich daher zutreffender als die ethnische Bezeichnung »russisch«. Seit dem späten 19. Jahrhundert durchlief es zudem eine Phase des erstarkenden Regional- und Nationalbewusstseins.

      Anfänglich getragen von lokalen Eliten, sickerte die Abneigung gegen eine von der Obrigkeit vorangetriebene Russifizierung allmählich auch in die Unterschichten ein. Das Gros der Bevölkerung, die zu weit über 80 Prozent auf dem Land lebte, hielt zwar an seiner räumlich [33]beschränkten Lebenswelt fest, ohne eine genaue Vorstellung von den Vorgängen in den Machtzentren zu haben. Allerdings verfügten manche Ortsvorsteher über beträchtlichen Einfluss, wenn sie sich für Programme mit sozialen und nationalen Inhalten aussprachen. In dieser Hinsicht gelang es besonders den Sozialisten-Revolutionären in der Ukraine, die Interessen des Dorfes mit Forderungen nach ethnischer Autonomie und der Anerkennung von regionalen Sprachen und Kulturen zu verbinden.

      [35]Die liberalen Konstitutionellen Demokraten (Kadety) in der Provisorischen Regierung taten sich mit derartigen Entwicklungen schwer. Die nichtrussischen Völker schienen ihnen für die Gewährung von Selbstverwaltungsrechten oft noch nicht reif genug. Im Laufe des Jahres 1917 schwenkte nahezu die gesamte Führung der Kadety auf einen russisch-nationalistischen Kurs ein. Nur den Polen gestand das Kabinett LwowLwow, Georgij J. (Fürst) die Unabhängigkeit zu. Für diesen Kurs bedurfte die Staatsspitze eines Rückhalts, den sie von den Räten auch bekam. Diese schärften in den ersten Monaten nach der Abdankung des ZarenNikolaus II. (Nikolaj Romanow, russ. Zar) beispielsweise den Finnen ein, einseitige Schritte zur Erreichung der Selbstständigkeit zu unterlassen.

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