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schalt er zornig. Wer ist der Herr? fragte Maria; unser Metallfürst, sagte die Kleine, indem sie weiter gingen.

      Sie schienen sich wieder im Freien zu befinden, denn sie standen an einem großen Teiche, aber doch schien keine Sonne, und sie sahen keinen Himmel über sich. Ein kleiner Nachen empfing sie, und Zerina ruderte sehr ämsig. Die Fahrt ging schnell. Als sie in die Mitte des Teiches gekommen waren, sah Marie, daß tausend Röhren, Canäle und Bäche sich aus dem kleinen See nach allen Richtungen verbreiteten. Diese Wasser rechts, sagte das glänzende Kind, fließen unter euren Garten hinab, davon blüht dort alles so frisch; von hier kömmt man in den großen Strom hinunter. Plötzlich kamen aus allen Canälen und aus dem See unendlich viele Kinder auftauchend angeschwommen, viele trugen Kränze von Schilf und Wasserlilien, andre hielten rothe Carallenzacken, und wieder andre bliesen auf krummen Muscheln; ein verworrenes Getöse schallte lustig von den dunkeln Ufern wieder; zwischen den Kleinen bewegten sich schwimmend die schönsten Frauen, und oft sprangen viele Kinder zu der einen oder der andern, und hingen ihnen mit Küssen um Hals und Nacken. Alle begrüßten die Fremde; zwischen diesem Getümmel hindurch fuhren sie aus dem See in einen kleinen Fluß hinein, der immer enger und enger ward. Endlich stand der Nachen. Man nahm Abschied und Zerina klopfte an den Felsen. Wie eine Thür that sich dieser von einander, und eine ganz rothe weibliche Gestalt half ihnen aussteigen. Geht es recht lustig zu? fragte Zerina. Sie sind eben in Thätigkeit, antwortete jene, und so freudig, wie man sie nur sehn kann, aber die Wärme ist auch äußerst angenehm.

      Sie stiegen eine Wendeltreppe hinauf, und plötzlich sah sich Marie in dem glänzendsten Saal, so daß beim Eintreten ihre Augen vom hellen Lichte geblendet waren. Feuerrothe Tapeten bedeckten mit Purpurgluth die Wände, und als sich das Auge etwas gewöhnt hatte, sah sie zu ihrem Erstaunen, wie im Teppich sich Figuren tanzend auf und nieder in der größten Freude bewegten, die so lieblich gebaut und von so schönen Verhältnissen waren, daß man nichts Anmuthigeres sehn konnte; ihr Körper war wie von röthlichem Kristall, so daß es schien, als flösse und spielte in ihnen sichtbar das bewegte Blut. Sie lachten das fremde Kind an, und begrüßten es mit verschiedenen Beugungen; aber als Marie näher gehen wollte, hielt sie Zerina plötzlich mit Gewalt zurück, und rief: du verbrennst dich, Mariechen, denn alles ist Feuer!

      Marie fühlte die Hitze. Warum kommen nur, sagte sie, die allerliebsten Creaturen nicht zu uns heraus, und spielen mit uns? Wie du in der Luft lebst, sagte jene, so müssen sie immer im Feuer bleiben, und würden hier draußen verschmachten. Sieh nur, wie ihnen wohl ist, wie sie lachen und kreischen; jene dort unten verbreiten die Feuerflüsse von allen Seiten unter der Erde hin, davon wachsen nun die Blumen, die Früchte und der Wein; die rothen Ströme gehn neben den Wasserbächen, und so sind die flammigen Wesen immer thätig und freudig. Aber dir ist es hier zu heiß, wir wollen wieder hinaus in den Garten gehn.

      Hier hatte sich die Scene verwandelt. Der Mondschein lag auf allen Blumen, die Vögel waren still und die Kinder schliefen in mannigfaltigen Gruppen in den grünen Lauben. Marie und ihre Freundin fühlten aber keine Müdigkeit, sondern lustwandelten in der warmen Sommernacht unter vielerlei Gesprächen bis zum Morgen.

      Als der Tag anbrach, erquickten sie sich an Früchten und Milch, und Marie sagte: laß uns doch zur Abwechselung einmal nach den Tannen hinaus gehn, wie es dort aussehen mag. Gern, sagte Zerina, so kannst du auch zugleich dorten unsre Schildwachten besuchen, die dir gewiß gefallen werden, sie stehn oben auf dem Walle zwischen den Bäumen. Sie gingen durch die Blumengärten, durch anmuthige Haine voller Nachtigallen, dann stiegen sie über Rebenhügel, und kamen endlich, nachdem sie lange den Windungen eines klaren Baches nachgefolgt waren, zu den Tannen und der Erhöhung, welche das Gebiet begränzte. Wie kommt es nur, fragte Marie, daß wir hier innerhalb so weit zu gehn haben, da doch draußen der Umkreis nur so klein ist? Ich weiß nicht, antwortete die Freundin, wie es zugeht, aber es ist so. Sie stiegen zu den finstern Tannen hinauf, und ein kalter Wind wehte ihnen von draußen entgegen; ein Nebel schien weit umher auf der Landschaft zu liegen. Oben standen wunderliche Gestalten, mit mehligen bestäubten Angesichtern, den widerlichen Häuptern der weißen Eulen nicht unähnlich; sie waren in faltigen Mänteln von zottiger Wolle gekleidet, und hielten Regenschirme von seltsamen Häuten ausgespannt über sich; mit Fledermausflügeln, die abentheuerlich neben dem Rockelor hervor starrten, wehten und fächelten sie unablässig. Ich möchte lachen und mir graut, sagte Marie. Diese sind unsre guten fleißigen Wächter, sagte die kleine Gespielin, sie stehen hier und wehen, damit jeden kalte Angst und wundersames Fürchten befällt, der sich uns nähern will; sie sind aber so bedeckt, weil es jetzt draußen regnet und friert, was sie nicht vertragen können. Hier unten kommt niemals Schnee und Wind, noch kalte Luft her, hier ist ein ewiger Sommer und Frühling, doch wenn die da oben nicht oft abgelöst würden, so vergingen sie gar.

      Aber wer seid ihr denn, fragte Marie, indem sie wieder in die Blumendüfte hinunter stiegen, oder habt ihr keinen Namen, woran man euch erkennt?

      Wir heißen Elfen, sagte das freundliche Kind, man spricht auch wohl in der Welt von uns, wie ich gehört habe.

      Sie hörten auf der Wiese ein großes Getümmel. Der schöne Vogel ist angekommen! riefen ihnen die Kinder entgegen; alles eilte in den Saal. Sie sahen indem schon, wie Jung und Alt sich über die Schwelle drängte, alle jauchzten und von innen scholl eine jubilirende Musik heraus. Als sie hinein getreten waren, sahen sie die große Rundung von den mannigfaltigsten Gestalten angefüllt, und alle schauten nach einem großen Vogel hinauf, der in der Kuppel mit glänzendem Gefieder langsam fliegend vielfache Kreise beschrieb. Die Musik klang fröhlicher als sonst, die Farben und Lichter wechselten schneller. Endlich schwieg die Musik, und der Vogel schwang sich rauschend auf eine glänzende Krone, die unter dem hohen Fenster schwebte, welches von oben die Wölbung erleuchtete. Sein Gefieder war purpurn und grün, durch welches sich die glänzendsten goldenen Streifen zogen, auf seinem Haupte bewegte sich ein Diadem von so hellleuchtenden kleinen Federn, daß sie wie Edelgesteine blitzten. Der Scnhabel war roth und die Beine glänzend blau. Wie er sich regte, schimmerten alle Farben durcheinander, und das Auge war entzückt. Seine Größe war die eines Adlers. Aber jetzt eröffnete er den leuchtenden Schnabel, und so süße Melodie quoll aus seiner bewegten Brust, in schönern Tönen, als die der liebesbrünstigen Nachtigall; mächtiger zog der Gesang und goß sich wie Lichtstrahlen aus, so daß alle, bis auf die kleinsten Kinder selbst, vor Freuden und Entzückungen weinen mußten. Als er geendigt hatte, neigten sich alle vor ihm, er umflog wieder in Kreisen die Wölbung, schoß dann durch die Thür und schwang sich in den lichten Himmel, wo er oben bald nur noch wie ein rother Punkt erglänzte und sich den Augen dann schnell verlor.

      Warum seid ihr alle so in Freude? fragte Marie, und neigte sich zum schönen Kinde, das ihr kleiner als gestern vorkam. Der König kommt! sagte die Kleine, den haben viele von uns noch gar nicht gesehn, und wo er sich hinwendet ist Glück und Fröhlichkeit; wir haben schon lange auf ihn gehofft, sehnlicher, als ihr nach langem Winter auf den Frühling wartet, und nun hat er durch diesen schönen Bothschafter seine Ankunft melden lassen. Dieser herrliche und verständige Vogel, der im Dienst des Königes gesandt wird, heißt Phönix, er wohnt fern in Arabien auf einem Baum, der nur einmal in der Welt ist, so wie es auch keinen zweiten Phönix giebt. Wenn er sich alt fühlt, trägt er aus Balsam und Weihrauch ein Nest zusammen, zündet es an und verbrennt sich selbst, so stirbt er singend, und aus der duftenden Asche schwingt sich dann der verjüngte Phönix mit neuer Schönheit wieder auf. Selten nur nimmt er seinen Flug so, daß ihn die Menschen sehn, und geschieht es einmal in Jahrhunderten, so zeichnen sie es in ihre Denkbücher auf, und erwarten wundervolle Begebenheiten. Aber nun, meine Freundin, wirst du auch scheiden müssen, denn der Anblick des Königes ist dir nicht vergönnt.

      Da wandelte die goldbekleidete schöne Frau durch das Gedränge, winkte Marien zu sich und ging mit ihr unter einen einsamen Laubengang; du mußt uns verlassen, mein geliebtes Kind, sagte sie; der König will auf zwanzig Jahr, und vielleicht auf länger, sein Hoflager hier halten, nun wird sich Fruchtbarkeit und Seegen weit in die Landschaft verbreiten, am meisten hier in der Nähe; alle Brunnen und Bäche werden ergiebiger, alle Aecker und Gärten reicher, der Wein edler, die Wiese fetter und der Wald frischer und grüner; mildere Luft weht, kein Hagel schadet, keine Ueberschwemmung droht. Nimm diesen Ring und gedenke unser, doch hüte dich, irgend wem von uns zu erzählen, sonst müssen wir diese Gegend fliehen, und alle umher so wie du selbst entbehren dann das Glück und die Seegnung

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