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Abenteuer in Italien. Marie Louise Fischer
Читать онлайн.Название Abenteuer in Italien
Год выпуска 0
isbn 9788711719428
Автор произведения Marie Louise Fischer
Издательство Bookwire
Sie waren am Inn angekommen, dort stand ein unscheinbarer runder Pavillon, ganz ohne Fenster, und in den führte der Student Jan und Julia und seine Gruppe. An der Kasse bezahlte er das Eintrittsgeld für sie alle — er nahm eine Sammelkarte für die ganze Gruppe, das war billiger — und dann traten sie erwartungsvoll ein.
Sie standen in der Mitte eines Raumes auf einer kleinen Plattform, und ringsherum, wohin sie schauten, tobte die Schlacht. Der Pavillon sah von außen klein aus, aber hier innen erschien alles riesig, fast unendlich. Dabei war der Kampf bis in alle Einzelheiten genau geschildert.
»Das hier ist das berühmte Panorama von der Schlacht am Berg Isel«, erklärte der Student.
Die Zwillinge waren überwältigt von allem, was es hier zu sehen gab, sie merkten gar nicht, daß der Student und seine Freunde gingen und sie allein auf der Plattform standen.
»Du lieber Himmel!« sagte Julia plötzlich. »Gleich sechs Uhr … und wir sind noch nicht auf der Post gewesen!«
»Dein Ausweis ist heute sowieso noch nicht da«, sagte Jan, »aber wir müssen schleunigst schauen, wo wir heute nacht bleiben.«
Sie hatten Glück, in der Jugendherberge waren noch zwei Betten frei — alle Pensionen waren jetzt zur Hauptsaison voll belegt. Eine lustige Gesellschaft von jungen Leuten aus Österreich, aus Deutschland und aus aller Welt war hier versammelt. Nach dem Abendessen fanden sie sich vor der Herberge zusammen, schauten auf die Lichter der Stadt herunter, sangen Lieder und erzählten sich Geschichten aus Innsbruck. Sie erzählten vom Kaiser Friedl, der als Bettler mit einer leeren Tasche unter dem ›goldenen Dachl‹ gestanden hatte, vom Kaiser Maximilian, der sich hoch oben an der steilen Wand auf der Jagd verirrt hatte, von der Herzogin Margarethe Maultasch, die so häßlich war, daß die Frauen ihre Kinder versteckten, wenn sie durch die Straßen ritt. Ein Mädchen berichtete von der reichen Frau Hitt: »Sie hatte viel mehr Geld als sie je in ihrem Leben verbrauchen konnte, aber trotzdem gab sie keinen Pfennig davon ab, und mochte die Not noch so groß sein. Als einmal ein Hungriger sie um Brot bat, drückte sie ihm einen Stein in die Hand … Das aber war zu viel, da traf sie die Strafe: sie wurde selber zu Stein, und von dort oben auf dem Berg könnt ihr sie sehen!«
Wahrhaftig, im Abendsonnenschein war eine versteinerte Frauengestalt zu erkennen!
»Komm her da, du mit deiner Klampfen!« rief schließlich ein Steiermärker einem norddeutschen Jungen zu. Der Steiermärker selber spielte ein ›Maurerklavier‹, wie er es nannte — eine Ziehharmonika. Die beiden stimmten ihre Instrumente und begannen zu spielen. Es klappte nicht so ganz, aber immerhin: Es war Musik, und man konnte danach tanzen.
Zum erstenmal sahen Jan und Julia einen Schuhplattler, bei dem sich die Burschen in wechselnden Sprungbewegungen im Takt der Musik mit der flachen Hand auf die Schuhsohlen und auf die Schenkel schlagen, den Bärentanz und den Watschentanz. Auch Engländer, Franzosen und Schweden wollten ihre eingenen Tänze zeigen. Sie pfiffen und sangen die Melodien und führten dazu die absonderlichsten Figuren auf. Jan und Julia kam es vor, als ob sie noch nie im Leben so viel gelacht hätten.
Am nächsten Vormittag lag auf dem Hauptpostamt ein Einschreibebrief für Julia. »Mein Ausweis!« jubelte sie.
Liebe Julia, schrieb die Mutter, ich habe deinen Ausweis zwar nicht im Schreibtisch, nicht im Schrank, nicht in deiner Schulmappe, nicht auf dem Schrank und nicht unter deinen Taschentüchern gefunden — er lag auf der Fensterbank in der Toilette! Du wirst sicher wissen, wie er dort hingekommen ist …
Julia wußte es, aber sie steckte die Nase in die Luft; als Jan sie auslachte …
Frohgemut wanderten Jan und Julia der italienischen Grenze zu.
Immer höher hinauf ging es, und immer heißer schien die Sonne. Die Zwillinge kamen ins Schnaufen und Schwitzen und entschlossen sich, beim nächsten Kilometerstein eine Rast einzulegen. Die Vorräte von zu Hause waren, so glaubten sie, schon lange aufgegessen, um so größer war die Freude, als Julia doch noch eine kleine Schachtel Keks und eine halbe Tafel Schokolade in ihrem Rucksack fand. Sie teilten sie redlich miteinander. Dann lief Jan zu dem Quellwasser zurück, das sie gerade entdeckt hatten, und schöpfte Wasser in seinen Aluminiumbecher. Er trank ihn leer, dann füllte er ihn wieder und brachte ihn seiner Schwester.
»Ich danke, Johann, Sie können gehen!« sagte Julia gnädig.
»Bei Ihnen piept’s wohl, Fräulein!« sagte Jan grinsend.
»Nichts Fräulein … signorina!«
»Signorina? Wieso?«
»Auf italienisch heißt Fräulein signorina, und Frau heißt signora, und Herr heißt signor, und bezahlen heißt pagare … non capisco heißt: ich verstehe nicht …«
»Mensch!« rief Jan ehrlich erstaunt. »Woher hast du das alles?«
»Köpfchen, Köpfchen! Wir hatten doch auch Italiener in der Jugendherberge, hast du das vergessen?«
»Und von denen hast du dir das beibringen lassen?«
»Genau! Sei froh, daß du deine Schwester hast …, ich weiß nicht, wie du dieses Unternehmen sonst überstehen würdest!«
»Gib bloß nicht so an!«
»Sei nur ja recht nett und höflich zu mir, verehrter Bruder, sonst bist du der Dumme! Du weißt ja nicht mal, daß es in der italienischen Sprache nur kleine Buchstaben gibt, höchstens bei Namen und wenn ein Satz beginnt …«
»Ist doch alles Quatsch mit Soße!« unterbrach Jan sie.
»Wozu muß man das wissen? Ich komme auch mit Deutsch in Italien aus!«
»Na, das wird sich rausstellen! Weißt du, was du bist, Jan?«
»Halt dich zurück, signorina!«
»Typisch! Kaum gehört, schon geklaut!«
Aber nicht lange dauerte es, dann waren die beiden schon wieder versöhnt und brachen einträchtig auf.
Mit flottem Tempo begannen sie weiter zu marschieren. Aber allmählich wurden ihre Schritte müder und langsamer. Endlos dehnte sich die Straße. Als Julia eine Stunde später wieder rasten wollte, hatte auch Jan nichts dagegen einzuwenden. Wieder ließen sie sich auf einem Kilometerstein nieder, Julia mit dem Blick nach Süden, Jan die Augen ins Tal hinunter gerichtet.
»Vorwärts mußt du schauen, Jan«, spöttelte Julia altklug, »nie zurück!«
»Wenn du mal zurückschauen würdest, würde es dir gleich besser gehen … jetzt sehe ich erst, was wir alles hinter uns gebracht haben!« erwiderte Jan.
»Si si, frater … das heißt zu deutsch: ja, ja, Bruder!«
»Du mit deinem blöden Italienisch!«
»Mein Italienisch mag blöd sein, ich bin es sicher nicht!« Julia erhob sich. »Ich glaube, mein großer Bruder, ich werde mich darum kümmern müssen, daß wir etwas schneller ins Land der Zitronen kommen!«
»Und wie willst du das anfangen, teure Schwester?«
»Ich werde ein Auto anhalten!«
»Und du glaubst, daß eines halten wird?«
»Abwarten!«
Vertrauensvoll winkte Julia zur Straße hinüber, aber alle huschten sie vorbei, die großen und die kleinen Personenautos, die Lastwagen und auch die Motorräder, alle hatten es eilig.
Jan lachte. »Hahaha … das sieht dir ähnlich! Schöne Autos, schnelle Autos, aber keine Autos für Jan und Julia!«
»Idiotenhäuptling!« sagte Julia verächtlich.
»Nur nicht frech werden, Kleine … paß lieber auf, wie man so etwas macht!«
Jan stellte sich auf die Fahrbahn, schwenkte die Arme nach allen Himmelsrichtungen, als wäre er ein Verkehrspolizist, aber dann mußte er mit einem Satz zur Seite springen, denn