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recht, ick bin Onkel Karrel“, sagte der Mann, „schade um Ihre scheene Vastehste, die hat ’n bißken bei det Stubensitzen jelitten. Nu lassen Se mir ’mal ’raus, ick muß die Töle erst eene stechen, denn wenn die nich ab und zu ’ne Reinijung kriejt, is se nich zu bändjen!“

      Damit drängte er sich an dem fassungslosen Mädchen zur Tür hinaus, packte einen zottigen großen Hund am Halsband und schrie ihn an: „Mit dir ha’ ick mir verkooft, ’ne Ratze biste, aba keen amerikanischa Bluthund – wat wi’ste denn nu von mir – hier is ja deen jutet Herrchen!“ Und sich zu Herrn Lemke wendend, sagte Onkel Karl kummervoll: „Ick jloobe nemlij, der Hund is varrickt – nu seh’n Se bloß ’mal det Karnickel, jetz kennt er mir wieder nich!“

      „Ja – et scheint so, villeicht is’s janich Ihrer“, sagte Herr Lemke, „Minna, jeh’ ’rin und saj’ meene Frau Bescheed, denn det kann hier noch lange dauern!“

      „Denn loof’, du Karnalje du“, sagte Onkel Karl, den Hund, der sich fortwährend hatte freimachen wollen, wieder loslassend, „loof’ bei’n Schinder und laß dir schlachten!“ Und sich zu Herrn Lemke wendend, sagte Onkel Karl: „Det kommt davon, weil wir nicht jleich ’rinkonnten! Nu muß ick hinta ihn her, und wenn ick ihm dann wejloofe, kommt er wieder hinta mir her, so macht er det imma, denn sonst is’s ’n sehr anhänglichet Tier. Lassen Se also die Türe offen, wir kommen jleich wieder zurück – adje so lange!“

      Und damit rannte Onkel Karl davon, und man hörte ihn auf der Straße schrille Pfiffe ausstoßen und in allen Tonarten „Nulpe“ schreien.

      Onkel Karl baut

      „Der Hund is man bloß vapriejelt“, sagte Frau Lemke, als Onkel Karl dann mit „Nulpe“ in der Stube war.

      „Na, machen Se’n ’mal det Maulkörbchen ab, da werden Se sehen, wie er zuschnappt. Nee, ick hab’n uff’n Mann dressieren wollen, und da is er so jeworden. Aba et is ja bloß, det man drüba red’t! Nu von wat anneres, denn det Biest vasteht ja jedes Wort, et vadreht schon wieder so dehmlich die Oojen in’n Kopp“, suchte Onkel Karl das Gespräch abzulenken. „Det is hier Ihre jute Stube – wahr?“

      „Ja“, sagte Herr Lemke, der sich nur schwer von dem an der Tür kratzenden „Nulpe“ abwenden konnte, „eijentlich jehört noch ’n Klavier ’rin, aba wer soll denn druff spielen?“

      „Da find’t sich schon imma eener, det is’s wenijste“, sagte Onkel Karl, „soll ick Se eens beschaffen – ganz billij?“

      „Ick kann mir ja schon denken, wat for eens, aba lieberst nich –“, und Herr Lemke kratzte sich bedenklich den Kopf, „Se meenen doch det, wat früha meene Schwiejatochta in det untairdsche Lokal hatte und wat denn nachher bei den Fischhändla kam?“

      „Ja – bei Onkel Aujusten und Tante Liesen, die aba bis jetz noch keenen Dreier abjezahlt haben. Erstens jehört se’t nich, un zweetens: Wat soll det da bei die so nutzlos ’rumstehen, wo Ihre kranke Frau jetz sonne jroße Freide dran haben könnte! Nulpe, kratz’ nich, sonst schmeiß ick dir’n Stiebel an’n Kopp – ja kieck man so dusselij, dir meene ick, wen denn sonst!?“

      „Is aba ooch wahr“, sagte Frau Lemke, „’n bißken Musik wär’ doch sehr scheen, wo man nu janischt mehr hört, denn wegen die Mieta müssen wa jedesmal die Leiakastenmänna von’n Hof jagen, so leid et uns ooch tut.“

      „Also – abjemacht, Seefe“, sagte Onkel Karl, „ick beschaff’ et Sie, nächsten Sonntaj steht’s hier, und wenn Se wollen, bring’ ick eenen her, der perfekt druff spielen kann!“

      „Ach – den Herrn Hahn, wat? Iber den sich meen Sohn so jeärjert hat“, sagte Herr Lemke, „den wollen wa man lieba in die Versenkung lassen, der Kerrel hat dunnemals meene Schwiejatochta ins Jerede jebracht!“

      „Is doch allens man bloß Klatsch jewesen von die vadammte Bande aus de Ackastraße. Hier in’n feinen Westen weeß doch keen Mensch wat von. Nulpe, wennste nu nich uffhörst, kriste den annern Stiebel ooch noch an’n Kopp!“

      „Na, det können wir uns noch allens iberlejen“, sagte Herr Lemke, „wodrieber ick mir aba schon die janze Zeit wundere, det is Ihr Aussehn. Se haben sich mächtig vaändert, wat, Mutta?“

      „Finden Se?“ – Onkel Karls Augen suchten einen Spiegel – „ja, det macht woll die Ausrüstung. Ick hab’ mir nehmlich uff die Landwirtschaft jeschmissen. Heitzutaje muß man doch allens zu vawerten suchen, wahr? Und wo ick nu so jute Kenntnisse in die Naturwissenschaften habe ...“ Er schwieg bescheiden, aber nach einigen Sekunden setzte er hinzu: „Nebenbei bau’ ick ooch!“

      „So?“ sagte Herr Lemke gedehnt und sah seine Frau bedeutsam an, „det vastehn Se also ooch so jut? Wat ick Ihn’n schon imma frajen wollte – wat sind Sie’n eejentlij von Beruf, irjend wat missen Se doch jelernt haben?“

      „Ick?“ Onkel Karl faßte in die Westentasche, holte einen Priem vor, biß davon ein Stück ab und schob es in die Backentasche. „Ick bin frieha uff See jewesen, vastehen Se? Aber als ick denn bei den jroßen Sturm aus’n Mastkorb jeschleidert wurde, jab ick die Seefahrerei wieder uff und hab’ denn so ’rumjesimpelt – bis jetz – nu bin ick Landwirt und Bauuntanehma in eene eenzichte Person!“

      „So?“

      „Ja –“, sagte Onkel Karl mit großer Befriedigung, daß die Sache endlich einmal festgestellt worden war. „Ja, ick bin schon ’n jutet Sticke in de Welt ’rumjekommen und hab’ wat zu sehen jekriejt. Woher hätt’ ick denn det ooch allet sonst – irjendwo muß et doch herkommen. Sie mißten mal rauskommen bei mir, Herr Lemke, und sich meene Plantasche ansehen, staunen wirden Se!“

      „Ja, unsa Sohn hat uns schon von azehlt“, sagte Frau Lemke, „wir kennen allet nach die Beschreibung, ooch von Ihre Bauerei wissen wir, von det Blockhaus!“

      „Ach, Se denken, so wat bau’ ick bloß?“ Onkel Karl schüttelte mit einem nachsichtigen und überlegenen Lächeln den Kopf. „Nee, liebe Frau Lemke, det wär’ woll nich det richtje! Ick hab’ da draußen ’ne scheene Eckpazelle gekooft und laß ’ne sojenannte Mietskaserne ufführen, denn det rentiert sich imma am besten. Die ersten Balkenlaje is schon fertij, eene Bank jibt denn det Jeld zum Weitabau – det is Usus so –, aba nu bin ick ’n bißken int Stocken jeraten, denn ’n Laie macht sich ja keene Vorstellung, wat da allet drum und dran hängt.“

      „So?“ sagte Herr Lemke und mahnte durch einen sanften Stoß seine Frau zur Vorsicht.

      Aber Onkel Karl, trotzdem er eben Nulpe pantomimisch mit Stiefelwerfen bedroht, hatte es bemerkt und sagte gekränkt: „Se brauchen Ihre Jattin ja nich zu knuffen; wenn Se nich wollen, denn nich. Ick dachte bloß eben, wo ick Sie nu det scheene Klavier beschafft hab’, wirden Se mir ooch ’n bißken jefällij sind. Wa’m soll ick mir denn an’n Halsabschneida wenden, wo ick sonne reichen Vawandten hab’? Nulpe, wennste jetz nich jleich ruhij bist und die Schnauze hältst, hau’ ick dir ’n Brejen in! – Zu’n Hund kann man Schnauze sajen, det is nich unanständij“, fügte Onkel Karl wie zur Entschuldigung hinzu und sah Frau Lemke fragend an.

      „Denn ’n Schnabel hat er ja nich –“, sagte die Kranke mit einem zustimmenden Lächeln.

      „Nee – sonst könnten ja die Hunde zwitschern.“ Und Onkel Karl sah Frau Lemke dankbar an, als wäre sie auf seiner Partei.

      Die Tür öffnete sich, Minna – mit einem Tablett voll Gläsern und Flaschen – kam herein und machte, als sie an Onkel Karl vorbei mußte, einen großen Bogen.

      „Ach Jott – ick tu’ Ihn’n nischt –, nehmen Se sich lieberst vor den Hund in acht. Wenn Se den zufällij uff’n Schwanz treten sollten, streckt er Sie mit eenen Tatzenschlaj zu Boden!“

      Als Herr Lemke mit seltener Kunstfertigkeit die Weißbierflaschen öffnete, die Gläser gefüllt und alle getrunken hatten, sagte Onkel Karl: „Wie wär’ det mit’n Jungen von den Nulpe – Herr Lemke, wollen Se eenen haben, ’n hibschet Exemplar?“

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