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von Fürsten und Potentaten, welche ihm nicht geben wollen Brod, Wäsche, Stiefel und Hauszins nebst Einkommensteuer, wo er ja hat gar kein Einkommen.«

      »Aber wenn er ist ein so berühmter Mann, wie soll ich da wagen, mit ihm zu sprechen, zu sitzen und zu essen an demselben Tische?«

      »Das ist nicht nöthig. Auch ich selbst weiß nicht zu setzen schöne und gelehrte Worte, welche sich reimen am Ende der Zeile, aber Judithchen, unser Kind, hat gelernt Geographie, die Geschichte von der großen, französischen Revolution und die Kunde von dem Nordpol und dem Lande der Chinesen. Sie kann mit ihm plauschen nach Herzenslust und wird mit ihm speisen in ihrem Zimmer, wohinein ein Dichter eher paßt als in diese Niederlage von alten Gegenständen. Sie wird – ah, Gott der Gerechte, sie ist bereits fort! Sie ist schon verschwunden! Sie wird sich haben zurückgezogen, um zu machen ihre Toilette, wie sie es beginnt anzufangen, wenn sie macht lebendige Bilder mit ihrer Freundin Sarah Rubinenthal.«

      Judith hatte sich allerdings entfernt, ohne sich in das Gespräch ihrer Eltern einzulassen. Sie kannte ihre Eltern; sie wußte aber auch, was sie wollte und durfte. Sie gab der alten, verschwiegenen Magd Geld, einen Korb und einen Zettel, auf welchem bemerkt stand, was sie zu haben wünschte. Dann begann sie ihre Toilette. Sie wußte, daß sie schön war, und sie wollte sich dem Dichter in der ganzen Herrlichkeit dieses Vorzuges zeigen.

      Als Robert das Haus verlassen hatte, begegnete er einem Manne, der, als er an ihm vorüber geschritten war, für einen Augenblick stehenblieb und ihm nachschaute.

      »War das nicht der Schreiber Bertram?« murmelte er. »Jedenfalls hat er bei dem Juden Etwas versetzt. Er pfeift auf dem letzten Loche.«

      Der Mann trat nach diesem Selbstgespräche in ein kleines Haus, tappte sich die finstere Treppe hinauf und klopfte an eine Thür. Als er dieselbe geöffnet hatte, zögerte er einen Augenblick, einzutreten, und zwar vor Erstaunen.

      Das sah hier ja ganz anders aus als gestern!

      Der Mann war nämlich Baron Franz von Helfenstein, und hier in dem Zimmer wohnte der Schließer Arnold, welchen er gestern bereits hier gesprochen hatte. Gestern so kahl, so leer, so elend! Heute war Alles anders! Die Frau, welche ihn sofort erkannte, kam ihm mit freudig glänzendem Angesichte entgegen.

      »Sie, mein Herr!« sagte sie. »Seien Sie mir willkommen! Sie haben uns Errettung aus einer bösen Lage gebracht.«

      »Sie sind also mit mir zufrieden?« fragte er, indem er die Thür hinter sich zuzog.

      »O sehr! Ueber alle Maßen!«

      »Und Ihr Mann ebenso?«

      »Auch! Er hat zwar eine große –«

      Sie zögerte, fortzufahren, daher forderte er sie dazu auf.

      »Sprechen Sie getrost weiter!«

      »Ich meinte, daß er eine große Angst ausgestanden hat.«

      »Weshalb?«

      »Ob der Riese Bormann wirklich zurückkehren würde!«

      »Ich hatte es ihm versprochen, und ich pflege Wort zu halten. Man hat doch nichts bemerkt?«

      »Kein Mensch.«

      »Nun, so möchte ich noch eine Offerte an Sie richten.«

      »Welche?«

      »Wo ist Ihr Mann?«

      »Er war zum Abendbrote hier, ist aber bereits wieder im Dienst.«

      »Das ist unangenehm! Ich hätte gern mit ihm gesprochen, doch konnte ich leider nicht eher kommen. Kann man nicht zu ihm gehen?«

      »Freilich kann man das; aber es ist –«

      Sie blickte ihn verlegen an.

      »Fahren Sie nur fort!« ermunterte er sie.

      »Wegen solchen Dingen, wie sie gestern hier besprochen wurden, dürften Sie nicht zu ihm gehen.«

      »Warum nicht?«

      »Weil – weil man leicht Verdacht schöpfen könnte.«

      »Ach so! Ich dachte, Sie hätten einen anderen Grund. Wie wäre es da, wenn Sie zu ihm gingen?«

      »Ich? Hm! Ich darf die Kinder nicht allein lassen.«

      »Sie sind ja in einer Viertelstunde wieder hier, und ich bleibe da, bis Sie kommen.«

      Sie war doch bedenklich, denn sie fragte:

      »Ist es etwas Gefährliches, was er thun soll?«

      »O, nein! Er soll sich noch hundert Thaler verdienen!«

      Das wirkte augenblicklich. Der besorgte Ausdruck ihres Gesichtes verschwand.

      »Was soll er dafür thun?«

      »Den Riesen noch einmal herauslassen.«

      »Das wird er schwerlich thun!«

      »Warum?«

      »Wegen der Angst. Uns ist ja nun geholfen. Wir sind nicht mehr gezwungen, etwas Verbotenes zu thun, um uns zu retten.«

      Er schüttelte sehr ernst den Kopf und sagte:

      »O doch! Ich glaube sogar, daß Sie heute sehr gezwungen sind, den Riesen noch einmal herauszulassen.«

      »Warum?«

      »Ich habe heute wieder einen Brief von dem ›geheimen Hauptmann‹ erhalten, der dies nothwendig macht.«

      »Mein Gott! Was steht darin?«

      »Daß gestern Etwas vergessen worden ist. Es muß noch eine Kleinigkeit besprochen werden; es wird aber ganz bestimmt das letzte Mal sein, daß man an Ihren Mann eine solche Forderung stellt.«

      »Und wenn er doch nicht darauf eingeht?«

      »So droht der Hauptmann, ihn anzuzeigen, daß er gestern den Gefangenen freigegeben hat.«

      »Welch ein Zwang! Was soll ich thun?«

      »Ganz ebenso habe auch ich mich gefragt. Die einzige Antwort ist die, daß wir gehorchen müssen.«

      »Sie meinen also, daß ich zu meinem Manne gehen soll?«

      »Ja. Hier ist der Brief. Nehmen Sie ihn mit. Aber ich bitte Sie um Gotteswillen, ihn keinen Menschen weiter sehen zu lassen!«

      »Das kann mir gar nicht einfallen. Es wäre ja zu unserem eigenen Verderben. Sie wollen also wirklich hundert Thaler zahlen?«

      »Ja. Ich gebe sie Ihrem Manne augenblicklich, sobald er mir den Gefangenen bringt.«

      »Zu welcher Zeit soll das sein?«

      »Punkt zwölf Uhr. Ich werde ganz an demselben Orte warten, wie gestern. Gehen Sie! Ich bleibe hier, bis Sie zurückkehren.«

      Die Frau warf ein Tuch über und ging. Sie hatte keinen Begriff von der Größe der Gefahr, in welche sie ihren Mann stürzen, und von der Größe der Pflichtverletzung, zu welcher sie ihn verleiten wollte.

      Es dauerte Etwas über die angegebene Zeit, ehe sie zurückkehrte. Ihr Gesicht hatte einen ernsten Ausdruck.

      »Nun, was hat er gesagt?« fragte der Baron.

      »Er war ganz und gar dagegen.«

      »Aber er hat sich doch noch erweichen lassen? Nicht?«

      »Ja, freilich! Aber nicht um der hundert Thaler, sondern um der Drohung des Hauptmannes willen. Es soll aber auf jeden Fall heute das letzte Mal sein, daß er so Etwas unternimmt.«

      »Damit bin ich einverstanden. Das habe ich ja auch selbst gesagt. Also er wird Punkt zwölf Uhr mit dem Bormann am Pförtchen sein?«

      »Ja, wenn es möglich ist. Ist er noch nicht da, so sollen Sie warten. Er kommt später ganz gewiß.«

      »Schön. Die hundert Thaler erhält er augenblicklich. Gute Nacht!«

      »Gute Nacht!«

      Er

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