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Ich wünsche allein zu bleiben!“

      „Eure Hochfürstliche Gnaden wollen die Störung verzeihen! Ein außergewöhnlicher Vorfall, Mädchenraub — der Handelsherr Wilhelm Alt —“

      „Dessen Eile ist begreiflich! Der Mann will wohl zu mir und ist in hohem

       Maße aufgeregt?“

      „Eure Hochfürstlichen Gnaden aufzuwarten, ja so ist es! Wir hatten Mühe, den rabiaten Mann in Formen zu bringen, die allein den Zutritt bei Hofe ermöglichet“

      „Bring mir den Mann! Je eher er zum Ausspruch kommt, desto besser. Es war ja zu erwarten!“

      Wenige Minuten später standen sich beide Männer gegenüber; Wolf Dietrich erschien zwergenhaft neben dem langen hageren Kaufherrn und klug nützte er das durch die Fenster einströmende Tageslicht, das grell auf Alts vergrämtes Antlitz fiel und genaueste Beobachtung gestattete.

      Trotz seiner wilden Erregung erwies Alt die dem Fürsten gebührende Reverenz, aber zu einer ehrerbietigen, förmlichen Anrede konnte er sich nimmer meistern, heiser rief er: „Wo ist meine Tochter?“

      Kühl erwiderte Wolf Dietrich: „Wie soll ich das wissen? Was ist geschehen, was wollt Ihr von mir?“

      Alt zuckte zusammen, richtete sich aber sofort wieder auf und scharf klangen seine Worte: „Ihr wißt so gut wie ich, daß Salome in vergangener Nacht von der Gasse weg entführt worden ist!“

      „Was unterfängt Er sich?! Vergeß' Er nicht, Er stehet vor seinem

       Fürsten!“ rief grollend Wolf Dietrich, dem das Blut heiß aufstieg.

      „Ich weiß, doch vermag ich länger nicht zu meistern das Wort, zu jäh und wild stürmt Unglück wie die Schmach auf mich ein! Mein Kind geraubt, Herr, meine Salome! Meines Lebens Kleinod geraubt von frecher Hand eines Lüstlings, den Gott verderben soll am lebendigen Leibe! Ihr seid der Fürst und Herr im stiftschen Lande, Gerechtigkeit zu üben seid Ihr verhalten, Euer Eid lastet darauf!“

      „Erst mäßigt Eure Rede! In den Staub gebeugt das Knie, der Unterthan gehört zu Füßen seines Herrn!“

      „Helft mir zu meinem Kinde!“ flehte der angstgepeinigte Vater.

      „Es wird sich alles finden zur rechten Zeit!“

      „Ist das des Fürsten Antwort auf die schmerzbewegte Frage? Mein Kind fordere ich von Euch!“

      „Er ist nicht wohl bei Sinnen?! Der Landesherr giebt keinen Büttel ab, das merk' Er sich! Und nicht länger will mein Ohr des Frevels unerhörte Worte mehr vernehmen!“

      „Was Ihr Frevel nennt, ist eines Vaters schwerste Herzensqual, die Sorge um sein Kind! Wer kann in solcher Not und Pein die Worte auf die Goldwag' legen! Was wir versucht, Salome aufzufinden, die Umfrag' bei den Türmern, alles war vergebens. Fort ist sie nicht, mein Kind muß gefangen noch in Salzburgs Mauern weilen!“

      „Und deshalb verlangt Salome Ihr von mir?“

      Der leise Ton des Spottes reizte Alt zu neuer Wut: „Ihr wißt um Salome!

       Es kann kein Zweifel sein!“

      „Genug davon! Die Anmaßung geht zu weit; übermütig war von je die erbgesess'ne Sippe, dort zu Augsburg das hochfahrend stolze Volk der Krämer, und nicht viel anders Ihr und andere Pfefferhändler in meiner Stadt Salzburg! Ich bin nicht gewillt, mir Trutz und Übermut des längeren bieten zu lassen, entschlossen bin ich zu aller Strenge und des Herrschers starke Hand sollt fühlen Ihr wie alle anderen übermüt'gen Sippen!“

      „Habt Gnade! Übet Barmherzigkeit, so Gott Euch vorschreibt wie jedem seiner Priester!“

      „Schweigt! In solchem Munde wird entweiht ein ganzer Stand!“

      „Verzeiht, Herr! Wirr kreisen mir die Gedanken, die Angst und Sorge trüben mir den Sinn!“

      „Das merk' ich, denn unsinnig ist, was Eure Zunge plappert!“

      „Seid barmherzig! Nur der Höchste im Stiftland hat die Macht, mir zu meinem Kinde zu verhelfen! Ihr seid der Landesherr, nur Ihr könnt wirksam helfen! Die Stadtbehörde und die Polizei, sie versagen in der Wirkung!“

      „Ein spät Erkennen meiner Fürstenmacht! Sitzt die Sippschaft auf den Thalern, weiß vor Übermut sie sich nicht zu fassen, der Machtkitzel ist in Euch zu groß. In Not und Sorge aber weiß die Sippschaft sich zu erinnern, daß über ihr ein Herr steht und der wird dann angebettelt. Ein unwürdig Spiel, das da getrieben wird! Von aufrichtig ehrlicher Demut keine Spur! Sie gleichen sich allerorten die Sippen stolzer Bürger!“

      „Rechtet nicht in dieser Stunde! Gebraucht die Macht, Herr und Gebieter, rettet Salome! Denkt daran, wie Ihr dem Mädchen gestern habt gehuldigt!“

      Wolf Dietrich flüsterte: „Ein fürstlich Weib fürwahr, zu fürnehm für das

       Bürgerpack!“

      „Eure Worte, ich hab' sie wohl vernommen und gemerkt, sie lauteten an Salome gerichtet: Ich sehe Euch bald wieder! Bringt dieses Wort rasch zur That, gebietet, Herr, laßt fahnden nach dem Schänder meiner Ehre!“

      „Ihr habt da wohl auf jedes Wort gelauert, das in Huld und Gnade der Fürst zu richten geruhte an Salome?! Paart sich das Lauern mit dem aufgeblasenen Bürgerstolz?!“

      „Herr, der Vater hat die heil'ge Pflicht zu wachen über sein Kind!“

      „Mählich wird mir klar, wie in Eurem Kopf die Gedanken wirr genug sich drehen. Weil ich beim Scheiden von einem Wiedersehen sprach, muß wissen ich von nächtlicher Räuberei und sonstigem Brigantentum! Zwingend ist Euren Verstandes Kraft just nicht! Und um ein End' zu machen: Ich habe Eure Tochter seit dem Abschied gestern abend noch mit keinem Aug' gesehen!“

      „Nicht gesehen!“ Wilhelm Alt taumelte zurück, trat wieder vor und suchte im Antlitz des im Schatten stehenden Fürsten zu lesen. „Nun werd' ich irr an allem! Fluch aber, dreimal Fluch dem Schänder meiner Ehre! Fluch!“

      Indes der gramerfüllte Kaufherr weggeleitet wurde, begab sich Wolf

       Dietrich durch eine Flucht von Gemächern in jenen Teil des

       Keutschachhofes, dessen Zimmer, von außen abgesperrt, Salome Alt zum

       Nächtigen dienten.

      In einem Vorzimmer harrte als Beschließerin und Dienerin Brigitte auf Befehle des gefangenen Fräuleins wie des Fürsten, der nun persönlich erschien, die Dienerin aufschließen hieß und sie zu Salome schickte mit der Anfrage, ob das Fräulein gewillt sei, den Besuch des Fürsten anzunehmen.

      Die von Brigitte überbrachte Antwort lautete: „Eine Gefangene hat keinen

       Willen!“

      Wolf Dietrich, der auch an diesem Morgen die spanische Tracht mit dem

       Degen zur Seite trug, trat in das üppig ausgestattete Gemach, worin

       Salome über Nacht gefangen gehalten war. Ein forschender Blick flog dem

       Mädchen entgegen, dann verbeugte sich der junge Fürst tief und sprach:

       „Verzeihet, Salome, den Besuch, den Euch zu machen das Herz mir gebot!“

      Das Mädchen hatte sich erhoben und stand stolz abweisend inmitten des Gemaches. „Erst sprecht, Herr: Mit welchem Recht habt Ihr der Freiheit mich beraubt? Ist das ritterliche Sitte, ein Mädchen von der Gasse wegzufangen, zu morden Ehr' und guten Ruf?“

      Heiß wallte es auf im liebeglühenden Herzen des jungen, feurigen Fürsten, der Salome doppelt schön fand in dieser königlichen Haltung des Protestes. Lebhaft erwiderte Wolf Dietrich: „Mit welchem Recht? Erlaubet mir zu sagen: Mit dem Recht der Bewunderung und Liebe, die mein Herz erfüllet, mich niederzwingt zu Euren Füßen, mich betteln macht um Eure Gunst!“

      „Entweiht das Wort von heil'ger Liebe nicht! Man wirbt nicht mit Gewalt! Und ritterlicher Sinn hat allzeit Ehr' und Tugend zu schirmen! Was Ihr verübt, ist Straßenraub und Schändung meines Rufes!“

      „Seid

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